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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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sah sie den Kopf schütteln. Sie fühlte seinen Blick und sah ihn ebenfalls an. „Wenn T’uupieh ihr ganzes Tun als moralisch verwerflich hätte erkennen können, was wäre dann aus ihr geworden? Sie wußte … es hätte sie vernichtet. Sie wäre von der Woge der Gewalt hinweggespült und ertränkt worden.“ Seine Mutter sah zu Garda, dann wieder zu ihm. „Was sie auch immer sein mag, T’uupieh ist eine Realistin.“
    Er spürte, wie sein Mund sich vor einem Zorn zusammenzog, der ein tieferes Gefühl sublimierte. Er hörte Gardas indigniertes Grunzen.
    „Aber das bedeutet nicht, daß du falsch gehandelt hast oder gescheitert bist …“
    „Lieb von dir.“ Er stand auf und nickte erst Garda zu und machte dann eine Geste in Richtung Tür. „Kommt.“
    „Shannon.“
    Er blieb mit abgewandtem Gesicht stehen.
    „Ich bin nicht der Meinung, daß du versagt hast. Ich glaube, du hast dich T’uupieh verständlich machen können. Schließlich waren ihre letzten Worte: ‚Ich kann das Morgen nicht mehr verändern. Nur du kannst das.’ Ich glaube, sie forderte den Dämon auf, ihr die Entscheidung abzunehmen, das zu tun, wozu sie selbst nicht die Kraft und Macht hat. Ich glaube, sie bat dich um Hilfe.“
    Er wandte sich langsam um. „Glaubst du das wirklich?“
    „Ja.“ Sie beugte den Kopf, um ihr Haar aus dem Kragen zu streichen.
    Er ging zu seinem Sessel zurück, seine Hände strichen über die dunklen Druckplatten der Konsole. „Aber es hätte wenig Sinn, nochmals mit ihr zu reden. Irgendwie muß der Dämon selbst den Angriff verhindern. Wenn ich die „Stimme“ dazu benützen könnte, sie zu warnen … Verdammter Zeitsprung!“ Wenn die Stimme sie erreichte, war der Angriff schon seit Stunden vorbei. Wie konnte er das Morgen verändern, wenn er ihm ständig zwei Stunden hinterherhinkte?
    „Ich weiß, wie wir das Problem der Zeitverschiebung umgehen können.“
    „Wie?“ Auch Garda hatte sich wieder gesetzt, widerstreitende Gefühle huschten über ihr altes, faltiges Gesicht. „Er kann seine Warnung nicht in der Zeit reisen lassen. Niemand weiß, wann Klovhiri aufbrechen wird. Sie würde zu früh oder zu spät ankommen.“
    Shannon streckte sich. „Man sollte besser fragen: „Warum?“ Warum hast du deine Meinung geändert?“
    „Ich habe meine Meinung nicht geändert“, sagte seine Mutter milde. „Mir gefiel das auch nie … Als ich noch ein Mädchen war, glaubten wir, mit unseren Taten die Welt verändern zu können, vielleicht habe ich nie aufgehört, mir das zu wünschen.“
    „Aber Marcus wird es nicht gefallen, wenn wir uns hinter seinem Rücken verschwören.“ Garda winkte mit ihrer Krücke. „Und was meint ihr dazu, daß wir wahrscheinlich wirklich auf diese Publicity angewiesen sind?“
    Shannon sah sie erbost an. „Ich dachte, Sie wären auf seiten der Engel und kein Teufelsadvokat.“
    „Das bin ich auch!“ Gardas Mund wurde verkniffen. „Aber …“
    „Was soll also so schlecht daran sein, wenn die Sonde zum Retter in letzter Minute wird? Das wird eine Sensation geben.“
    Zum ersten Mal seit Monaten sah er seine Mutter lächeln. „Sensationell … wenn T’uupieh uns nicht wegen unseres Verrats im Sumpf zurückläßt.“
    Er wurde ernst. „Wenn sie unsere Hilfe wirklich will, wie du sagst, dann wird sie das nicht tun. Und ich weiß, daß sie diese Hilfe will … ich spüre es. Aber wie können wir die Zeit Verschiebung umgehen?“
    „Ich bin Ingenieur, erinnerst du dich? Ich brauche eine aufgezeichnete Nachricht von dir und etwas Zeit, um damit herumzuspielen.“ Seine Mutter deutete zum Computerterminal.
    Er schaltete die Konsole ein und trat beiseite. Sie setzte sich und begann mit der Dokumentierung des Programms auf der Ausgabe. Er las: F ERNGESTEUERTE O PERATION . „Mal sehen … ich brauche Informationen über den Weg von Klovhiris Mannschaft …“
    Er räusperte sich. „Hast du das wirklich ernst gemeint, was du sagtest, bevor Reed hereinkam?“
    Sie sah auf, und er sah eine Antwort in ihrem Gesicht, die jedoch wieder zu einem Lächeln verblaßte. „Garda, bist du schon meinem Sohn, dem Linguisten, begegnet?“
    „Und woher kennst du dieses Lied von Pete Seeger?“
    „Und meinem Sohn, dem Musiker …“ Sie lächelte immer noch. „Ich habe zu meiner Zeit auch ein paar Schallplatten angehört.“ Nun wurde das Lächeln verinnerlicht, als erinnerte sie sich an etwas. „Ich habe dir, glaube ich, noch nicht erzählt, daß ich mich in deinen Vater verliebte, weil er

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