Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
siegesgewisses Lächeln auf, bezog gegenüber von Sydow Position und sagte: »Zur Not gibt es ja noch mich.« Woraufhin er mit sichtlichem Vergnügen ergänzte: »Und meinen in der Textilbranche tätigen Bruder.«
     
    *
     
    »Ach du lieber Himmel!«, rief Peters auf dem Rückweg zum Wagen aus, schlug sich mit der Handfläche gegen die Stirn und kramte seinen Notizblock hervor. »Die hätte ich ja beinahe vergessen.«
    »Wen denn?«, fragte Sydow und trat unter eine Straßenlaterne, von der aus man einen Blick auf die Fassade von Schloss Bellevue und die nicht weit davon entfernte Siegessäule werfen konnte. »Deine Frau oder deine Freundin?«
    »Sehr witzig«, knurrte Peters und drückte Sydow den Block in die Hand. »Tut mir leid, deinen Voyeurismus nicht befriedigen zu können. Wie du weißt, bete ich Evelyn an.« Danach präzisierte er zerknirscht: »Die Entdecker des Leichnams.«
    »Schön, dass man so was auch mal erfährt«, raunzte Sydow den Gerichtsmediziner nach vollendeter Lektüre an, was Peters nicht auf sich sitzen ließ. »Meine Schuld, wenn du dich schon am helllichten Tag besäufst?«, keifte er.
    »Schon gut, Heribert – war nicht so gemeint.« Für seine Verhältnisse ungewöhnlich konziliant riss Sydow das Blatt mit den beiden Adressen ab, ließ es in seinem Sakko verschwinden und reichte den Block an Peters zurück. Umihn zu besänftigen, tätschelte er ihm anschließend die Wange. »Und wann, denkst du, bist du mit der Obduktion fertig?«
    Die Hände in den Hüften, baute sich der Gerichtsmediziner wie ein angriffsbereites Walross vor Sydow auf. »Auf gut Deutsch: Mylord wünschen, dass ich mich umgehend an die Arbeit mache«, schnaubte er, während zwei Schupos den Zinksarg zu dem auf einem nahen Feldweg parkenden Leichenwagen trugen. »Denkst du vielleicht, ich habe nichts Besseres zu tun, als immer nur nach deiner Pfeife zu tanzen?«
    »Nein«, rettete Naujocks die Situation und grinste über beide Backen. »Aber du weißt ja, wie er ist.«
    Auf dem besten Weg, sich auch noch mit dem Leiter der Spurensicherung anzulegen, stopfte Peters den Block in seine Gesäßtasche, zeigte Sydow einen Vogel und stapfte wutentbrannt zu seinem Wagen.
    »Bis nachher, Harry-Schatz!«, rief ihm Sydow hinterher, schloss seinen Aston Martin auf und warf den Zündschlüssel auf den Beifahrersitz. »Solltest du Sehnsucht nach mir haben, kannst du mich jederzeit im Präsidium …« Ein Streifenbeamter, der Sydow etwas ins Ohr flüsterte, bereitete seinen Hänseleien ein abruptes Ende. »Was gibt’s?«
    Eine halbe Minute später, vor Schreck kalkweiß im Gesicht, konnte es der 40-jährige Kriminalhauptkommissar immer noch nicht fassen. »Scheiße!«, rief er zur Belustigung von Heribert Peters aus, der wieder umgekehrt und mit scheinheiligem Lächeln neben den rot lackierten Sportwagen getreten war. »Auch das noch.« Dann kurbelte er das Fenster hoch und startete den Motor.
    »Mach’s gut, Tommy-Boy!«, rief der 53-jährige Gerichtsmediziner und machte keinerlei Anstalten, mit seiner Schadenfreude hinterm Berg zu halten. »Winke, winke! Und nicht vergessen: Geteiltes Leid ist halbes Leid.«
    Aber da war Tom Sydow bereits in Richtung Siegessäule davongerast.

10
     
    Berlin-Lichtenberg, Ministerium für Staatssicherheit der DDR in der Normannenstraße | 21.55 h
     
    »Versagt? Auf der ganzen Linie? Wir?« Wilhelm Zaisser, Minister für Staatssicherheit, war so erbost, dass er dem Mann am anderen Ende der Leitung am liebsten den Marsch geblasen hätte. »Denken Sie vielleicht, ich bin Hellseher?«
    Kurz vor dem Auflegen schnappte der gebürtige Westfale, dessen gestrenger Blick nur selten einem Lächeln wich, laut und vernehmlich nach Luft. Im Verlauf seines Lebens hatte der bald 60-jährige KPD-Aktivist der ersten Stunde jede Menge niederschmetternde Nachrichten verkraften müssen. An die von heute reichten sie jedoch allesamt nicht heran. Im Vergleich dazu waren seine Zeit im Untergrund, die Teilnahme am Spanischen Bürgerkrieg und das Exil im stalinistischen Russland die reinste Sommerfrische gewesen. Der heutige Tag, so sein Fazit, war der Tiefpunkt seines Lebens.
    Irrtum ausgeschlossen.
    »Konterrevolutionärer Putschversuch? Machen Sie es sich da nicht ein bisschen einfach, Genosse?« Das Ohr am Hörer, aus dem sich eine wahre Flut von Vorwürfen über ihn ergoss, verdüsterte sich Zaissers ohnehin schon ernste Miene noch mehr. So dämlich konnte wirklich nur Ulbricht [20] daherreden. Das machte diesem

Weitere Kostenlose Bücher