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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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nicht rühren; und selbst, wenn er wollte: Beitz würde ihn auch nicht daran rühren lassen. Cromme und Vorstandschef Schulz wissen, was sie an der Stiftung haben: eine Lebensversicherung für ThyssenKrupp. »Deshalb muss das Unternehmen den Hauptaktionär pflegen«, sagt Cromme. Die Stiftung hat ja auch schon das Unternehmen gepflegt, durch den Ankauf jener Anteile, die ihr die Sperrminorität sichern.
    Außerdem ist die Krupp-Stiftung eine der bundesweit größten privaten Fördereinrichtungen für gemeinnützige Zwecke geworden. 15,3 Millionen Euro gibt sie 1998 allein für ein eigenes Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit aus. Neben den großen Fördervorhaben im In- und Ausland vergibt das Haus zahlreiche Stipendien, etwa zum Studium in Osteuropa oder China. Dies verwalten zu dürfen, erzählt der langjährige Stiftungsvize Marheineke, »sei sehr beglückend«. Einmal fragt ihn Beitz, als sie in dessen Büro sitzen: »Vorhin habe ich einen gesehen, der sprang und hüpfte auf der Wiese herum.« Marheineke kann ihn aufklären: »Das war der Tänzer, von dem Sie sagten: Wenn er gut ist, bewilligen Sie sein Stipendium für die New York School of Dancing.«
    Zu den eindrucksvollsten Projekten der Stiftung zählt das 1980 neueröffnete Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen, das in Klinik-Rankings stets Topwerte erhält. Bereits 1870 an mehreren Standorten gegründet, war die alte Anstalt in der Lazarettstraße 1945 ausgebombt worden, Beitz selbst hat die Trümmer in den fünfziger Jahren noch gesehen. »Das neue Krankenhaus liegt mir besonders am Herzen«, sagt Beitz heute, »es verkörpert sichtbar die sozialen Überzeugungen von Alfried Krupp.« Der nämlich hat schon 1963 einen Klinik-Neubau geplant. »Leider hat er«, so Beitz, »die Verwirklichung seiner Ideen nicht mehr erleben können.«
    Die Anstalt war vor 1980 ein weitläufiger Komplex aus verspielten kaiserzeitlichen Bauten mit Erkern, Türmchen und Fachwerk. Wenigstens die schönsten davon sind erhalten geblieben, nun überragt vom Komplex der neuen Klinik, deren helles und lichtes Interieur davon zeugt, worauf der Bauherr Wert legt. Der Kardiologe und frühere Oberarzt Matthias Benn hat über Jahre erfahren, wie intensiv der Stiftungsvorsitzende die Arbeit der Klinik verfolgt hat: »Die letzten Entscheidungen fällt immer er – bis in die Details.« Auch Horst Dieter Marheineke als Vize in der Stiftung sah nicht selten, dass Beitz in der Klinik auf ein Gerät zeigte und fragte: »Ist das wirklich das beste?« War es nicht so, habe er »noch am selben Tag den Kauf eines neuen beschlossen«.
    Aus Marheinekes Sicht ist »Berthold Beitz im besten Sinne neugierig, das unterscheidet ihn von den meisten Menschen seines Alters.« So trifft Beitz einmal im Krupp-Krankenhaus auf einen jungen Mediziner, dem die Stiftung ein China-Stipendium bewilligt hat. »Was haben Sie denn dort gelernt?«, fragt Beitz. Manches, unter anderem Akupunktur, sagt der Student. »Ja, und können Sie das jetzt?« – »Ja, ich habe sogar ein Nadelbesteck aus China mitgebracht, soll ich Ihnen das einmal zeigen?« Er soll, und der Stifter entschließt sich spontan zu einem Selbstversuch: »Können Sie das auch bei mir machen?« So lässt sich Berthold Beitz nach allen Regeln fernöstlicher Heilkunst pieksen, zum Gaudium und Staunen des Klinikpersonals.
    Vielleicht lässt sich am Beispiel der Klinik der Führungsstil von Berthold Beitz am anschaulichsten beschreiben: eine Mischung aus Lockerheit und Strenge, Großzügigkeit und sehr hohen Erwartungen an die Mitarbeiter. Dazu gehört, dass er sich selbst über medizinische Entwicklungen exakt informiert und seine Chefärzte damit konfrontiert, wenn andere Kliniken voraus sind. »Warum sind die besser als wir?«, fragt er dann. Ausreden oder Erklärungen, die er als solche empfindet, werden nicht geduldet. Ebenso wenig bröckelnder Putz auf den Gängen oder Jungärzte, die grußlos am Besucher vorbeischlurfen und das Pech haben, dass Berthold Beitz dieser Besucher ist. Als er einmal in den Wartebereich kommt und diesen zu seinem Verdruss verwaist vorfindet, klatscht er laut in die Hände und ruft: »Kundschaft!« Mit »väterlicher Strenge und fürsorglicher Förderung« fühlt sich das leitende Personal nach eigenem Bekunden geführt. Benn: »Etwas zugespitzt könnte man seine Devise so umschreiben: Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist viel, viel besser.«
    Vom Klinikleiter bis zum Oberarzt müssen sich Bewerber bei ihm vorstellen. Bei

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