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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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letztlich aber das gemeinsame Projekt, den olympischen Traum wiederzubeleben. Die nächsten Spiele sollen 1988 in Seoul stattfinden, der Hauptstadt Südkoreas. Korea aber ist ein geteiltes Land, im Norden regiert ein erstarrtes kommunistisches Regime, im Süden eine prowestliche, allerdings stark autoritäre Regierung, die nicht einmal Beziehungen zu den Staaten des Ostblocks unterhält. So geht im IOC die drängende Sorge um, die Spannungen zwischen den Blöcken könnten die Spiele endgültig irreparabel beschädigen.
    Samaranch und das IOC wollen die sozialistischen Staaten in die olympische Gemeinschaft zurückholen, Moskau aber lässt die Antwort bewusst offen. In dieser Phase nutzt Beitz erneut sein gutes Verhältnis zu den Staaten des Ostblocks. Bei einer Moskau-Reise im Jahr 1985 wirbt er für die Teilnahme der Ud SSR ; und im selben Jahr hilft er, Erich Honecker für die Rettung der Spiele zu gewinnen. Die DDR , sagt Beitz zu ihm, könne nur an Reputation und Ansehen gewinnen, wenn sie für Seoul 1988 bereits zusage. Honecker erkennt in dieser Frage seine Chance; nicht ohne Geschick betreibt er, dessen baldigen Sturz 1989 wohl niemand für möglich hält, die internationale Aufwertung der DDR , die schließlich in seinem Besuch in der Bundesrepublik 1987 gipfeln wird. Die Olympiafrage eignet sich ideal für diese Politik. Sagt die DDR für Seoul zu, würde das weltweit beachtet: als ein selbstbewusster Schritt der Eigenständigkeit und noch dazu als eine Geste für Frieden und Verständigung, die der SED doch angeblich so am Herzen liegen. In Ostdeutschland selbst ist ein Boykott ohnehin nicht populär, der hochgezüchtete DDR -Sport ist im Medaillenspiegel stets ganz oben dabei, übertroffen nur von der UdSSR . Das Thema Seoul 1988 ist andererseits politisch nicht brisant genug, um einen wirklich ernsthaften Konflikt des Kreml mit seinem ostdeutschen Musterstaat zu provozieren. Deshalb kündigt die DDR im Juni 1985 auf der IOC -Sitzung im Berliner Palast-Hotel ihre Teilnahme an. Beitz, notiert die »Hall of Fame des deutschen Sports«, habe »dabei die Figuren mit geführt«.
    Noch aber stehen die Ostdeutschen allein im sozialistischen Lager. Im November 1986 ist Samaranch zu Gast bei Honecker, und der Staatsratsvorsitzende bestätigt ihm laut Protokoll: »Unsere Sportler werden nach Seoul fahren.« Es komme jetzt darauf an, »die Wolken beiseite zu rücken, die die Durchführung der Olympischen Spiele 1988 beschatteten. Deshalb habe er auch mit Berthold Beitz über die Frage gesprochen … Genosse Honecker betonte, daß er mit Dr. Beitz ein fast freundschaftliches Verhältnis habe. Genosse Honecker stellte fest: ›Sie, Herr Präsident, wollen niveauvolle Spiele, wir auch.‹« Niveauvoll heißt: unter Beteiligung der olympischen Sportmacht DDR .
    Honecker behauptet weiter, er habe erst wenige Tage vor Samaranchs Visite bei einer vom sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow geleiteten Beratung der KP -Generalsekretäre aller kommunistischen Staaten die Olympiafrage diskutiert. »Durch den Genossen Fidel Castro«, so das Gesprächsprotokoll weiter, »sei die Frage der Teilnahme an den Olympischen Spielen 1988 in Seoul aufgeworfen worden. Genosse Gorbatschow stellte dazu fest, daß es noch nicht notwendig sei, eine Meldung abzugeben. Er [Honecker; J. K.] habe darauf geantwortet, daß das NOK der DDR bereits seine Zusage erteilt habe, an diesen Spielen teilzunehmen. Damit sei er der einzige gewesen, und er habe sich dadurch in einer etwas schwierigen Situation befunden.« Kubas Staatschef Castro, der sich als Führer der sozialistischen Staaten in der Dritten Welt sieht, will eine Beteiligung Nordkoreas an den Spielen erreichen, was nicht am IOC scheitern solle, so meinte Beitz zu Honecker, wie dieser nun berichtet. Am Ende wird die weltfremde Führung in Pjöngjang das Projekt durch unerfüllbare Forderungen scheitern lassen. Ansonsten sind 1988 Ost und West wieder bei den Spielen dabei. Die olympische Idee ist nach einem Jahrzehnt der Bedrängnisse gerettet. Die DDR gewinnt 37 Goldmedaillen und belegt Platz zwei der Nationenwertung. Es wird ihr letzter internationaler Triumph sein.
    Auch Beitz’ Werk ist nun abgeschlossen; am 26. September 1988 feiert er seinen 75. Geburtstag, und damit, so verlangt es die Satzung, ist seine aktive Zeit im IOC zu Ende. Er bleibt auch nach 1988 den Spielen als IOC -Ehrenmitglied eng verbunden und hilft Samaranch später, das nötige Geld für das Olympische

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