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Bernstein Verschwörung

Bernstein Verschwörung

Titel: Bernstein Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Bezirksliga ihrem Hobby
frönten. Obwohl er in Heckinghausen lebte, so verband ihn seit
vielen Jahren eine Freundschaft mit dem Ronsdorfer
Fußballverein. Wenn es irgendwie ging, ließ er sich
kein Spiel seiner Mannschaft entgehen. Heute allerdings musste er
mit den Spielern auf dem Platz bangen - die Spieler waren nicht in
Form. »Mann, das Mittelfeld ist viel zu schwach!«,
brüllte er. Anfangs versuchte er das Vibrieren in der
Manteltasche zu ignorieren. Wenn er Fußball guckte,
vergaß er seine Umwelt gerne. Aber das half ihm,
abzuschalten. Wer sich wie er jeden Tag mit Verbrechern
herumärgerte und längst den Glauben an das Gute im
Menschen aufgegeben hatte, der benötigte den Ausgleich
dringend. Die Fans grölten und rissen wutentbrannt die Arme
hoch, als ein Spieler der gegnerischen Mannschaft versuchte, dem
Ronsdorfer Stürmer den Ball abzunehmen.
    Zum Vibrieren in
seiner Manteltasche ertönte nun das Schrillen eines
Klingeltons, der auch Tote geweckt hätte. Der Typ neben ihm,
ein unrasierter Enddreißiger mit rotem Haar, blickte ihn
mitleidig an.
    »Verdammt«, brummte er
missmutig, als er das Telefon aus der Tasche zog und einen Blick
auf das kleine Display warf. Er erkannte die Nummer des
Polizeipräsidiums. Also war wieder etwas in Wuppertal
geschehen. Ausgerechnet jetzt.
    »Ja?«,
meldete er sich knapp und ging mit dem Handy am Ohr in Richtung
Vereinsheim. Dort hielten sich nur wenige Fans auf, und er konnte
ungestörter telefonieren. Den Namen des Streifenbeamten, der
ihn anrief, kannte er nicht.
    Der Bursche druckste
herum.
    »Es hat einen
etwas seltsamen Zwischenfall am alten Luftschutzbunker an der
Münzstraße gegeben«, sagte der Kollege
schließlich. Er klang jung. Und am Klang seiner Stimme
hörte Ulbricht, dass es ihm durchaus unangenehm war, den
Leiter des KK 11 in seiner wohlverdienten Freizeit zu stören.
Es war im Präsidium bekannt, dass Ulbricht mitunter cholerisch
reagierte. »Kommen Sie auf den Punkt, Mann«, bellte
Ulbricht, während er sehnsüchtig zum Spielfeld schielte.
»Drei junge Männer waren im Bunker, um dort ein Video zu
drehen. Dabei wurden sie Zeugen eines Mordes.«
    »Was heißt
das?«
    »Sie hielten
sich in einem der Räume auf und hörten einen Streit, der offenbar
eskalierte und damit endete, dass von einer Schusswaffe Gebrauch gemacht
wurde.«
    »Das ist
alles?« In Gedanken verabschiedete sich Ulbricht bereits von seinem
Feierabend.
    »Nicht
ganz.«
    »Lassen Sie sich
nicht alles aus der Nase ziehen, Mann!«
    »Die Leiche ist
weg.«
    Ulbricht hätte
fast an einen dummen Scherz geglaubt, doch der erste April war
längst vorbei. »Was soll das heißen?«,
fragte er gefährlich leise. »Dass das Opfer des
Anschlags in der Zeit, als die jungen Männer uns alarmierten,
verschwunden ist.« Der Streifenpolizist klang jetzt
kleinlaut.
    »So, die Leiche
erhebt sich also und marschiert davon. Sagen Sie mal, haben Sie
getrunken?«
    »Nein, Herr
Ulbricht, absolut nicht.« Ulbricht hatte genug gehört.
Höchste Zeit, sich selbst einen Überblick zu verschaffen.
Dafür würde er wohl oder übel zur
Münzstraße fahren müssen. Das Fußballspiel
hakte er ab. Schweren Herzens. Er unterbrach die Verbindung,
fluchte wüst und stapfte zu seinem Wagen, der an der
Straße parkte.
    *
    Der hochgewachsene
Mann mit den etwas zu langen und ungepflegten Haaren war
anscheinend wütend, so viel war auch von Weitem zu erkennen.
Er warf die Zigarette, die er eben noch geraucht hatte, auf den
Boden und trat sie mit der Sohle seiner altmodischen Hush Puppies
aus. Fast sehnsüchtig warf er einen Blick auf das Geschehen
auf dem Platz und zerquetschte einen Fluch auf den
Lippen.
    Dass er dabei
beobachtet wurde, hatte der Kommissar nicht bemerkt.
    Eigentlich war er aus
einem anderen Grund hier, aber als er Kommissar Verdammt, wie ihn
alle nannten, am Spielfeldrand gesichtet hatte, war das Interesse
am Spiel in den Hintergrund gerückt. Er ließ Ulbricht
nicht aus den Augen, hatte das Telefonat zwar nicht mithören
können - dafür stand er zu weit von ihm entfernt -, aber
er hatte gesehen, dass etwas geschehen sein musste. Mit einer
grimmigen Miene steckte Ulbricht das Telefon in die Innentasche des
für ihn obligatorischen beigefarbenen und zerknitterten
Trenchcoats, verließ das Vereinsgelände und stapfte
wütend zur Straße. Er hatte ihn nicht gesehen. Gut
so.
    Nachdem der Kommissar
außer Sichtweite war, angelte auch er nach dem Telefon. Eilig
rief er eine im Menü gespeicherte Nummer auf und

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