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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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»Wir-kommen-als-Freunde«-Mission verkörpert jedoch niemand besser als Berthold Beitz. »Das Bedeutendste«, sagt er zwei Jahrzehnte später zu Golo Mann, »war die Umwandlung des Namens Krupp zu einem positiven Namen in aller Welt: Wir kamen doch wie ein Phoenix aus der Asche. Die ganze deutsche Industrie war neidisch auf uns.« Krupp engagiert sich rund um die Welt, nicht als einziger Großkonzern natürlich, aber wohl am intensivsten. Für viele überraschend, ist Alfried Krupp von Bohlen und Halbach persönlich in vielen dieser Länder zu sehen, ein stiller, höflicher, sogar charmanter, vor allem aber respektvoller Gast aus Deutschland. So entstehen etwa Stahlwerke und Zementfabriken in Indien. Von einer Brasilienreise schickt Alfried Krupp der Werkszeitung Dias: Rauch ausstoßende Krupp-Lokomotiven von 1925 und rotgedeckte Häuschen am Hügel von Campo Limpo, wo der Konzern eine Schmiede und ein Autozuliefererwerk aufbaut. Außerdem gibt es große Pläne im Iran.
    Oftmals gehen Beitz und Krupp gemeinsam auf Reisen: 1956 treffen sie auf einem Rheindampfer mit Indiens Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru zusammen, der auf Staatsbesuch in Deutschland weilt. Krupp punktet bei den Indern mit seinem Image: Man liefert Qualität, und nichts ist unmöglich. So lädt das Motorschiff Bärenfels 1959 die wohl schwerste Warensendung aus, die jemals in Indien eingetroffen ist: einen 165 Tonnen schweren Walzenständer für das indische Stahlwerk in Rourkela, der dann per Schiene über einen eigens in Essen gefertigten Tiefladewaggon mit 14 Achsen nach Rourkela weitertransportiert wird. Das sind Nachrichten, wie sie Berthold Beitz liebt. »Er setzt seinen Good-Look in Devisen um«, schreibt der Spiegel in seiner Beitz-Titelstory von 1959, »auch beim Diplomatischen Korps in Bonn wirkt Beitz exportfördernd, indem er etwa, mit einer weißen Schürze angetan, dem indischen Botschafter eigenhändig Steaks brät.« Hinter solchen Gesten steht freilich noch etwas anderes, eine für Beitz typische Haltung, die in den Entwicklungsstaaten sehr gut ankommt und, natürlich, den Weg fürs Geschäft bahnt: Respekt, Achtung, Behandlung auf Augenhöhe.
    Ein erster Höhepunkt ist 1954 der Deutschland-Besuch eines veritablen Kaisers, Haile Selassie aus Äthiopien. Das alte christliche Reich in Ostafrika erholt sich noch von den Folgen der Terrorherrschaft, die das faschistische Italien seit der Invasion 1936 über das Land gebracht hat. Die Idee, ihn nach Essen einzuladen, hat Beitz: Der Besuch jenes Kaisers, der unter Hitlers Verbündeten schwer gelitten hat, wäre eine Auszeichnung für Krupp, fast ein Symbol für die Erneuerung des Konzerns. Er entsendet daher Schoop zur Sondierung ins Auswärtige Amt nach Bonn. Leider fällt der Empfang nicht sehr warmherzig aus. Protokollchef Hans-Heinrich Herwarth von Bittenfeld wimmelt Schoop formvollendet ab, die Sache ist ihm zu heikel. Ein anderer Staatsgast, ein andermal, man werde in Kontakt bleiben, auf Wiedersehen. Schoop bleibt hartnäckig, wie er erzählt. »Um mich loszuwerden«, erinnert er sich, »hat er mich dann hinüber zu seiner Legationsrätin geschickt. Das war die berühmte Frau von Pappritz, mit der verstand ich mich sofort.« Erica Pappritz (1893–1972) – damals gern, aber fälschlich Gräfin Pappritz genannt – ist eine Berühmtheit, die Anstandsdame und Benimm-Expertin der Ära Adenauer, der sie nach Bonn geholt hat. Von ihr stammt das Buch der Etikette , in den fünfziger Jahren als Benimm-Bibel berühmter als der Knigge. Der wohlerzogene junge Mann aus Essen findet Gnade in den Augen der Protokoll-Vizechefin: »Herr Schoop, Sie können den Herrschaften in Essen sagen, wir machen das schon!« Selig reist der Emissär heim, und der hohe Besuch, für den Beitz eigens die äthiopischen Gaststudenten in der Bundesrepublik einladen lässt, wird ein beachtlicher Erfolg. Als dann am Abend die Wagenkolonne seiner Majestät den Hügel verlässt, entlang fackeltragender Krupp-Lehrlinge, wendet sich Alfried Krupp an Schoop und sagt: »Na, Sie haben jetzt wohl auch ein paar Pfund abgenommen.« Beitz, der neben ihm steht, ergänzt: »Ich glaube, das war auch nötig.« Der Verulkte versteht die Scherze, wie sie gemeint sind: als Kompliment.
    Dem Kaiser folgen etliche Könige und Staatschefs auf den Essener Hügel. Im September 1956 ist das griechische Königspaar zu Gast, anschließend die Ministerpräsidenten Thailands, Brasiliens und des Sudan. Dem kleinen Sohn des indonesischen

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