Bernsteinsommer (German Edition)
Flasche Anisschnaps intus. Ist … ist noch nicht lange her, Finn … noch nicht lange her.“
„Hat er sie verletzt, Magda? Hat er Kira etwas angetan?“
„Ich … ich weiß nicht genau … er hat sie irgendwie betäubt … glaub ich.“
„Streng dich jetzt nicht noch mehr an, Magda. Der Doc ist gleich hier.“ Fragend sah Finn zu Sascha Schellenberg hoch, der inzwischen mit Dr. Sander telefoniert hatte und nun zustimmend nickte. Finn stand auf.
„Sascha, ich werde kurz rüber in den Gasthof gehen. Bleib du hier bei Magda, bis der Arzt bei ihr ist, okay? Ich hole dich dann hier wieder ab, alles klar?“
„Alles klar, Boss!“
Olaf Brockmann raufte sich die Haare, als Finn ihm kurz und knapp erklärte, was passiert war.
„Torben ist erst heute Morgen wieder zurückgekommen. Er muss die Fähre um neun Uhr genommen haben, also die zweite heute. Ich habe ihn kaum zu Gesicht bekommen, weil er gleich in seinem Zimmer verschwunden ist. Seit er … seit das mit Kira passiert ist, lässt er niemanden mehr an sich heran, auch mich nicht.“
„Wo zum Teufel kann er sie hingebracht haben, Olaf? So wie Magda die Sache beschreibt, kann er noch nicht lange mit ihr weg sein. Die 11-Uhr-Fähre, mit der wir gekommen sind, hat keine Passagiere von Sameland mitgenommen. Das habenwir noch beobachten können. Und in den zwei Stunden dazwischen hat keine andere Fähre die Insel verlassen.“
„Aber hier auf Sameland kann man sich eigentlich nicht richtig verstecken, Finn. Vielleicht ist er mit ihr zurück zu ihrem Haus? Da oben kommt doch sonst kaum jemand hin.“
Finn schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht, so durchgeknallt ist er auch wieder nicht. Er kann sich doch denken, dass ich gerade dort zuerst suchen würde.“
„Ja, du hast recht. Außerdem steht sein Wagen vor der Tür, und er wird sie ja kaum zu Fuß über die ganze Insel schleppen, das wäre selbst hier viel zu auffällig.“ Plötzlich schien Olaf Brockmann etwas einzufallen. „Verdammt!“, rief er plötzlich und rannte vor die Tür des Gasthofes und dann ein gutes Stück auf den kleinen Hafen zu. Finn folgte ihm auf dem Fuße. Schließlich blieb Olaf etwas atemlos stehen und starrte hinaus auf die Ostsee.
„Das Boot ist weg, Finn! Torben hat den Kutter genommen!“
In Finns Kopf brauten sich bereits die schlimmsten Szenarien zusammen. Sein Puls raste, und ihm brach der kalte Schweiß aus. Doch sein Gehirn arbeitete bereits auf Hochtouren.
„Kannst du mir ein Boot besorgen, Olaf? Ein möglichst schnelles Boot – und ich brauche es sofort!“ Finn suchte mit Blicken sogleich die See ab, aber weit und breit war nichts zu sehen.
„Gib mir fünf Minuten!“ Olaf Brockmann rannte los, während Finn bereits sein Handy aus der Hosentasche zog und Sascha anrief.
„Ist mit Magda alles in Ordnung? Gut! Komm sofort runter zum Hafen, Sascha! Ich brauche dich jetzt hier.“
Kira wagte es noch nicht, die Augen zu öffnen, denn sie hatte eine unglaubliche Angst davor, was sie sehen könnte, wenn sie es doch tat. Das Letzte, woran sie sich erinnern konnte, war, dass Torben plötzlich in Magdas Wohnung gestanden und Magda im selben Augenblick blutend auf dem Boden gelegen hatte. Danach erinnerte sie sich an nichts mehr.
Schmerzen hatte sie keine, wie sie sofort erleichtert bemerkte. Doch sie fror erbärmlich und hatte einen ekelhaften Geschmack im Mund. Obendrein war ihre Kehle wie ausgedörrt.
Die Kälte war das Schlimmste, denn sie schlotterte bereits am ganzen Leib. Plötzlich nahm sie die unverkennbare Bewegung der See wahr, die sich in ihrem Körper fortsetzte, und hörte das leise Klatschen der Dünung an der Bordwand. Der Schreck fuhr ihr so heftig in die Glieder, dass sie nun doch die Augen öffnete. Zunächst bemerkte sie, dass ihre Arme nackt waren. Sie konnte fühlen, dass die Jeans, die sie heute Morgen getragen hatte, verschwunden war. Als sie ihren Kopf ein wenig anhob und an sich heruntersah, stellte sie fest, dass sie stattdessen nur ein hauchdünnes schneeweißes Seidenkleid trug. Eine heftige Übelkeit stieg ihr die Kehle hoch. Sie atmete einige Male tief ein und aus, um zu verhindern, dass sie sich erbrach.
„Schön, dass du endlich wach bist, mein Schatz“, sagte eine männliche Stimme, die sie sofort als die von Torben Brockmann erkannte. „Ich habe mir schon Sorgen darüber gemacht, dass du vielleicht unsere große Stunde verschlafen könntest.“
Kira wandte ihm ihren Kopf zu und registrierte erst jetzt, dass ihre Hände
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