Bernsteinaugen und Zinnsoldaten
mich nicht an!“ Orrs Gesichtsausdruck veränderte sich etwas, als Jary störrisch blieb. „Wächter Corouda sagte mir, er hätte dich dabei beobachtet.“
Nein … Dieses Mal verschwand das Wort, bevor es seinen Mund erreicht hatte. Sein Blick brach. Er betrachtete seine Beine und folgte einer Narbe mit seinem Blick.
„So.“ Wieder das zufriedene Nicken. Orr umklammerte seine Handgelenke. „Du weißt genau, wie wichtig diese Tiere sind. Und du weißt auch, wieviel Schwierigkeiten man auf sich nehmen muß, um sie zurückzubringen.“ Orr zwang Jarys Hand auf die schimmernde Tischplatte. Seine Kraft überraschte ihn immer wieder. Orr nahm ein Skalpell.
Jary verkrampfte konvulsivisch die Finger. „Die w-w-w-werden nachwachsen!“
Orr sah ihn nicht an. „Ich brauche frische Gewebeproben, die du mir liefern wirst. Öffne die Faust!“
„Bitte. Bitte n-nicht meine H-hände verletzen.“
Orr benutzte das Skalpell. Jary schrie.
„Was machen Sie da drinnen, Orr?“
Es war die scharfe, wütende Stimme einer Frau. Jary blinzelte, um seinen Blick zu klären, und sah die Wächterin Soong-Hyacin im Eingang stehen, deren Augen hart und kalt vor Entrüstung waren. Sie betrachtete Orrs Skalpell und die Blutlache um Jarys Hand. Dann rief sie jemanden außerhalb des Zeltes. Corouda tauchte neben ihr in der Öffnung auf. „Schau dir das mal an.“
Corouda folgte ihrem Blick und verzog das Gesicht. „Was geht hier vor?“
„Das geht euch nichts an, Wächter.“ Orr runzelte die Stirn mehr aus Wut als aus Verlegenheit.
„Alles, was auf unserer Welt geschieht, geht uns etwas an“, sagte Soong-Hyacin. „Dazu gehört auch Folter …“
„Xena.“ Corouda stieß sie an. „Was macht er mit dir, Jary?“
Jary schluckte sprachlos und zuckte die Achseln. Er sah Corouda nicht ins Gesicht, weil er es nicht sehen wollte.
„Ich entnahm einige Gewebeproben, wie ihr sehen könnt.“ Orr nahm ein Probenplättchen auf und zeigte es ihnen. „Mein Job und seine Funktion. Hat nichts mit ‚eurer Welt’ zu tun, wie ihr das nennt.“
„Weshalb von seiner Hand?“
„Er kennt die Gründe, Wächter … Geh nach draußen, Piper. Ich rufe dich, wenn ich dich brauche.“
Jary ging um den Tisch herum. Er preßte die Lippen fest aufeinander, um die Übelkeit niederzuringen, als er auf den Tisch sah. Er drückte sich an den Wächtern vorbei und trat dankbar hinaus an die frische Luft.
Corouda sah Jary nach, der im Licht der Abendsonne davonschlurfte, dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Zelt zu.
„Wenn Sie nicht damit aufhören, sich in meine Arbeit einzumischen, Wächter Corouda, dann werde ich mich bei Doktor Etchamendy über Sie beschweren müssen.“
Xena hob den Kopf. „Fein, das ist Ihr Recht. Aber seien Sie nicht überrascht, wenn sie dann doch uns unterstützen sollte. Sie kennen die Gesetze der Siedlung. Danke, Juah-u …“ Sie wandte sich zum Gehen, sah dann aber fragend zu ihm zurück.
Corouda nickte. „Einen Augenblick noch.“ Er sah Orr zu, der die Proben präparierte und seine Instrumente wegräumte. „Was meinten Sie, als Sie sagten: ‚Er kennt den Grund’?“
Orr stieß die Schachtel mit dem Fuß an. „Ich habe ihn nach den Troglodyten gefragt, und er sagte mir, er hätte sie aus Rache freigelassen.“
„Rache?“ Corouda erinnerte sich an Jarys Gesichtsausdruck hinter der Visierscheibe am Fuß der Grotte. Jary hatte ihm gesagt, daß das Schloß beim Hochziehen gebrochen war … „Haben Sie ihn dadurch dazu gebracht, es zuzugeben?“ Er deutete zum Tisch.
„Natürlich nicht!“ Zorn. Orr wischte den Tisch ab und wusch sich die Hände. „Ich sagte ihm, Sie hätten gesehen, was er getan hat.“
„Und ich sagte Ihnen, ich habe gar nichts gesehen!“
Orr lächelte säuerlich. „Es geht nicht darum, ob Sie mir die Wahrheit gesagt haben oder nicht. Ich wollte ganz einfach von ihm die Wahrheit wissen. Und die habe ich erfahren.“
„Sie wiegten ihn in dem Glauben …“
„Kümmert Sie das etwa?“ Orr stützte sich auf den Tisch und betrachtete ihn mit klinischem Interesse. „Frei heraus, ich verstehe nicht, was Sie das angehen sollte, Wächter. Denn schließlich waren Sie und Soong-Hyacin und die anderen fünfzehn Milliarden Bürger der Union diejenigen, die das Urteil über Piper Alvarian Jary sprachen. Sie waren doch der Meinung, daß man ihn wegen der Scheußlichkeit seiner Verbrechen gnadenlos bestrafen müßte. Sie haben dafür gesorgt, daß er mein Handlanger wurde – mein
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