Bernstein Verschwörung
betätigen. Denn außer einem
metallischen Knacken unter der Rücksitzbank war nichts zu
hören. »Vielleicht hätte ich auch noch ein paar
Euro in eine neue Batterie investieren sollen«, brummte er
und hieb wütend auf das Lenkrad. »Dann hättest du
mir meine Vergesslichkeit vielleicht verziehen.« Er unternahm
weitere Versuche, doch jedes Mal, wenn er den Schlüssel
drehte, erloschen die beiden Kontrollleuchten in dem kleinen
kreisrunden Tacho. Die Batterie war schlapp, und hier würde
nur die Starthilfe eines anderen Autos helfen. Oder eben, den
Käfer anzuschieben. Seufzend stieg Stefan aus, kurbelte die
Seitenscheibe herunter und schob Clemens aus der Parklücke. Er
war froh, dass an der Linde um diese Zeit nicht mehr viel Verkehr
herrschte. Und so schob er den Wagen an. Doch auch als der Motor
lief, verschwendete er keinen Gedanken mehr daran, dass er
Kommissar Verdammt jetzt noch einholen könnte.
Fünf
Luftschutzbunker
Münzstraße, 21.30 Uhr
Beim Anblick des
Bunkers fiel Ulbrichts Laune auf den Tiefpunkt. Das schlechte Spiel
der Fußballmannschaft hatte er immer noch nicht verarbeitet.
Liebend gern hätte er den Abend in seiner Wohnung verbracht,
um den Ärger über das bescheidene Spiel mit ein paar
Flaschen Bier herunterzuspülen. Nach dem Spiel war bekanntlich
vor dem Spiel, und so hoffte er, dass die Mannschaft das
nächste Spiel wieder für sich entschied. Eine Hoffnung
blieb ihm: Als er den Platz verlassen hatte, war das Derby noch
nicht beendet, und so bestand noch die Möglichkeit, dass seine
Jungs als Sieger den Platz verließen. Statistisch
wenigstens.
Aber nicht mit diesem
Mittelfeld.
Düster und
uneinnehmbar wie eine Festung ragte der verwitterte Betonklotz in
den Himmel über dem Sedansberg. Unkraut rankte an der Fassade
empor, man hatte Türen und Fenster mit Brettern zugenagelt, um
das Gebäude vor unberechtigtem Zugang zu schützen. Ein
Zaun umgab den Bunker, der allerdings an einigen Stellen
Löcher aufwies. Irgendwelche Witzbolde hatten den Stahlbeton
mit anzüglichen Graffiti besprüht. Der Bunker
dokumentierte mit seinem morbiden Charme eines der dunkelsten
Kapitel Wuppertals. Ulbricht hatte einmal gehört, dass beim
großen Luftangriff auf die Stadt in den Jahren 1943 und 1944
mehrere hundert Menschen hier Schutz gefunden hatten. Doch das war
längst vorbei. Jetzt standen drei Streifenwagen vor dem
Bunker. Streifenbeamte hatten rotweiß schraffiertes
Absperrband gespannt, um die Schaulustigen auf Distanz zu
halten.
Immer wieder zuckte
Blitzlichtgewitter auf. Ulbricht erkannte Osterholz von der WZ und
Schattenfeld von der Rundschau.
Na toll, also rannte
die Aasgeierbande von der Presse auch schon hier rum und
schnüffelte. Ulbrichts Laune sank beinahe
minütlich.
Er parkte den
Dienstwagen schräg zwischen zwei blausilbernen Streifenwagen
und stieg aus. Um ein Haar wäre er in einen Hundehaufen
getreten. Im letzten Moment zog er den Fuß zurück und
fluchte. Er hatte die Hände tief in die Manteltaschen
vergraben, während er auf den seltsamen Tatort zumarschierte.
Ulbricht gehörte lange genug zur Firma - man kannte ihn und
ließ ihn anstandslos passieren.
Ein Mord ohne Leiche.
Das roch nach Arbeit.
»Ah, da sind Sie
ja!« Frank Heinrichs, sein pickelgesichtiger Assistent, war
bereits anwesend.
Es wurde immer
schlimmer. Ulbricht stellte frustriert fest, dass ihm heute aber auch nichts
erspart blieb. Er seufzte, als Heinrichs ihn entdeckt hatte
und dienstbeflissen auf ihn zutrat.
Er hatte es irgendwie
geahnt, dass dieser Schleimer vor ihm am Tatort war. Um sich seinen
Unmut nicht anmerken zu lassen, zündete sich Ulbricht in aller
Ruhe eine Zigarette an und ließ sich von seinem Assistenten
den Stand der Dinge schildern. »Was machen Sie denn
hier?«
»Ich hatte
Dienst in der Kriminalwache, als der Anruf kam.«
»Schön.«
»Das ist ein
seltsamer Fall«, bemerkte »Brille« Heinrichs und
deutete auf den Betonklotz. Den Spitznamen trug er, weil seine
Brille mit dem dicken, blauen Rahmen das Markanteste an seiner
sonst eher unscheinbaren Erscheinung war. Heinrichs musterte seinen
Vorgesetzten aus kleinen Schweinsaugen. Er war von der
Kriminalwache des Präsidiums zum Tatort beordert worden, da er
Bereitschaft hatte.
»Kommen Sie
runter, Heinrichs.« Ulbricht zog die Mundwinkel nach unten.
»Jetzt bin ich ja da.« Er paffte, ohne seinen
Assistenten aus den Augen zu lassen. »Was ist mit diesen
Musikern? Wo sind die Kinder jetzt?«
»Es sind
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