Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
verstehe ich dich dann ein bisschen besser.«
» Du hast damals selbst gesagt, dass du nicht weißt, was es bedeutet, ein Dämon zu sein«, begann er leise. »Dann will ich dich mal aufklären.« Ohne es zu wollen, hob er die Stimme. »Im Grunde genommen bedeutet es nichts anderes, als unkontrollierbar über Menschen herzufallen. Vielleicht trifft es an fallen sogar noch besser. Denn es besteht schlicht und einfach daraus, sich auf hilflose Opfer zu stürzen, sie anzugreifen, sie zu zerbeißen, zu zerfleischen, ihr Blut zu trinken, ihr Fleisch zu schmecken und sich dabei gleichzeitig in einem solchen Rausch zu befinden, der dir vorgaukelt das alles wäre das Schönste auf der Welt. Man kann absolut nichts dagegen tun. Wenn der Durst einen überkommt ist er nicht mehr zu stillen, außer durch unsere ganz explizite Nahrung. Wir Dämonen sind Jäger.«
Vlain lachte freudlos und voller Bitterkeit auf. »Um genau zu sein, bin ich nichts anderes als eine Bestie. Ein Monster, dazu verdammt auf seine morbiden Instinkte zu hören und dessen einziger Lebenssinn darin besteht, sich am qualvollen Leid seiner Beute zu ergötzen.«
Er drehte sich zu ihr um und machte einen Schritt auf sie zu. Reflexartig wich Crevi zurück, zwang sich inne zu halten. Sie wirkte verwirrt und ein wenig hilflos. »Es tut mir leid«, wisperte sie. »Wenn ich gewusst hätte…du weißt schon.«
» Nein, ich weiß nicht.«
Crevi strich sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und plötzlich trat so etwas wie unerschütterliche Entschlossenheit in ihre graublauen Augen . »Vlain, ich liebe dich.«
» Sag das nicht.« Es tat fast weh, sie das sagen zu hören, da er der festen Überzeugung war, dass sie log. Wie konnte es nach seinem Geständnis anders sein? Herrgott noch mal! Er war verabscheuenswert und das wusste er ganz genau. Sie müsste ihn nie wieder ansehen wollen und alles bereuen, was bereits passiert war.
» Aber wenn es doch stimmt?«, widersprach sie ihm und kam ihm entgegen, unbeirrbar.
Bevor sie ihn ganz erreicht hatte hielt er sie beharrlich mit einem Arm auf Abstand und musterte sie auf etwaige Anzeichen, dass sie den Verstand verloren haben könnte . »Crevi, sieh mich doch an!«, schrie er ihr entgegen. »Ich bin ein Scheusal! Ich bin tausendfacher Mörder an unschuldigen Menschen.«
» Und es ändert nichts.«
Sein Blick glitt zu seiner Hand, die auf ihrer Schulter ruhte. Am liebsten hätte er sie fortgenommen . »Weißt du, wie viele Menschen durch meine Hand gestorben sind? Wie vielen Menschen diese Hand, die du nun spürst, das Gesicht zerrissen hat? – Du solltest verdammt noch mal Angst vor mir haben! Das ist die einzige Warnung, die du kriegen wirst. Wenn es zu spät ist, kann ich nichts mehr ändern.«
» Ich glaube nicht, dass du mir wehtun wirst.«
» Du müsstest nur einmal dabei gewesen sein«, sagte Vlain um Ruhe bemüht. »Nur einmal. Du würdest nicht mehr an mich denken können, ohne von unsagbarem Grauen gepackt zu werden. Ich bin ein Meuchler, eine Kreatur, die es nicht einmal würdig ist, dass du sie ansiehst, geschweige denn liebst. – Das, was bereits war, ist völlig falsch und ich hätte es dir sagen müssen, weil du die Wahrheit verdient hast. Du sollst wissen, wozu ich fähig bin.« Er spürte, wie ein Zucken über sein Gesicht lief. Wie konnte sie ihn nicht hassen, wenn er es doch selber tat?
Crevi löste sich von ihm und trat zurück, um ihn von oben bis unten betrachten zu können. Ihr Gesicht war ernst, aber ihre Stimme klang zittrig . »Wie kann das, was bereits war, falsch gewesen sein, wenn ich mich dabei zum ersten Mal in meinem Leben wirklich glücklich und sicher gefühlt habe? Wie, verdammt, frage ich dich?« Sie kam wieder auf ihn zu und diesmal hielt er sie nicht zurück.
Ihre Finger wischten über seine Wange, wo sie eine feuchte Spur hinterließen. Seltsamerweise war ihm nicht aufgefallen, dass ihm Tränen in die Augen getreten waren.
»Du bist keine Bestie, Vlain. Du bist mein Leben und so viel mehr. Ich liebe dich mit all deinen Fehlern und alles, was zu dir gehört. Wie könnte ich dich dann nicht mehr wollen, nur weil dein Dämon ein Teil von dir ist? Du kannst doch nichts dazu!« Er wollte etwas sagen, aber sie legte ihm geschwind einen Finger auf den Mund. »Keine Widerworte mehr, verstanden? Ich will dich und daran kann kein Dämon etwas ändern.«
Hastig schluckte Vlain den salzigen Geschmack in seinem Mund hinunter und vergrub sein Gesicht an ihrer Schulter. Die Wut
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