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Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection

Titel: Bernstein-Connection - Klausner, U: Bernstein-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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dem die Aktion, zu der er sich hatte hinreißen lassen, nach wie vor nicht richtig geheuer war. »Was haben wir denn sonst noch so auf Lager?«
    »Das hier.«
    »Eine Augenbinde? Das meinen Sie doch wohl nicht …«
    »Und ob ich das ernst meine!«, stellte Kuragin unmissverständlich klar. »Ganz ehrlich, Herr Kommissar – glauben Sie wirklich, ich hätte meine gute Kinderstube vergessen?« Kuragin ließ die Augenbinde, die er soeben aus seinem Jackett herausgefischt hatte, wie ein Pendel hin und her schwingen. »Wie pflegte der Genosse Lenin doch zu sagen – ›Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser‹. Was ich damit sagen will, ist: Entweder Sie gehen auf meinen Vorschlag ein oder treten weiter auf der Stelle. Tut mir leid, Towarischtsch – aber so und nicht anders lauten meine Bedingungen.«
    »Sie spielen für Ihr Leben gern blinde Kuh, stimmt’s?«
    »Kann man so sagen.«
    »Ja, wenn das so ist, bleibt mir wohl keine andere Wahl. Man ist ja schließlich kein Spielverderber.«
    Kuragin schnitt eine Grimasse und legte Sydow die Augenbinde an. »Ach, wenn wir gerade dabei sind, Herr Kommissar, sollten Sie mit dem Gedanken spielen, den Verlauf des Stollens an …«
    »… die CIA oder sonstige Interessenten auszuplaudern, kann ich mir das von vornherein abschminken, ich weiß. Aus dem einfachen Grund, weil Sie ihn vermutlich demnächst fluten werden. Stimmt’s oder hab ich recht?«
    Kuragin packte Sydow am Handgelenk und bugsierte ihn zur Leiter. »Wissen Sie, was ich mich schon des Öfteren gefragt habe, Herr Kommissar?«, fragte er, frei von jeglicher Ironie.
    »Keine Ahnung.«
    »Wieso ein Mann wie Sie, nach dem sich sämtliche Geheimdienste dieser Welt die Finger lecken würden, ausgerechnet bei der Berliner Kripo gelandet ist.«
    »Wollen Sie das wirklich wissen, Kuragin?«
    »Na klar«, versicherte der MGB-Oberst, »sonst würde ich ja nicht fragen.«
    Im Widerschein des Lichts von Kuragins Taschenlampe sah Sydow um Jahre gealtert aus. Kreidebleich, übermüdet und ausgepumpt, musste er sich seine Antwort trotzdem nicht lange überlegen: »Weil wir uns sauberer Methoden bedienen, Juri –«, flüsterte er und strich mit seinen Handflächen über das mit Schweißperlen übersäte Gesicht, »Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir uns duzen, oder?«
     
    *
     
    Von dem, was innerhalb der nächsten halben Stunde geschah, bekam Sydow so gut wie nichts mit. Er war einfach froh, wieder an der frischen Luft zu sein, wenngleich seine Freude nicht von Dauer war. Schuld daran war die Tatsache, dass er noch vor dem Verlassen der Kanalisation von einem MGB-Agenten in Empfang genommen, aus dem Einstiegsschacht gehievt und von einer weiteren Person auf Waffen durchsucht wurde. Alles ging so schnell, dass ihm kaum Zeit zum Nachdenken, geschweige denn zur Orientierung blieb. Keine Zweifel, Kuragin und seine Helfer hatten ihr Handwerk von der Pike auf gelernt. Allein schon die Art, wie sie ihn unterhakten und zu einer mit laufendem Motor wartenden Limousine dirigierten, ließ keinen anderen Schluss zu. Hier waren Profis am Werk, entschlossen, lautlos und effizient. Die machten das nicht zum ersten Mal.
    Flankiert von den beiden Agenten, die noch kein einziges Wort miteinander gewechselt hatten, wurde Sydow daraufhin ziellos durch die Gegend chauffiert. Zumindest kam es ihm so vor. Die Verkehrsgeräusche, an denen er sich zu orientieren versuchte, waren zwar hin und wieder die gleichen. Sehr bald, seiner Schätzung zufolge nach etwa fünf Minuten, musste er allerdings die Waffen strecken und sich damit abfinden, dass Kuragins Taktik aufgegangen war. Allmählich wurde ihm flau im Magen, hatte er es doch mit Männern zu tun, für die es ein Leichtes gewesen wäre, ihn auf diskrete Art und Weise ins Jenseits zu befördern. Dass sie es nicht taten, ließ ihn hoffen, obwohl er keinen blassen Schimmer hatte, wozu das Verwirrspiel gut sein und welchen Nutzen er daraus ziehen sollte. Abwarten und Tee trinken!, lautete folglich das Motto, wobei er die Vorstellung, dies alles hier könne dem Polizeipräsidenten zu Ohren kommen, im Grunde amüsant fand. Eines, so Sydows Fazit, war gewiss: Käme das, was er sich gerade leistete, heraus, würde er seine Beförderung abschreiben können.
    »Darf man fragen, weswegen Sie gerade eben geschmunzelt haben, Herr Kommissar?«, wollte Kuragin wissen, seiner Kurzatmigkeit nach zu urteilen zumindest ebenso angespannt wie er. Fast im gleichen Moment wurde Sydow ruckartig nach vorn geschleudert,

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