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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Mitglied des Olympia-Organisationskomitees für 1972 vor. Man könnte nun meinen, der Kandidat sei im Krupp’schen Krisenjahr 1966 ausgelastet genug, aber die Aufgabe reizt ihn so sehr, dass er die Wahl annimmt. »Die beiden hat viel verbunden, zum Beispiel ein ausgeprägter Sinn für das Schöne, Ästhetische«, erinnert sich Irene Kunze, deren inzwischen verstorbener Mann Herbert Kunze Generalsekretär der Organisation für die Olympischen Spiele 1972 in München war. Sie »haben alle gut zueinander gepasst. Sie waren richtige Herren, keine Berufsfunktionäre. Das hat ein Teil ihres Erfolgs ausgemacht – die Ausstrahlung.«
    München als Austragungsort ist der ganz große Gewinner der Spiele, die Stadt erfindet sich neu und erlebt einen enormen Aufschwung, die olympischen Bauten wie das Stadion – dessen Segeldach übrigens von Krupp stammt – sind Denkmale der Architekturgeschichte. Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel ( SPD ) gilt der Presse als »Mr. Olympia«. So weit, so gut. Bleibt die Frage, wo die Segelwettbewerbe stattfinden – und was sie kosten sollen.
    Zwei Städte bewerben sich. Favorit ist Lübeck, die schöne alte Hansestadt mit dem Hafen Travemünde, ungleich attraktiver als das Aschenputtel Kiel. Das ist zwar Landeshauptstadt, aber geprägt von Werften und Industrie sowie einem ästhetisch wenig geglückten Wiederaufbau. Just dort aber, an der Inneren Hörn, lag auch die Krupp’sche Germania-Werft, die einst des Kaisers Schlachtschiffe bestückt hat. Dass Alfried Krupp dem sportlichen Ehrenamt seines Vertrauten zustimmt, hat auch damit zu tun, dass dieser Kiel ganz groß herausbringen will.
    Beitz votiert also für Kiel, und er gewinnt die Entscheidungsgremien schließlich für sich. Die Stadt würde nämlich die bessere Infrastruktur für die Wasserdisziplinen bieten, wenn man nur genug investiert. Und dazu ist er entschlossen: Was München kann, können wir hier auch. »Er hat hier allen schnell klargemacht: Mit ihm geht das nur auf höchstem Niveau«, erinnert sich Horst Dieter Marheineke, damals ein junger Assessor aus dem Kieler Rathaus und zunächst städtischer Olympiareferent für die Spiele, der bald ganz auf Beitz setzt. »Sein Elan hat alle mitgerissen und die Bedenkenträger beiseitegeschoben. Von denen gab es viele, wie es eben immer ist, wenn viele Institutionen mitreden wollen.«
    Als diese sich einmal ernsthaft beim Streit um die Entscheidung im Architektenwettbewerb für das neue Olympiazentrum Kiel-Schilksee verhaken, verlässt Beitz einfach den Konferenzsaal – und kehrt erst zurück, als er sich »gegen die Kieler Mafia«, so Marheineke pointiert über die örtlichen Seilschaften, durchsetzt. Marheineke kann den unverhofften Verbündeten gut gebrauchen, denn Kiels Stadtspitze um Oberbürgermeister Günther Bantzer will anfangs nicht viel Geld in die Spiele stecken. Das Olympiazentrum soll denkbar schlicht ausfallen. Beitz hat andere Ideen und holt den jung-dynamischen Marheineke 1969 ins olympische Organisationskomitee.
    So erlebt dieser die Verhandlungen mit, die sich um das Wichtigste drehen, das Geld. Hans-Jochen Vogel sagt noch lange später: »Im Münchner Rathaus sind seither die Balken verbogen wegen all der Lügen der Kieler Olympiabewerber, die mir versichert haben: Wir machen das ganz billig!« Vom Arbeitsstil her treffen hier, wenn man so will, zwei Philosophien aufeinander: die des Aktenverächters bei Beitz, die des Aktenkenners beim Münchner OB und NOK -Mitglied. Letzterer, so erinnert sich Marheineke, »ließ sich von einem Rathausboten zu jeder Sitzung zwei große Aktenstöße bringen. Die signalisierten: Ihr könnt mir hier erzählen, was Ihr wollt – ich habe alle Unterlagen da.« Am Ende aber wird Kiel, wie München, enorm von den Spielen profitieren. Über 150 Millionen Mark fließen zusätzlich in die Infrastruktur der Stadt. »Irgendwann war es wie in München«, so Marheineke, »das Geld war einfach da.«
    Daume ist so angetan von seinem Mitstreiter, dass er Beitz 1971 dem NOK als deutsches Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee vorschlägt, als Konkurrenten gegen den früheren Reit-Olympiasieger Josef Neckermann und andere Prominenz. Beitz, 1972 gewählt, demonstriert dem Gremium seinen Einfluss und sein Fingerspitzengefühl, als im Sommer 1971 der Vorsitzende des sowjetischen Komitees für Körperkultur, Sergej Pawlow, die Bundesrepublik besucht. Das NOK möchte einen Termin bei Willy Brandt organisieren, doch Kanzleramtsminister Horst

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