Bernsteinsommer (German Edition)
fortfahren wollte, klingelte das Telefon.
„Das wird Finn sein, wenn ich mich nicht irre. Du rührst dich nicht von der Stelle, hast du gehört!“ ordnete Magda mit fester Stimme an.
„Ja … ja klar. Aber ich … ich kann jetzt auf keinen Fall mitihm sprechen.“ Kira liefen die Tränen in Strömen über die Wangen.
Schon eine Minute später kam Magda zurück in die Küche. „Er ist bereits unterwegs, um dich zu holen. Ich hoffe, du wirst diesem Mann niemals wieder davonlaufen, denn ein besserer wird dir vom Schicksal wahrscheinlich nicht mehr präsentiert werden.“
Am späten Vormittag erreichte Finn die Insel. Er saß auf dem Beifahrersitz eines sehr schnittigen schwarzen Sportwagens. Sascha Schellenberg ließ den auffallenden Flitzer die Rampe hinunterrollen. Er bog sofort nach links zu den Parkplätzen ab, denn schon von Weitem hatten sie dort Finns Geländewagen stehen sehen.
„So sieht man sich wieder“, bemerkte Finn lakonisch, nachdem sie aus dem Sportwagen ausgestiegen waren. Dann klopfte er wie zur Begrüßung einmal kurz auf die Motorhaube seines eigenen Autos.
„Wo müssen wir hin?“, wollte Sascha wissen.
Finn deutete mit einer Kopfbewegung hinüber zum Inselladen. „Komm lieber mit, Sascha, es kann sein, dass sie ein bisschen Theater macht. Ich weiß nicht so genau, ob ich mich heute wirklich in der Lage sehe, ruhig genug zu bleiben, um angemessen auf die Dame zu reagieren. Meine Nerven sind, gelinde gesagt, momentan nicht unbedingt die stärksten.“
Sascha Schellenberg nickte nur, dann folgte er seinem Boss.
Finn war noch gut mit den Gepflogenheiten auf der Insel vertraut. Deshalb wusste er natürlich auch, dass der Inselladen von Magda Quint irgendwann im Laufe des Vormittags für einige Stunden geschlossen wurde. Unter der Woche öffnete sie üblicherweise erst wieder am frühen Nachmittag. Hier auf der Insel wusste jeder Einheimische, dass man Einkäufe entweder am frühen Morgen oder aber erst am Nachmittag erledigen konnte. Auch die Touristen gewöhnten sich sehr schnell daran.
Wie Finn es erwartet hatte, war der Laden also bereits geschlossen.Deshalb betraten die beiden Männer das Haus durch den Nebeneingang des Gebäudes.
Als Erstes hörten sie ein leises Stöhnen, dann sahen sie, dass Magdas Wohnungstür halb offen stand.
Finn spürte sofort eine Art Panik, die seinen Verstand für Sekundenbruchteile regelrecht auszuschalten schien. Ehe er sich versah, war Sascha auch schon durch die Tür und kniete neben einer offensichtlich verletzten Magda Quint, die am Boden ihres Wohnzimmers lag und aus einer Kopfwunde ziemlich stark blutete.
„Wir brauchen einen Arzt, Finn, vielleicht sogar einen Rettungshubschrauber, ich weiß nicht.“
Doch Finn raste schon durch die kleine Wohnung, nur um festzustellen, ob Kira noch hier war. Auch wenn er schon in der Sekunde daran gezweifelt hatte, als er Magda blutend am Boden liegen sah.
„Finn! Einen Arzt! Gibt es hier auf der verdammten Insel einen Arzt?“
„Ja, ja, natürlich! Warte … sieh dort im Telefonregister nach. Darin müsstest du die Nummer vom alten Dr. Sander finden. Der kann in wenigen Minuten hier sein. Ich kümmere mich solange um Magda.“
Finn kniete sich neben die ältere Frau, deren Augenlider sich jetzt langsam hoben. Offenbar war sie inzwischen wieder zu sich gekommen.
„Finn! Gut, dass du endlich da bist, mein Junge.“ Ihre Stimme klang zittrig, aber sie war offenbar klar und bei Bewusstsein, denn sie hatte ihn schließlich gleich erkannt. Zumindest das löste ein wenig von seinem inneren Druck.
„Beweg dich nicht, Magda, wir holen schon den Doc. Wie geht es dir?“, fragte Finn leise.
„Es ging mir schon besser“, flüsterte sie schwach.
„Wo ist sie, Magda? Wo ist Kira?“
„Kira …!“
„Was ist hier passiert, Magda, wo ist sie?“, wiederholte er dieFrage, die am heftigsten in ihm brannte.
„Torben“, antwortete sie kaum hörbar und schloss kurz wieder die Augen. Finn schickte ein kurzes Stoßgebet zum Himmel, dass sie jetzt nur nicht wieder das Bewusstsein verlieren möge. Magdas Augenlider flatterten ein wenig, aber dann sah sie ihn wieder direkt an. „Er war plötzlich da. Ich habe die Tür aufgemacht, weil ich dachte, du wärest es …, ich dumme Pute hab nicht nachgesehen … weil er doch gar nicht auf … Sameland war. Und dann … dann war er auch schon hier drin und gab mir eins über den Schädel. Er … er hat sie mitgenommen. Gott, ich fühle mich, als hätte ich eine ganze
Weitere Kostenlose Bücher