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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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    Auf einem Abschiedsempfang sagt Beitz: »Als Fremde kamen wir, als Freunde scheiden wir.« Und zurück in Deutschland, lautet sein Resümee: »Unser Chinabild hat sich grundlegend geändert. Es gibt ein chinesisches Sprichwort, das heißt: Einmal sehen ist besser als hundertmal hören. Das hat sich bewahrheitet.« Gleich nach seiner Rückkehr aus China reist Beitz nach Bonn zu Willy Brandt, um persönlich zu berichten. Der Journalist und Kanzlerberater Klaus Harpprecht ist zugegen, scheint aber von den inhaltlichen Ausführungen des Chinareisenden weniger gefesselt zu sein: »5. Juni 1973 … Die konkreten Ergebnisse der Industrie-Reise mager, aber er ist beeindruckt vom Fleiß und der Disziplin der Chinesen. Ahmt auf hübsche Weise mimisch die Frühgymnastik der Chinesen nach.«

Einsame Entscheidungen:
Der Konzernlenker (1973–1983)
    »MAJESTÄT, HABEN SIE DAS SPIEL GESEHEN?«:
BEITZ’ COUP IM IRAN ( 1974/1976 )
    Die beiden Herren sind in den besten Jahren, und sie tun das, was in diesen Tagen viele Millionen Menschen rund um die Welt machen. Sie reden über Fußball. Genauer: Über die soeben beendete Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland und das dramatische Finale im Münchner Olympiastadion. Elfmeter für Holland, 1:0; Ausgleich ebenfalls per Elfer durch Paul Breitner, und dann die 43. Minute, kurz vor der Halbzeitpause: Der kleine Bayernstürmer Gerd Müller täuscht die Abwehr der Niederländer mit einer seiner unnachahmlichen, blitzschnellen Körperdrehungen, Flachschuss: 2:1 – und dabei bleibt es bis zum Schlusspfiff. Knapp war der Sieg schon, da sind sich die zwei einig, recht knapp sogar, wenn auch verdient. Eine halbe Stunde fachsimpeln so Reza Pahlevi, Schah von Persien, und Berthold Beitz, Vorsitzender des Aufsichtsrats von Krupp aus dem fernen Ruhrgebiet. Dann kommen sie zum Geschäft.
    Beitz und der Schah sitzen im kaiserlichen Palast zu Teheran, allein und ohne einen Tross von Experten und Ratgebern. »Wir konnten sehr gut miteinander«, erinnert sich Beitz. Jedenfalls hat er das Gespräch mit der bemerkenswerten Frage eröffnet: »Majestät, haben Sie das Spiel gesehen?« Er glaubt bis heute, dass die siegreiche Nationalelf von München seinem Land wie auch seinem großen Deal mit den Iranern sehr von Nutzen gewesen ist. »Ich bin überzeugt, dass der deutsche Sieg auch wirtschaftliche Auswirkungen gehabt hat – er stand für die Tüchtigkeit, das Können Deutschlands. Hätten wir 0:3 verloren, hätten wir ganz anders dagestanden. Oft haben solche Kleinigkeiten eine große symbolische Wirkung.«
    Persien, das hat ihm der Schah zugesagt, wird mit 25,04 Prozent der Anteile bei den Krupp-Hüttenwerken einsteigen; und das ist, wie sich zeigen wird, erst der Anfang. Mit einem Schlag ist Krupp einige hundert Millionen Mark reicher, sind so alle Finanzprobleme des noch immer unterkapitalisierten Konzerns gelöst. Die Zukunft mag noch manche Probleme für den Riesen von der Ruhr bereithalten. Aber jetzt, denkt sich Berthold Beitz, als er den Palast verlässt und ins Teheraner Hilton-Hotel zurückgefahren wird, jetzt soll die Zukunft ruhig kommen.
    Wie schon nach dem China-Besuch unterrichtet Beitz auch nach dieser Reise als Erstes Willy Brandt, der inzwischen wegen der Guillaume-Affäre zurückgetreten ist. Beitz lädt Brandt auf sein Jagdhaus in der Eifel ein, wo er ihm bei einem langen Waldspaziergang von seinem Besuch am Pfauenthron und von dem Geldstrom aus Persien berichtet. Brandt ist voller Lob: »Das ist das erste Mal, daß ich davon höre, daß Ölgelder sinnvoll angelegt werden.«
    In der Tat kommt der Deal vor dem Hintergrund einer sich jäh verändernden außenpolitischen Lage zustande. Bis 1973 war Öl, der Treibstoff der westlichen Industrien, billig zu haben. Dann aber, am höchsten jüdischen Feiertag Yom Kippur, überfallen die Armeen Syriens und Ägyptens, hochgerüstet mit modernstem sowjetischem Material, ihren Erzfeind Israel und stoßen weit in die 1967 besetzten Gebiete auf dem Golan und dem Sinai vor. Der jüdische Staat entscheidet auch diesen Krieg am Ende militärisch für sich, den vorerst letzten, in dem es um seine schiere Existenz geht. Doch als Reaktion auf die massive US -Hilfe für Israel entdecken die arabischen Staaten eine neue Waffe, die sie effektiver zu gebrauchen wissen als SAM -Luftabwehrraketen und T-72-Panzer: Öl. Schlagartig wird der westlichen Welt klar, wie abhängig sie von den Lieferungen aus dem Nahen Osten ist. Die Importe verteuern sich um ein

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