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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Bericht über die Begegnung heißt. »Der Minister erwiderte, daß es die Initiative von Beitz selbst gewesen sei, daß er sich aber vor seiner Reise mit dem Kanzler konsultiert habe. Der Präsident fragte dann, ob weitere solche Gespräche geplant seien, weil die USA lebhaft an einer Verbesserung der polnisch-deutschen Beziehungen interessiert seien.«
    Brentano bejaht zwar, ist aber durchaus besorgt um die deutsche Position, welche von Polen die Wiederherstellung der Grenzen von 1937 fordert. In den USA ist das Interesse an den nationalen Träumen der Deutschen gering, selbst wenn Chruschtschow in seinen Reden herausfordernd sagt, man müsse »endlich fixieren, was im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges geschehen« sei, nämlich die deutsche Teilung und Polens Westgrenze. Aus Sicht von Peter Bender empfahl er damit, »einen Zustand rechtlich zu bestätigen, über den zwischen den Siegermächten längst unausgesprochen Einigkeit herrschte«.
    Kennedy wird Beitz übrigens im Juni 1963 bei seinem Deutschlandbesuch noch kennenlernen und hinterher sagen: »Endlich mal ein unverkrampfter Deutscher.« Beitz lacht, wenn er daran zurückdenkt: »Na ja, ich war ganz locker, ich hatte keinen Grund, verkrampft zu sein.« Sie vereinbaren ein weiteres Treffen. Wenige Wochen vor dem tödlichen Attentat auf Kennedy in Dallas 1963 kommt Beitz zu einem halbstündigen Gespräch ins Weiße Haus, wo sie »Wirtschaftsfragen« erörtern und wohl auch die Verkaufsauflage und die ökonomischen Beziehungen des Westens zu Polen. Da ist Adenauer schon abgetreten, und Beitz sieht Hoffnung, die diplomatische Selbstlähmung der Bonner Regierung Warschau gegenüber zu lockern, zumal der US -Präsident am Schicksal Polens engen Anteil nimmt.
    In eigener Sache kehrt Berthold Beitz bereits im Juni 1961 nach Polen zurück – auf die Posener Messe, wie stets. In Berlin zeichnet sich derweil die nächste Krise zwischen Ost und West ab – die SED -Führungsclique um Ulbricht plant heimlich den Bau der Mauer. Aus Posen berichtet der Veteran der deutschen Polen-Korrespondenten, Hansjakob Stehle, ausführlich von einem Treffen zwischen Beitz, Cyrankiewicz und dem mächtigsten Mann im Land, Parteichef Gomulka: »Berthold Beitz, mit verschränkten Armen auf dem Krupp-Stand harrend, blickte den Polen mit zuversichtlichem Lächeln entgegen. Dann die alljährliche Szene: Den linken Daumen lässig in der Westentasche, trat Beitz erst dann genau zwei Schritte vorwärts, als Cyrankiewicz schon seinen Fuß auf den Krupp-Stand setzte und die Hand ausstreckte. Eine unnachahmliche Kombination von Würde und Pose, nichts von Beflissenheit. Im allgemeinen Gedränge lotste Beitz fast unbemerkt die Polen durch eine Glastür seines Standes. Es gelang uns gerade noch durch diese Tür zu kommen, ehe sie sich schloß, von handfesten jungen Leuten mit den drei Krupp-Ringen am Rockaufschlag bewacht. Doch schon verschwand Beitz mit seinen Gästen hinter einer zweiten Tür. Eine Leuchtschrift flammte auf: ›Nicht eintreten‹.«
    Nicht nur die Presse bleibt draußen. Ein Spiegel -Reporter bemerkt einen kleinen, älteren Herrn, der nervös vor der verschlossenen Tür auf und ab geht, aber nicht eingelassen wird. Schließlich resigniert er und trinkt mit den Bodyguards Gomulkas Fruchtsaft am Krupp-Stand. Es ist Edgar Schulz-Finke, Ministerialrat aus dem Bonner Wirtschaftsministerium, den die bundesdeutsche Regierung nach Posen entsandt beziehungsweise zu Beitz ins Flugzeug gesetzt hat. Der unglückliche Beamte ist nicht offiziell avisiert worden, da die Hallstein-Doktrin Kontakte auf Regierungsebene mit Ostblockländern untersagt. Beim abendlichen Essen fragt Beitz die Gastgeber, wo denn der Ministerialrat abgeblieben sei. »Wir haben nichts mit ihm zu tun«, lautet die Antwort.
    Im Gespräch mit den polnischen Regierungsspitzen unterbreitet Beitz einen interessanten Vorschlag. Die Polen wollen westdeutsche Industriegüter einführen; diese, so Beitz, könnten doch über Westberliner Niederlassungen geliefert werden, im Gegenzug könnten die Polen die westliche Exklave mit Überschüssen aus ihrer großen Landwirtschaft versorgen, ein Geben und Nehmen über das Gebiet der DDR hinweg. Beitz sieht in dem Szenario eine »doppelte Sicherung« gegen eine erneute Blockade Berlins. Und wäre der Plan Wirklichkeit geworden, vielleicht, so spekuliert Beitz, »hätte der 13. August ganz anders ausgesehen«.
    Die Zeit ist nicht reif für seinen Vorschlag. Die Posener Messe ist noch nicht

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