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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Tode wie im Leben. Berthold Beitz, sein Vertrauter, und Arndt, der Sohn, der das Vertrauen des Vaters niemals gefunden hat, eilen nach Essen zurück. Beitz lässt das Haus Alfrieds bewachen, nichts soll angerührt, nichts fortgenommen werden. Außerdem holt er Kurt Schoop auf den Hügel zurück, seinen alten Protokollchef, der erst kurz zuvor an die Spitze der Düsseldorfer Messe gewechselt ist. Beitz bittet Schoop, für eine würdige Trauerfeier zu sorgen.
    Der herbeigeeilte Schoop begleitet Beitz in die untere Halle der Villa Hügel, wo der Leichnam aufgebahrt ist. Über Stunden steht Berthold Beitz in der Nacht am Sarg, eine einsame Totenwache. Er denkt an den Mann, den er so sehr geschätzt hat, und an dessen von Traurigkeit und Tragik überschattetes Leben. Er weiß, was er dem Verstorbenen verdankt. Und nun wird er das Erbe des letzten Krupp antreten – in ideeller Hinsicht als Hüter des Konzerns im Sinne des alten Patriarchen, in juristischer Hinsicht als Testamentsvollstrecker, in hierarchischer Hinsicht als Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung, die nun Inhaberin des Großunternehmens Krupp ist. Eben das war Alfried Krupps letzter Gunstbeweis für seinen Weggefährten gewesen, festgelegt in seinem letzten Willen: die Verfügungsgewalt über die Stiftung, daran kommt niemand vorbei. Und Kurt Schoop denkt in dieser Nacht, als er ihn regungslos vor dem Sarg stehen sieht: »Nun ist Beitz ein Krupp geworden.«
    Der Spiegel entsendet Gerhard Mauz, einen seiner besten Reporter, zur Trauerfeier. »Einmal nur«, berichtet er, »zu Beginn der Feier, war Schmerz, war ein Gefühl zu spüren. Berthold Beitz, der Generalbevollmächtigte, der Freund hatte gesprochen, überlaut, mitunter eine Silbe, einen Buchstaben verlierend oder zerquetschend, in der angestrengten Mühe, Fassung zu wahren, und gequält davon, sprechen zu müssen, wo er nur schweigen mochte.« Berthold Beitz setzt dem Vertrauten einen Epitaph, ein letztes Wort aus vollem Herzen: »Die tiefe menschliche, freundschaftliche Verbundenheit, die er mir schenkte, macht mir das Reden schwer … Ich habe mit Alfried Krupp von Bohlen und Halbach einen Freund verloren … Alfried Krupp wird auch Leitbild für meinen künftigen Weg sein. Sein Wille, die Einheit der Firma zu wahren, ist sein Vermächtnis an uns. Wir nehmen es an als bleibende Verpflichtung.«
    Das wird nicht jeder gern hören, der dabei ist. Unter den vielen Trauergästen aus Politik und Wirtschaft befinden sich auch Abs und Sohl. Und da ist natürlich die Familie, die noch nicht begreift, wie endgültig dieser Abschied der von Bohlen und Halbachs vom Unternehmen sein wird.
    DER BUND:
BERTHOLD BEITZ UND ALFRIED KRUPP
    Es war ein ungewöhnlicher Bund, den diese so ungleichen Männer geschlossen hatten: Alfried Krupp war Spross der mächtigsten Industriellenfamilie des Deutschen Reiches, Beitz ein Kind aus sehr bescheidenen Verhältnissen. Der eine wuchs auf im Herzland industrieller Macht, der andere in der tiefsten Provinz am Meer. Krupp war von der Wiege an bestimmt, ein bedeutsamer Mann zu werden – ein Privileg und eine Bürde zugleich; Beitz trug solche Bürden nicht und nutzte die Chancen, die sich ihm boten. Der Firmenchef war schwermütig, einsam, verborgen hinter einem Wall aus Schweigen, den er selbst errichtet hatte; sein Generalbevollmächtigter war heiter, charmant, ein Mann von gewinnender Beredsamkeit. Der eine kam in seinen besten Momenten mit dem Leben zurecht, der andere wusste es selbst in schlechten Zeiten noch zu genießen. Dem Älteren waren die Menschen wenig recht und eine Last; der Jüngere liebte die Familie und die Geselligkeit. Und natürlich verkörperte Alfried Krupp für sehr viele Kritiker die dunkle Seite Deutschlands. Berthold Beitz hingegen hätte für sehr viele Menschen und sehr zu Recht das bessere Deutschland verkörpert, doch wollte er diese Rolle nicht spielen und behielt seine Geschichte für sich.
    Das sind gewaltige Unterschiede. Und doch gab es manches, was sie verbunden hat.
    Beide waren von der Zeit des Krieges und schlimmen Erfahrungen geprägt, vielleicht sogar traumatisiert, obwohl keiner von ihnen das jemals so genannt hätte. Alfried Krupp erlitt die Kälte des Elternhauses, die Fremdbestimmung in einer Familie, die alles besaß außer dem wärmenden Gefühl der Geborgenheit, er büßte in Nürnberg anstelle des Vaters. Die Folge waren Distanz zu anderen Menschen und vor allem ein tiefes Misstrauen. Berthold Beitz wiederum war Alfried Krupp von

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