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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Wilhelm II . anerkennend nickend und in Pickelhaube geschritten ist. Die Häuser haben den Bombenkrieg und später die Abrisswut der siebziger Jahre überstanden.
    1967, als die Stiftungsidee Gestalt annimmt, lebt der letzte Krupp noch. Es mag wie ein Klischee klingen, doch für ihn war es keines: Er betrachtete die Belegschaft des Unternehmens als große Familie. Und Mitglieder der eigenen Familie verstößt ein anständiger Mann nicht, wenn ihnen etwas misslingt. Der Krupp-Arbeiter der frühen sechziger Jahre kann noch in einer der schönen alten Werkswohnungen leben, in der Krupp’schen Konsumanstalt einkaufen, zum Werksarzt gehen oder in schlimmeren Fällen in die Kruppschen Krankenanstalten, und soziale Vergünstigungen aller Art genießen. Das ist die Welt, mit der Alfried Krupp groß geworden ist. Deshalb weigert er sich trotz Beitz’ gelegentlicher Mahnungen, unrentable Betriebsteile zu schließen oder sich gar von der Schwerindustrie zu verabschieden. Die Stiftung, Alfried Krupps letzter Wille, ist nur die logische Konsequenz seiner sozialen Überzeugungen – und sie ist damals, als es noch nicht wie vierzig Jahre später ein verbreitetes Stiftungswesen gibt, eine ausgesprochen innovative Einrichtung.
    Als Alfried Krupp 1967 dann überraschend stirbt, tritt Berthold Beitz in einer Doppelfunktion sein Erbe an. Als Vorsitzender des Stiftungs-Kuratoriums vertritt er zum einen den Alleineigentümer des Konzerns Krupp, und das quasi auf Lebenszeit. Nach der Iran-Beteiligung 1976 und den Fusionen mit Hoesch 1992 sowie Thyssen 1999 ist die Stiftung noch immer der größte und gewichtigste Aktionär des Konzerns. An ihr führt kein Weg vorbei – und damit auch nicht an Berthold Beitz.
    Zum anderen ist er einer der bedeutendsten Mäzene des Landes geworden. Laut Satzung fördert die Stiftung »Wissenschaft in Forschung und Lehre; Erziehungs- und Bildungswesen; Gesundheitswesen; Sport; Literatur, Musik und bildende Kunst«. Bis 2010 hat sie dafür die stolze Summe von 600 Millionen Euro ausgegeben, davon 56 Prozent im Ruhrgebiet, der Heimat des Stifters. Das größte Einzelprojekt ist das Museum Folkwang in Essen mit seinen 55 Millionen Euro, und, nebenbei bemerkt, weiteren 200 000 Euro für die Kosten der Eröffnungsfeier, welche die klamme Stadt Essen nicht übernehmen mochte. »Manchmal«, sagt Beitz dazu, »muss man sich schon über die Leute wundern. Ich habe dann gesagt: Schluss der Debatte, das übernehmen wir.«
    Beitz führt die Stiftung seit 1968. Seine Residenz ist das schöne frühere Gästehaus der Villa Hügel. Gewiss, es gibt ein Kuratorium, regelmäßige Vergabesitzungen und satzungsgemäße Beschlüsse, das hat alles seine Ordnung. In diesem Kuratorium saßen stets Menschen von Prominenz und erheblichen Verdiensten, zum Beispiel Max Grundig, der damalige nordrhein-westfälische Regierungschef Johannes Rau, sein Vorgänger Heinz Kühn und Alfred Herrhausen. Als zweiter Vorsitzender amtierte lange Jahre und bis zu seinem Tod 2008 Beitz’ guter Freund Hans Leussink. Im Jahr 2010 hat Gerhard Cromme diese Funktion inne, bekannte Namen unter den Kuratoren sind außerdem Nordrhein-Westfalens Exministerpräsident Jürgen Rüttgers ( CDU ) und der früheren Präsident der Deutschen Bundesbank, Karl-Otto Pöhl, sowie Ekkehard Schulz. Allesamt keine Menschen von geringem Selbstbewusstsein. Und trotzdem: Beitz, Chef seit 1968, ist die alles beherrschende Kraft, kein Cent wird ausgegeben, den er nicht persönlich bewilligt hat. Selten gibt es Widerworte im Kuratorium, einem Kreis von Männern, die immerhin Regierungschefs oder Unternehmenslenker waren oder sind. Als einer in den neunziger Jahren dennoch mal eine Kontroverse mit Beitz wagt und ausruft, »man wird ja wohl noch mal fragen dürfen«, sagt Kurator Johannes Rau mit dem für ihn so typischen trockenen Humor: »Jetzt gehen Sie aber sehr weit.«
    Dabei sind die Anfänge 1968 bescheiden. Sanierer Vogelsang als Krupp-Vorstandschef zeigt wenig Neigung, die Stiftung üppig auszustatten; der »Bindungsvertrag« sorgt dafür, dass zunächst nur zwei Millionen Mark im Jahr auf den Hügel kommen. Nach Vogelsangs Demission ändert sich das bald, und seither ist die jährliche Dividende zwar immer mal wieder Objekt von Debatten. Sie bleibt aber selbst 2009 bestehen, als ThyssenKrupps bis dahin so erfreuliche Bilanz jäh in den Strudel der globalen Finanzkrise gerät. Die Dividende fällt geringer aus, aber sie wird weiterhin gezahlt, daran mag selbst Cromme

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