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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Genugtuung, weil es bewies, daß wir auf dem richtigen Weg waren und daß Adenauer seine Vorbehalte von 1958 zurückgenommen hatte.« Er ist, nach der Rückkehr aus Polen, nun doch mittendrin in der Politik. Und er gibt Konrad Adenauer zu verstehen, dass die Polen diesmal erst recht eine Antwort erwarten. Immerhin sind sie von ihren Maximalforderungen abgerückt, die bis dato lauteten: keine Verbesserung der Beziehungen ohne Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze und Austausch von Botschaftern. Cyrankiewicz’ Botschaft bewegt sich vielmehr auf der Linie der kleinen Schritte, wie sie Beitz für realistisch hält: Eröffnung von Konsulaten, eines deutschen Kulturhauses in Warschau, intensiverer Handel, Blick nach vorn. Adenauer wiederum beauftragt Beitz, »die Möglichkeit der Errichtung fester Handelsbeziehungen unterhalb der Generalkonsulatsbeziehungen zu erkunden«. Es ist der »richtige Weg«, wie Berthold Beitz glaubt. Doch leider führt er in ein diplomatisches Desaster.
    Es beginnt damit, dass Adenauer der CDU / CSU -Fraktion im Bundestag ausführlich die Reise von Beitz schildert und erklärt, er halte es für wünschenswert, dass »es zu einer Verbesserung der Beziehungen zu Polen komme«. Die Abgeordneten reagieren kühl. Ausgerechnet des Kanzlers Pressechef Felix von Eckardt teilt den Journalisten im Anschluss mit, der Kanzler habe »nur allgemein gesprochen«. Und Außenminister von Brentano lässt seinen Staatssekretär, den späteren Bundespräsidenten Karl Carstens, der in Warschau wegen seiner früheren NSDAP -Mitgliedschaft wenig Ansehen genießt, vor dem Auswärtigen Ausschuss erklären, die Bundesregierung denke nicht daran, konkrete Schritte zur Herstellung besserer Beziehungen zu Polen zu unternehmen. Schließlich scheint Adenauer selbst die Beitz-Mission eher als innenpolitischen Versuchsballon zu nutzen. Jedenfalls orakelt er, »zunächst müssen wir wissen, was wir wollen, und dann, was die Polen wollen«. Theo Sommer schreibt in der Zeit , die Bundesregierung mache »böse Miene zum guten Spiel«.
    Wenn schon die Bundesregierung nicht beweglich ist, der kommunistische Parteiapparat ist es erst recht nicht, und im Kalten Krieg erfrieren Frühlingsblüten schnell unter neuem Frost. Beitz, der schon am 23. Januar 1961 erneut nach Warschau fliegt, bekommt das zu spüren. Diesmal gibt es keinen Riesling im Gartenschlösschen, sondern nur eine Arbeitssitzung in einem nüchternen Konferenzzimmer des polnischen Ministerrates. Beitz’ Vertrauter Hundhausen, abermals dabei, registriert beinahe erschrocken, »daß sich die ganze Gesprächssituation sehr stark verschlechtert hat. Schlechter als jemals.« Inzwischen ist keine Rede mehr von Konsulaten als erstem Schritt zur Annäherung. Cyrankiewicz, von dem die Idee doch stammte, sagt nun: »Konsulate können als Ersatz für diplomatische Beziehungen ausgelegt werden … und wir wollen keinen Ersatz.«
    Frustriert fliegt Beitz zurück nach Bonn, nur um dort zu erfahren, was Kanzlersprecher von Eckardt diesmal vor der Bonner Bundespressekonferenz von sich gegeben hat. Ob der Industrielle im Auftrag des Kanzlers reise, wollten die Journalisten wissen. Von Eckardt: »Nein, Herr Beitz hat keinen Auftrag.« Adenauer distanziert sich einmal mehr von seinem unglücklichen Sprecher und lässt ein Schreiben an die Presse schicken, das er in Beitz’ Anwesenheit verfasst hat: »Herr Berthold Beitz hat mit Billigung des Bundeskanzlers und des Auswärtigen Amtes zwei Reisen nach Warschau unternommen. Nach Rückkehr hat er dem Bundeskanzler berichtet. Es ist vorgesehen, daß nunmehr weitere Besprechungen zwischen amtlichen Stellen stattfinden.« Im Bundeskabinett sagt er wiederum, der Essener sei »mit seiner Zustimmung, aber nicht im amtlichen Auftrage« gereist.
    Beitz hat die Situation freilich ganz anders in Erinnerung. Wie er heute berichtet, sei er schon im Vorfeld der zweiten Warschau-Reise, also jener vom Januar 1961, vom nordrhein-westfälischen CDU -Innenminister Josef Hermann Dufhues gewarnt worden: »Vorsicht, Herr Beitz! Der Alte bescheißt Sie!« Daraufhin habe er Adenauer um eine schriftliche Bestätigung gebeten, dass er in seinem Auftrag nach Polen reise. »Och, das ist nicht nötig«, habe der Kanzler in jovialem Rheinisch erwidert, aber auf Beitz’ Drängen dennoch ein entsprechendes Schreiben aufgesetzt. Als sich Beitz nach seiner Rückkehr bei Adenauer über das Dementi des Pressechefs beklagte, habe der Kanzler »erst einmal laviert«. Da, so Beitz,

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