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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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»Schließlich hat er mir seinen Ausweis gezeigt.«
    »Und wie heißt der gute Mann?«
    »Das … das kann ich leider nicht sagen, Genosse«, räumte die Stimme am anderen Ende der Leitung ein. »Kyrillische Buchstaben sind mir nicht …, ich kann nämlich kein Russisch, müssen Sie wissen.«
    »Auch das noch.« Viel zu niedergeschlagen, um sich über irgendetwas aufzuregen, bettete Mielke seine Stirn in die Fläche der rechten Hand und brütete dumpf vor sich hin. Erst ein verlegenes Räuspern seines Gesprächspartners, von Beruf Psychiater und Stationsarzt in der Charité, rüttelte ihn wieder wach. »Dann eben noch mal von vorn!«, schnaubte er. »Gestern früh, genauer gesagt kurz vor fünf, begeht einer Ihrer Patienten im Beisein eines Offiziers im besonderen Einsatz Selbstmord. Ein Patient, der zuvor über Jahre hinweg und insbesondere während der letzten Woche auf jede nur erdenkliche Weise unter Druck gesetzt, verhört und sogar … und sogar mithilfe körperlicher Gewalt gezwungen worden ist, nähere Angaben über den Verbleib des Bernsteinzimmers zu machen. Und das ohne meine Kenntnis oder ausdrücklichen Befehl. Trifft das zu, Herr Doktor?«
    »Jawohl, Genosse.«
    »Woraufhin Sie und ein Krankenpfleger, der mit besagtem Benjamin Kempa auf vertrautem Fuß gestanden zu haben scheint, keinen anderen Ausweg wussten, als seinen Leichnam in der Spree … Moment mal, bleiben Sie kurz dran!«
    Wie von Furien gepackt, legte Mielke den Hörer beiseite und wühlte die Oberfläche seines Schreibtischs durch. Die Ausgabe der Morgenpost, auf die er es abgesehen hatte, war schnell gefunden, ebenso der Artikel auf Seite drei. »Berlin-Tiergarten. Vertraulichen Informationen zufolge wurde am gestrigen Abend unweit von Schloss Bellevue der Leichnam eines circa 35 Jahre alten Mannes aus der Spree geborgen«, murmelte er vor sich hin, wobei er seinen Informanten gänzlich vergaß. Und weiter: »Nach Angaben aus Polizeikreisen wurde Kriminalhauptkommissar Tom von Sydow mit der Durchführung der Ermittlungen betraut.« Von Sydow, aha. Auch noch ein Aristokrat!, schoss es Mielke durch den Kopf, während er mit grimmiger Miene zur Tür stürmte, sie aufriss und sich vor seinem Büroleiter aufbaute.
    Dieser dachte bereits, sein letztes Stündlein habe geschlagen, durfte allerdings unmittelbar darauf durchatmen: »Erstens: Sie nehmen die Personalien von diesem Seelenklempner auf und werfen ihn umgehend aus der Leitung«, bellte Mielke, aufs Äußerste erregt.
    »Und zweitens?«, fragte der Leutnant keck.
    »Zweitens –«, fuhr Mielke fort, drückte ihm die Morgenpost in die Hand und legte die Stirn in Falten, »Sie setzen sämtliche Hebel in Bewegung, dass der Kriminalkommissar, von dem auf Seite drei die Rede ist, für immer von der Bildfläche verschwindet. Und zwar auf der Stelle.« Mielke warf seinem Büroleiter einen auffordernden Blick zu. »Haben wir uns diesbezüglich verstanden, Genosse? Oder gibt es am Ende noch irgendwelche Fragen?«
    »Nein, Genosse Minister.«
    »Guter Mann«, antwortete Mielke, machte kehrt und warf die Tür hinter sich zu.

21
     
    Brandenburg an der Havel, Untersuchungshaftanstalt in der Steinstraße | 08.10 h
     
    Flucht oder Strick. Etwas riskieren oder in diesem Dreckloch verrecken. So und nicht anders lautete die Frage.
    Laut aufstöhnend vor Schmerzen, biss der 32-jährige Gefangene die Zähne zusammen, richtete sich im Zeitlupentempo auf und horchte auf den Korridor vor seiner Zelle hinaus. Fehlanzeige. Es rührte sich nichts. Das einzige Geräusch, das die bedrückende Stille durchbrach, war sein stoßweises, beinahe asthmatisches Keuchen, unterbrochen von einem Ächzen, das sich wie ein unterdrückter Hilferuf anhörte. Mit das Schlimmste für ihn war ein durchdringender Pfeifton im Ohr, wie vieles andere eine Folge der Verhöre, die er im Verlauf der letzten 24 Stunden hatte durchstehen müssen.
    Peinliche Befragungen und anschließend drei Tage Dunkelhaft für unkooperatives Verhalten.
    So einfach war das.
    Noch hatten sie ihn jedoch nicht kleingekriegt. Solange ein Funke Leben in ihm steckte, würde das auch nicht passieren. Er würde sich zur Wehr setzen, sich mit Zähnen und Klauen verteidigen. Das hatte er sich geschworen. Immer und immer wieder. Und diesen Schwur würde er halten. Allen Versuchen, seinen Willen zu brechen, zum Trotz.
    Der einstmals strohblonde, mittlerweile ergraute Schlacks lächelte gequält. All das war freilich leichter gesagt als getan, wenn nicht gar

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