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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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verbeugte sich etwas im Sattel. „Ich wollte es lediglich vermeiden, zu Fuß allein durch die Sümpfe spazieren zu müssen, bis mich deine Leute gefunden hätten.“
    „Ich verstehe.“ Sie lächelte weiter. „Nun gut, ich vermute, heute morgen verlief alles so, wie Ihr es geplant hattet. Sind Klovhiri und seine Leute bereits unterwegs in unsere Falle?“
    „Das sind sie. Und ihr Führer wartet auf mein Zeichen, um sie vom festen Boden wegzulocken, wohin immer du sie haben willst.“
    „Gut. Mir schwebt ein Fleckchen vor, das ringsum von Hügeln umgeben ist.“ Sie bewunderte Chwiuls Selbstbeherrschung im Angesicht des Dämons, wenn sie auch spüren konnte, daß er keineswegs so ruhig war, wie er vorgab zu sein. Sie sah einen ihrer Männer näher kommen und den Schlitten ziehen, mit dem sie den Dämon transportieren wollten. „Mein Dämon wird uns begleiten, das war sein ausdrücklicher Wunsch. Ein sicheres Zeichen für unseren Erfolg heute, meint Ihr nicht auch?“
    Chwiul runzelte die Stirn, als wollte er das in Frage stellen, traute sich aber wohl nicht recht. „Wenn er dir treulich dient, dann ja, meine Lady. Eine große Ehre und ein gutes Omen.“
    „Er dient mir aufrichtig und ergeben.“ Sie lächelte wieder, diesmal undurchdringlich. Sie wich zurück, als der Schlitten herangezogen wurde, und sah zu, wie der Dämon darauf verladen wurde, um sicherzustellen, daß ihre Leute auch mit der gebotenen Vorsicht zu Werke gingen. Die neue, erlesene Dienstbarkeit, mit der ihre Leute den Dämon wie auch sie selbst behandelten, verfehlte ihren Eindruck auf Chwiul nicht.
    Danach rief sie ihre Leute zusammen, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu ihrem Bestimmungsort. Sie bahnten sich ihren Weg über die dampfende Oberfläche der Marschen und durch die schleimigen, fahlblauen Tentakel des Unterholzes. Sie war froh, daß sie sich in diesem Gebiet so gut auskannten, denn die sprießenden Frühlingsgewächse und der trügerische Morast des Bodens veränderten es fast täglich. Sie wünschte sich, sie hätte Chwiul von seinem häßlichen Reittier trennen können, doch sie bezweifelte, daß er dazu bereit sein würde, und fürchtete gleichzeitig, er würde dann auch nicht mehr mit ihnen Schritt halten können.
    Der Dämon war sicher auf dem Schlitten verschnürt, und ihre schwitzenden Leute zogen ihn ohne einen murrenden Laut.
    Endlich erreichten sie die Anhöhe, von der aus sie die Hauptstraße überblicken konnte – obwohl man die jetzt kaum mehr so bezeichnen konnte –, die am Gut ihrer Familie vorbeiführte. Sie hatte dem Dämon einen Ort zugewiesen, von dem aus er den Pfad in der Richtung von Klovhiris Annäherung überblicken konnte, und hatte zusätzlich einige ihrer Gefolgsleute ausgesandt, die seine Augen weiter unten am Weg anbringen sollten. Danach stand sie oben und blickte hinab zu der Stelle, wo die Straße sich zu gabeln schien, es aber nicht tat. Die falsche Abzweigung folgte dem gewundenen Band der gelben Klippen und führte direkt in eine Senke, die von dem Ammoniakschmelzwasser erzeugt worden war, das sich über die poröse Schwefeloberfläche der Felsen ergoß. Dort würden sie sich winden und zappeln, während sie und ihre Bande sie auflesen würden wie tümpelnde Ngips – sie schnippte achtlos einen Ngip fort, der sich auf ihrer Hand niedergelassen hatte –, wenn ihr Dämon nicht … wenn ihr Dämon nicht beschloß, dem Ganzen einen anderen Verlauf zu geben.
    „Schon Zeichen?“ Chwiul ritt an ihre Seite.
    Sie wich sorgsam vom unsicheren Klippenrand zurück und betrachtete Chwiul mit mehr als nur beiläufigem Interesse. „Noch nicht. Aber bald.“ Sie hatte auch Gesetzlose am unteren Hang neben der Straße postiert, aber nicht einmal die Augen ihres Dämons konnten so tief in das Gestrüpp entlang der Straße sehen. Er hatte seit Chwiuls Ankunft nicht mehr gesprochen, aber sie rechnete auch nicht damit, daß er nun schon seine Geheimnisse enthüllen würde. „Was für eine Livree trägt Eure Eskorte, und wieviel soll ich des Effektes willen töten?“ Sie löste ihren Bogen und begann, die Spannung der Sehne zu überprüfen.
    Chwiul zuckte die Achseln. „Tote erzählen keine Geschichten. Bring sie alle um. Auch den Führer – ein Mann, der sich einmal kaufen läßt, läßt sich auch ein zweites Mal kaufen.“
    „Ah …“ Sie nickte grinsend. „Ein Mann mit Eurer Voraussicht und Diskretion wird es in der Welt weit bringen, mein Lord.“ Bevor sie sich wieder abwandte, um die

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