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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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vorüber, als Adenauer sogar die Planungen für einen Handelsvertrag mit Polen platzen lässt. An die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Bonn und Warschau ist ohnehin bis auf weiteres nicht zu denken. Es gibt zwar einen gewissen Handel auf Firmenebene, und ein Vertrag würde den Geschäften amtliche Weihen geben und viele bürokratische Hindernisse aus dem Weg räumen. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass man überhaupt offiziell mit den Polen spricht. Ebendas scheint dem Kanzler kurz vor den Bundestagswahlen im September 1961 mit Blick auf die konservative Wählerschaft zu riskant. Entsprechend bitter fällt der Abschied aus. KP -Chef Gomulka bittet Beitz, »den Genossen Adenauer« zu grüßen: »Wir haben nichts wieder aus Bonn gehört, Herr Beitz. Wir haben es nicht nötig zu warten. Wir haben genug Freunde in der Welt.«
    Der Bau der Mauer am 13. August 1961 ist naturgemäß ein schwerer Rückschlag für alle Versöhnungsversuche gegenüber dem Osten. Beitz: »Unter diesen Bedingungen schienen die deutschen Ostkontakte kaum fortsetzbar zu sein, und wir waren damals durchaus unsicher, ob diese ersten Reisen nicht nur Episode bleiben würden.« Er lässt Hundhausen die Teilnahme aller Krupp-Firmen an der Leipziger Frühjahrsmesse 1962 absagen: »Die Leute drüben können sich doch nicht so aufführen. Jetzt ist die Grenze erreicht, über die wir nicht gehen können.« Doch jenseits der DDR knüpft er seine Fäden unverdrossen weiter.
    KRUPPS MANN IM KREML:
DER BESUCH BEI CHRUSCHTSCHOW
    Dabei setzt Beitz auf einen neuen Mann in Bonn, den hochbegabten, einzelgängerischen CDU -Außenminister Gerhard Schröder (1910–1989), der nach der Bundestagswahl im Herbst 1961 dem Hardliner Brentano folgt. Schröder wird bis zur Großen Koalition 1966 im Amt sein und unternimmt, von 1963 an durchaus mit Unterstützung von Adenauers Nachfolger Ludwig Erhard, erste kleine Schritte und Versuche der Annäherung Richtung Osten. Schröder gilt als »Atlantiker«, also als Fürsprecher einer engen Anlehnung an die USA , was aber auch bedeutet, dass er Kennedys Haltung teilt, besonders Polen entgegenzukommen. Die USA haben in der Berlin-Krise 1958 und beim Mauerbau 1961 eines klar demonstriert: Sie werden den Westen Deutschlands und Berlins im Notfall zwar beschützen, aber wegen Ostberlin und der DDR keine bewaffnete Auseinandersetzung mit Moskau riskieren. Schröder und mit Abstrichen auch Erhard erkennen das und versuchen eine »Politik der Beweglichkeit«.
    Unverhofft kommt es zu einer Begegnung, die den Wirtschaftsdiplomaten Beitz zum Verdruss seiner Gegner enorm aufwerten wird, und zwar während seiner zweiten Moskau-Reise im Mai 1963. Er will, begleitet von Krupp-Direktor Hans Moll und dem Osteuropa-Beauftragten Joachim Wrede, zwei aus Essen gelieferte Kunstfaserfabriken in Tula und Kursk besichtigen und mit Mikojan über Folgeaufträge verhandeln. Da erhält er jäh eine Einladung in den Kreml – Chruschtschow möchte ihn kennenlernen.
    Das ist auch für Beitz überraschend. Er kennt Chruschtschow nicht persönlich und war nicht dabei, als der Herr des Kreml 1959 am Krupp-Stand der Leipziger Frühjahrsmesse auftauchte und einen Toast auf die Firma Krupp und die guten Beziehungen mit ihr aussprach. Damals musste Beitz dem Druck des Auswärtigen Amtes nachgeben: Keinesfalls dürfe er dort den sowjetischen Staatschef treffen, da »dies unsere politische Linie störe«. Beitz fügte sich, da er keinen weiteren Großkonflikt mit dem Kanzler provozieren wollte. Das alles geschah zu einer Zeit, da der selbstbewusste Chruschtschow das kommunistische Lager durch immer neue Kraftproben mit dem Westen stärken wollte, wie durch die Berlinkrisen von 1958 und 1961; 1962 führt der Versuch des Kreml, Atomraketen auf der Revolutionsinsel Kuba zu stationieren, die Großmächte an den Rand eines bewaffneten Konflikts.
    In der Kubakrise siegte am Ende das Durchhaltevermögen Kennedys, in Europa aber hat der barbarische Berliner Mauerbau das sozialistische Lager konsolidiert. Die DDR ist nun eine, wenn auch eingezäunte, Realität, es gibt keine Flüchtlingsströme mehr, die deutsche Frage ist im wahrsten Sinne des Wortes einzementiert. Der Ost-West-Konflikt beginnt sich zu entschärfen. Kennedy bringt das in einer Grundsatzrede vor der American University, zwei Wochen vor seinem berühmten Besuch in Berlin Ende Juni 1963, auf den Punkt: »Wenn wir unsere Differenzen jetzt nicht überwinden können, können wir doch dazu

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