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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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Frau aber, die ich damals verloren in einer dunklen Ecke kennengelernt hatte, war nicht länger alleine. Voller Glück lag sie in den starken Armen ihres Dämons Vlain Moore – und als er sanft durch ihre blonden Locken strich, wusste sie, dass sie ihren Platz in der Welt gefunden hatte.
    Und ich wusste, dass sie niemals mir gehören würde.
    Doch wollte ich ihrem Glück natürlich nicht im Wege stehen.
    Denn dies war niemals meine Absicht gewesen.
    Ihr Lächeln strahlte wie tausend Sonnen und insgeheim wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass sie mich so ansehen würde.
    Manchmal passieren Dinge, mit denen selbst ich nicht gerechnet habe und die sich meiner Kontrolle entziehen. War es ein Zufall – oder bloß eine entsetzliche Qual – dass ich Miss Sullivan mehr gegenüber empfand, als für uns alle richtig war? Ich fragte mich, ob mein Schatten diese Wendung der Ereignisse vorausgesehen hatte, als sie mich beauftragte, Crevi aufzusuchen. Nur hatten wir damals beide noch nicht gewusst, welche Rolle unser gemeinsamer Freund Vlain hierbei spielen würde.
    Tja.
    Nun wusste ich es.
    Doch wie lange währt Vollkommenheit?
    Als Crevi Sullivan an diesem Morgen erwacht und ins trübe Licht der Dämmerung blinzelt, weiß sie noch nicht, dass sie hinterrücks betrogen worden ist.
    Ich schon.
    Wieder und wieder schimpfe ich mich einen Feigling. Hätte ich nicht den Mut haben müssen, mich aller Drohungen zum Trotz für ihr Wohlergehen einzusetzen? Es gibt nichts, womit ich mein Vergehen ungeschehen machen kann. Es ist an der Zeit, den Tatsachen ins Gesicht zu blicken.
    Wie leicht wäre es mir doch gefallen, den Lauf der Dinge zu verändern!
    Und doch tat ich es nicht.
    Es hat keinen Zweck, unentwegt nach Entschuldigungen zu suchen. Das Dilemma ist einzig und allein meiner Unfähigkeit zu verdanken. So ist es doch.
    Schwer atmend rennt Crevi über den schneebedeckten Waldboden. Sie rennt und rennt und spürt den eisigen Wind auf ihren Wangen, schmeckt die Kälte in ihrem Mund und fühlt das schmerzhafte Brennen ihrer Beine. Sie weiß nicht wohin sie läuft. Sie denkt nicht. Sie fühlt nur. Sie folgt einem inneren Impuls, der sie treibt und sie anhält, immer weiter zu laufen. Sie nimmt die Bedrohung am Rande ihrer Umgebung wahr. Sie weiß, dass etwas hinter ihr her ist.
    Nur was?
    Oder wer?
    Ich wusste es! Das ist alles, was sie denkt. Nur half ihr das im Augenblick wenig.
    Doch Moment!
    Ich will nicht unnötig viel verraten. 
    Wo war ich?
    Genau, ich weiß es wieder. In Wahrheit befinden wir uns im kalten Dschungel von Jwyn, einem Ort, der selbst die mutigsten Wanderer das Gruseln lehrt. Man erzählt sich von allerhand wilden Tieren, Bestien und toten Kreaturen, die eigentlich gar nicht mehr leben dürften. Spinnen, riesige Vögel – und Schlangen – soll man hier gesichtet haben. Es ist eine Gegend, die man meidet und gewöhnliche Menschen nehmen den Pfad Meilen um Meilen drum herum, während sie allein bei dem Gedanken, sich im Schatten des Waldes zu bewegen, kalte Füße bekommen.
    Was also war es, das uns dazu bewogen hatte, mitten hindurch zu gehen? Vermutlich ist die Antwort eben jene, die uns seit geraumer Zeit verfolgt.
    Wir hatten keine Wahl.
     
     
    » Perlen töten,
    zerstören Königreiche
    Wieder anderen, sichern sie
    au f dem Haupt den gold’nen Reife «
     
     
    Es sind diese Zeilen, die uns in den Wald gelockt haben.
    Doch Vlain Moore dachte im Augenblick an etwas gänzlich anderes. Seit wir Lhapata verlassen hatten quälten ihn diese Gedanken unaufhörlich. Voller Grauen erinnerte er sich an die Worte, die ich ihm überbracht hatte. Grüß Vlain von mir und sag ihm, dass wir uns treffen müssen. Er schauderte selbst jetzt noch. Sag ihm, dass wir uns treffen müssen. Treffen müssen…
    Wie hatte e s nur soweit kommen können? Er ist nie als Zauderer bekannt gewesen, was vermutlich auch die Bande beunruhigte und dessentwegen sie ihn nun zurechtzuweisen gedachte. Die Tatsache, dass die Frist längst abgelaufen war, verursachte ihm stetige Übelkeit – denn er wusste, dass er nicht länger zögern konnte. Er durfte nicht.
    Das Treffen stand bereits.
    Er war halb wahnsinnig vor Sorge. Wie hatte er nur so dumm sein können? Er hatte gewusst, dass die Konsequenzen folgen würden. Das taten sie schließlich immer. Wieso hatte er sich überhaupt darauf eingelassen? Anfänglich war es die Belohnung gewesen, die lockte. Dann der höhere Zweck der Aufgabe. Doch nun? Sämtlicher Reiz schien den Auftrag

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