Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge

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ihn.“
    „He, Jary!“ Corouda sah, wie er das sonnenverbrannte Gesicht erstaunt hob, um ihn anzusehen. „Möchtest du etwas Squamisch mitspielen?“ Er konnte kaum Jarys Gesichtsausdruck sehen, sah kaum eine Veränderung. Zunächst hielt er es für Furcht, kam dann aber zu der Überzeugung, daß er sich täuschen mußte. Dann sah Jary zu ihm herüber, blinzelte und beschattete die Augen mit der Hand, nickte. Jary kam zu ihnen herüber, den Blick immer auf den Boden geheftet. Sein Schritt war unsicher, wie der eines Mannes, der seinen eigenen Beinen nicht traut.
    Er setzte sich verlegen zu ihnen, ein nichtssagendes Lächeln war auf seinem Gesicht gefroren, und überkreuzte die Beine wie sie.
    Corouda fand kaum die richtigen Begrüßungsworte und fragte sich, weshalb, zum Teufel, er das getan hatte. Er hob den Becher in die Höhe und schüttelte ihn. „Äh … weißt du, wie man Squamisch spielt?“
    Jary nahm den Becher kopfschüttelnd entgegen. „Ich h-hab selten Gelegenheit, w-was zu spielen, W-wächter.“ Sein Lächeln wurde bedauernd, nicht so seine Stimme. „Man fordert mich nie dazu auf.“
    Corouda erinnerte sich wieder daran, daß Piper Alvarian Jary stotterte und fühlte ungewollte Sympathie in sich aufsteigen. Aber hatte ihm nicht jemand gesagt, daß Jary schon immer gestottert hatte? Schließlich öffnete Jary doch etwas den Kragen seines Overalls. Corouda konnte den Beginn einer Narbe sehen, die über die ganze Brust verlief. Jary bemerkte seinen Blick und hob unwillkürlich die Hand, um ihn wieder zuzuknöpfen.
    Corouda räusperte sich. „Nichts Besonderes, hauptsächlich Glück. Man wirft die Steine, und es hängt davon ab …“
    Wieder ertönte ein Schmerzensschrei hinter dem Zelt. Jary sah hinüber.
    „… wie die Steine fallen und sich verteilen … Nimmt dich das mit?“ Die verletzende Frage war ausgesprochen, noch ehe er nachgedacht hatte. Nun fühlte er sich wie ein grausames Kind.
    Jary sah ihn an, als hätte ihn die Frage nicht im mindesten überrascht. „Nein. Es sind nur Tiere. Besser als ich.“
    Corouda spürte, wie sein Zorn stieg, als er sich daran erinnerte, was Jary war – bis ihm einfiel, daß er genau dasselbe gesagt hatte.
    „Piper! Komm her, ich brauche dich.“

    Corouda erkannte Hoban Orrs Stimme. Auch Jary erkannte sie und erhob sich, vor Hast ungeschickt. „Tut mir leid, der Doktor braucht mich.“ Er entfernte sich, und sie sahen ihm nach, wie er auf Orrs Zelt zuschlurfte. Seine Stimme hatte sich nicht verändert. Corouda bemühte sich plötzlich, nicht daran zu denken, wofür er gebraucht wurde … Handlanger: Eine Person, die im Auftrag einer anderen gefährliche oder unangenehme Dinge ausführen muß.
    Corouda stand auf und bürstete seine Hose ab. Jary verbrachte die Zeit außerhalb, solange Orr sezierte: Piper Alvarian Jary, der einem Mann gedient hatte, mit dem verglichen Attila der Hunne, Hitler und Kahless wie nette Jungs wirkten. Corouda fragte sich, ob es möglich war, daß er tatsächlich nicht zusehen wollte.
    Auch Albe erhob sich und streckte sich. „Was hältst du davon? Das ist der wahre Piper Alvarian Jary. ‚Besser als ich … Es sind nur Tiere.’ Wahrscheinlich hält er uns alle nur für Tiere.“
    Corouda sah, wie Jary im Zelt verschwand. „Würde mich nicht überraschen.“

    Piper Alvarian Jary ertastete sorgfältig seinen Weg über die unebene Oberfläche des Grates. Er setzte zuerst einen Fuß auf, dann den anderen, wie eine Marionette. Unter ihm, etwa fünf Meter unter der soliden Felsschicht, befand sich die flüssige Oberfläche des radioaktiven Schlamms. Er sah kaum hinab, da er zu sehr mit seinen Füßen beschäftigt war. Ihre geologischen Tests hatten gezeigt, daß es vierzig Meter unter dem kochenden Schlamm eine sieben Meter dicke Schicht mit radioaktiven Erzen gab, die einst heiß genug gewesen war, um diese bizarre Höhlenwelt auszubrennen. Er riskierte einen Blick hinunter in die Finsternis, seine Helmlampe beleuchtete groteske Formen geschmolzener und wieder erstarrter Felsen, silberner metallische Stalagtiten und Stalagmiten, die aus kondensierten Erzen entstanden waren. Im Verlauf von Jahrmillionen war die wassergesättigte Masse von Schlamm und Uran exotherm geworden und dann sporadisch abgekühlt, hier ein Fleckchen, dort ein anderes. Der gesamte Untergrund hatte fast eine halbe Million Jahre gekocht und gequalmt wie ein Hexenkessel.
    Dämpfe stiegen vor Jarys Gesichtsfeld auf und trübten seinen Blick auf die