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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Universität Greifswald die Ehrendoktorwürde im Fach Medizin – er ist erst der dritte Westdeutsche, dem die DDR eine solche Ehrung zuteil werden lässt. Die Uni bedankt sich auf diese Weise für die großzügige Förderung durch die Stiftung. Es ist eine außergewöhnliche Geste, vermittelt durch Minister Mittag, und viele im Saal, die Ostdeutschen zumal, wissen nicht genau, wie sie sich bei dieser Feier für einen Mann verhalten sollen, der doch eigentlich als Klassenfeind gelten müsste. Die Zeit -Journalistin Nina Grunenberg beobachtet die Szene: »Der lockeren Haltung des Laureaten konnte sich am Ende niemand entziehen. Wie Jung-Siegfried zog Berthold Beitz an der Spitze der Professoren in die Aula ein – strahlend, sichtlich erfreut und stolz.«
    Vorsichtshalber hat er sich aber zuvor mit einem alten Deutschland-Experten unterhalten, mit Klaus Bölling, dem ehemaligen Regierungssprecher Helmut Schmidts und 1981/82 Ständigen Vertreter der Bundesrepublik in Ostberlin. Honecker, erinnert sich Bölling heute, habe Beitz einen Doktortitel in Politik verleihen wollen. »Aber ich habe ihm [Beitz; J. K.] abgeraten: Das geht nicht, sonst werden Sie hier als Marxist-Leninist vereinnahmt. Herrn Beitz war die Problematik auch gleich klar. Ich sagte ihm, richten Sie den Mittelsmännern doch aus, Erich Honecker möge ihn zum Dr. med. ernennen lassen – schließlich hat er für die Greifswalder Uniklinik viele teure Apparate gespendet.«
    Nach dem Besuch in Hubertusstock berichtet Beitz in Bonn Schmidts Berlin-Bevollmächtigtem Hans-Jürgen Wischnewski über die Gespräche mit Honecker und Mittag. Der Leiter des Arbeitsstabes Deutschlandpolitik, Hermann Freiherr von Richthofen, hält den Besuch in einem Protokoll für den Kanzler fest: »Er [Beitz] hat deutlich gespürt, daß GS [Generalsekretär] Honecker zum Gegenbesuch in die Bundesrepublik kommen will«; Honecker sei »an guten Beziehungen zur Bundesrepublik interessiert«. Unter vier Augen habe Beitz auch gefragt, warum der rheinland-pfälzische CDU -Ministerpräsident Bernhard Vogel wegen kritischer Äußerungen über die SED nicht in die DDR einreisen durfte: »Honecker habe bestätigt, daß das DDR -Außenministerium aus einer Verärgerung über Dr. Vogel heraus diese Entscheidung getroffen habe und davon nicht mehr heruntergekommen sei.« Beitz hat Honecker dem Bericht zufolge auch gefragt, warum die Sicherheitsmaßnahmen beim Besuch von Bundeskanzler Helmut Schmidt in Güstrow so »übertrieben« gewesen seien. Bei seiner DDR -Reise im Dezember 1981 war der Kanzler durch ganze Spaliere von Volkspolizisten gefahren, als sei das winterlich-dunkle Land von niemand anderem bewohnt. Honecker hat sich zwar in Ausreden geflüchtet, aber Richthofens Fazit bleibt: »Herr Beitz versteht es sehr gut, mit GS Honecker umzugehen.«
    Anders als unter Adenauer wird Beitz von der Bundesregierung aber nicht mehr gebeten, persönlich heikle Anfragen zu übermitteln. Auf der DDR -Seite sieht das anders aus, zumindest in einem Fall. Werner Großmann, hinter Markus Wolf zweiter Mann der geheimnisumwitterten »Hauptverwaltung Aufklärung«, also der DDR -Auslandsspionage, kontaktiert Beitz nämlich einmal in höchst geheimer Mission. In den späten siebziger Jahren trägt sich das Politbüro mit dem Gedanken, Günter Guillaume auszutauschen, den Kanzleramtsspion, über dessen Verrat Willy Brandt 1974 gestürzt ist. Da fügt es sich, dass DDR -Außenhandelsminister Heinz Behrendt einen guten Draht zu Berthold Beitz hat und diesen zu einem diskreten Mittagessen im Prinzessinnenpalais Unter den Linden einlädt. Da sitzen die drei Männer also in gepflegter Umgebung – Beitz, Behrendt und Großmann, der darüber später in seinen Memoiren schreibt: »Beitz hört sich meine Bitte an und verspricht, den Bundeskanzler bei passender Gelegenheit zu fragen, ob er einen Austausch unterstützen wird.«
    Einen Monat später legt die Germania VI in Stralsund an. Beitz ist auf Ostseetörn. Im Hafen wartet ein bulliger Mann vor einem Lada: Werner Großmann. Die Männer begrüßen sich, Beitz steigt ein, und die beiden fahren zu einem einsamen Landgasthof. Hierzu schreibt Großmann: »Wir plaudern bei Würstchen und Kartoffelsalat. Schmidts Antwort ist knapp: Guillaume soll seine Strafe absitzen. Berthold Beitz segelt weiter.«
    Guillaume, 1975 zu 13 Jahren Haft verurteilt, kommt später dennoch vorzeitig aus dem Rheinbacher Gefängnis heraus. Bei einem Agentenaustausch 1981 kehrt er in die DDR

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