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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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aber Beitz tobt: »Das ist absurd. Was heißt denn hier geliehen. Frau Seebacher-Brandt will doch nur provozieren und diffamieren, damit sie im Gespräch bleibt.« Er ist, nach der Schilderung eines Insiders, so verletzt, dass er Rau zur Rede stellt, warum der Ministerpräsident ihm, dem verdienten Förderer Nordrhein-Westfalens, nicht öffentlich beistehe. Rau reagiert verärgert ob der jähen Vorwürfe des Freundes wegen eines Vorgangs, mit dem er gar nichts zu tun hat: »Wenn das so ist, kann ich auch wieder gehen.« Beitz, begütigend: »Ach, Sie wissen doch, wie ich bin.« Rau: »Ich bin auch so, wie ich bin.«
    Souverän ist das alles nicht. Es bedeutet aber auch nicht einfach die Unfähigkeit der Macht, andere Wahrnehmungen zu dulden. Hinter Beitz’ heftigen Abwehrreaktionen verbirgt sich der Wunsch eines Menschen, der schlimme Dinge gesehen hat – schlimmere, als sich viele andere vorstellen können –, die Kontrolle zu behalten, Verletzungen zu vermeiden oder auch nur das, was zu Verletzungen führen könnte. Insofern trifft auch auf ihn zu, was Golo Mann über die Familie Krupp schreibt: »Immer bleibt menschliche Wirklichkeit komplexer, als schlichte Thesen sein können.«

Der Herr der Ringe:
Berthold Beitz und die Olympischen Spiele
    SPIEL DER GROSSEN ENTWÜRFE: OLYMPIA 1972
    1972, an der Kieler Förde. Eine Yacht nähert sich mit geblähten Segeln dem streng abgeschirmten Olympiahafen. An Bord sind, wie Kurt Schoop sich erinnert, »neben der Crew einige sehr hübsche Mädchen im Bikini und Herr Henri Nannen«, der Herausgeber des Stern . Nannen begehrt Einlass ins olympische Areal, aber Schoop hat strenge Anweisung, niemanden hereinzulassen, und sei er noch so prominent. Schaulustige stören die Sportler. Heute erzählt Schoop: »Herr Nannen hat dann darauf bestanden, immerhin kenne er Herrn Beitz. Ich habe das übers Telefon ausgerichtet, aber Herr Beitz blieb hart: Keine Ausnahmen!«
    An Selbstbewusstsein mangelt es Berthold Beitz auch bei seinem schönsten und »wichtigsten Hobby« nicht, wie eine Sportzeitschrift schreibt, aber es ist weit mehr als ein Hobby, eine Nebentätigkeit und Leidenschaft zugleich: die des Olympia-Patrons. 1972 ist er Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees ( IOC ) und Vorsitzender des Segel-Ausschusses. Seinen getreuen alten Protokollchef Kurt Schoop hat er gleich mit an die Förde beordert, und dessen Einwände, dass er inzwischen als Leiter der Düsseldorfer Messe unabkömmlich sei, haben Beitz keine Sekunde gekümmert. Er hat Großes vor, und dafür setzt er, wie es seine Art ist, auf Menschen, denen er vertraut.
    Nicht wenige Olympiafunktionäre sind überrascht, als Beitz plötzlich in ihren Gremien auftaucht und die gewohnte Ordnung wie ein Wirbelwind durcheinanderbringt. Damals ist mitunter die gehässige Theorie zu hören, der von Abs und Vogelsang 1967 kaltgestellte Beitz habe eine neue Beschäftigung gesucht, um die Zeit zu füllen. Aber das ist nur Tratsch. Beitz hat die ersten olympischen Ämter noch mit Einwilligung Alfried Krupps angetreten. Von 1966 an bis zu den Spielen 1972 ist er Mitglied im Organisationskomitee für die Olympischen Spiele 1972, die in Deutschland stattfinden. Er hat sich schon seit seiner Jugend für Wassersport begeistert und für die versöhnliche, völkerverbindende Idee der Spiele. Schon als Krupps Generalbevollmächtigter unterstützt er die Sportler, und dabei lernt er Willi Daume kennen, den Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees ( NOK ). Der Dortmunder Eisenwerkbesitzer Daume, Mitglied der Handball-Olympiamannschaft von 1936, mit straff zurückgekämmtem Haar und meist wohlgelaunt, gilt als Vater der Spiele von München. Wie Beitz mag er das Aktenlesen nicht und dafür umso mehr die kühnen Strategien. »Ich liebe das Spiel der großen Entwürfe«, hat er einmal gesagt. Dass er NSDAP -Mitglied und während des Kriegs als Informant für den Nazi-Sicherheitsdienst tätig war, wird er gegen Ende seines Lebens Mitarbeitern der Universität Hannover berichten; öffentlich bekannt wird es durch eine Dissertation erst 2010, also 14 Jahre nach seinem Tod. Er will das freilich nur getan haben, um dem Kriegsdienst zu entgehen, und habe dem SD nur »Blödsinn« erzählt.
    Daume kommt mit dem gleichaltrigen Beitz bestens aus. Er ist als Präsident des Deutschen Sportbundes ein sehr mächtiger Mann, aber just überkreuz mit anderen Topfunktionären; deshalb schlägt er 1966 zur allgemeinen Verblüffung Berthold Beitz als

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