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Berthold Beitz (German Edition)

Berthold Beitz (German Edition)

Titel: Berthold Beitz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Käppner
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Dorfes in den Ardennen plötzlich einem Tiger gegenüberstand und gezielt auf eine der wenigen Schwachstellen des Monstrums am Turmansatz feuerte. Er traf genau, der Turm ließ sich nicht mehr drehen, die Besatzung stieg aus und hastete davon. Ebenso wenig vergaß er, was sein Ausbilder noch sagte, als sie vor den Einschusslöchern in dem US -Panzer standen: »From Krupp with love« – Liebesgrüße von Krupp.
    Zwar war Krupp beim Bau des Tigers nur Zulieferer, der Tank wurde vor allem von Henschel gebaut. Aber Krupp und Waffen – für alliierte Soldaten, Reporter und Besatzungsoffiziere waren das im Grunde Synonyme, wobei sie die tatsächliche Bedeutung des Konzerns für die Kriegswirtschaft überschätzten. Schon 1851 war es Alfred Krupp gewesen, der mit der ersten Gussstahlkanone das Publikum der Londoner Weltausstellung erschreckte und begeisterte, je nach Sichtweise. Es war Krupp, dessen »Dicke Bertha« im Ersten Weltkrieg mit gewaltigen 42-cm-Geschossen alliierte Stellungen und Bunkersysteme an der Westfront regelrecht in Schutt und Asche legte. Während der Nürnberger Prozesse hat Chefankläger Telford Taylor Alfried Krupp und seinen Direktoren vorgehalten, der Konzern sei seit vier Generationen ein »Händler des Todes«.
    Alfried Krupp hat in seiner Zelle viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Noch in Landsberg gibt er jene Pressekonferenz, in der er verkündet, keine Waffen mehr produzieren zu wollen. Noch lange aber schreiben die Zeitungen in London, New York und Washington über Geheimgespräche, verdeckte Waffenpläne und »Krupps Rüstungsverschwörung«.
    Doch Krupp hält sein Wort.
    Aber bald nach 1950 muss es ihm so scheinen, als stünde die rüstungspolitische Welt plötzlich auf dem Kopf. Auf der einen Seite beharren die Sieger noch immer darauf, dass er die Kohle- und Stahlproduktion verkauft – Krupp soll kein übermächtiges Montanunternehmen mehr sein, dessen Größe und dessen Geld Einfluss auf die Politik haben wie früher. Andererseits herrscht inzwischen der Kalte Krieg, und dieselben Sieger wünschen sich bald einen deutschen Beitrag zu Rüstung und Verteidigung. 1955 gibt es wieder eine deutsche Armee, die innerhalb von zehn Jahren auf eine Truppenstärke von einer halben Million Soldaten anwachsen wird – das Rückgrat der nichtatomaren Verteidigung des Westens gegen den Warschauer Pakt. Die Bündnispartner befürworten den Aufbau der Bundeswehr mit konventionellem High-Tech-Kriegsgerät auch deshalb, weil sonst nur die apokalyptische Perspektive einer atomaren Verteidigung bliebe, wie sie die Nato in beängstigenden Szenarien übt. In der berüchtigten TF 60, der »Truppenführungsvorschrift«, heißt es zu dieser Zeit: »Atomwaffen müssen im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen.« In einer derart veränderten Welt wäre das Geschäft mit herkömmlichen Waffen für ein Unternehmen wie Krupp moralisch weit weniger beladen als kurz nach dem Krieg.
    1955 bringt der Spiegel eine Titelgeschichte über »Krupp – das tödliche Symbol«. Demnach war das US -Verteidigungsministerium interessiert daran, Krupp in die Aufrüstung der Nato einzubinden, sprich, wieder Waffen herstellen zu lassen. Logischerweise, insinuierte das Nachrichtenmagazin, würde in diesem Fall die Verkaufsauflage aufgehoben. Aber Alfried Krupp will davon nichts wissen. Und dabei bleibt es, egal, wie oft – und sie tun es sehr oft – die Reporter ihn noch fragen.
    Drei Jahre später, im April 1958, als sich wie jedes Jahr wieder verdiente Firmenjubilare in ihre besten Anzüge werfen und zur Ehrung auf die Villa Hügel kommen, sagt Krupp: »Gerade an dieser Stelle will ich noch einmal betonen, daß wir Erfolge nur mit der Produktion von Friedensgütern suchen. Waffen irgendwelcher Art beabsichtigen wir nicht herzustellen.«
    1956 will die junge Bundesmarine fünf Zerstörer bauen lassen, hochwertige, schnelle, mit modernster Technik ausgerüstete Schiffe. Bundesverteidigungsminister Hans Blank ist mit dem Vorstand der AG Weser, einer traditionsreichen Bremer Werft in Krupp’schem Besitz, schon fast im Geschäft, und über die beachtliche Dimension des Auftrags hinaus wäre es der Präzedenzfall. Krupp würde tun, was Krupp immer getan hat: Waffen bauen in engem Zusammenspiel mit der Regierung, gleich welcher. Doch Alfried Krupp lehnt ab, zum großen Verdruss der Politik.
    Kurz darauf, am 8. August 1956, treffen sich unter anderem die Direktoren Johannes Schröder und Hans Herrmann mit Vertretern der AG Weser in der

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