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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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unbestimmt.«
    Ich sagte nichts, lächelte aber im Stillen. Manchmal war Crevi in der Tat ein wenig eigenartig. So herrlich eigenartig, dass mir schon wieder ganz warm wurde.
    »Ich mag es nicht, wenn du so melancholisch bist«, brummte Vlain von vorne und ließ sich zu ihr zurückfallen, damit er sie näher zu sich heranziehen und einen Arm um sie legen konnte. »Wie wäre es mit einem fröhlichen Gedanken?«, schlug er zwinkernd vor.
    Ganz kurz kam es mir in den Sinn, dass meine Welt auch hier unten wüst und leer war. Während die beiden eng aneinander geschmiegt vor mir gingen, kam ich mir noch einsamer vor, als ich es ohnehin schon war. Ich sagte nichts, grub die Hände tief in die Taschen meines Flickenmantels, der wohl der einzige Freund war, der mir immer treu blieb. Ich zwang mich dazu, auf den Boden vor meinen Füßen zu starren.
    Immer einen Fuß vor den anderen zu setzen, das war im Augenblick das Wichtigste!
    Die Ablenkung funktionierte nur bedingt, als mich etwas Kaltes und Feuchtes im Nacken traf. Verwirrt sah ich auf und gleich darauf segelten weitere weiße Flöckchen zwischen den Zweigen zu uns hinab. Es war irreal, wenn man sich vorstellte, dass es dort oben so kalt war und hier unten so warm – und dennoch rieselten die Eiskristalle vom Himmel und setzten sich in mein stets zerwuscheltes Haar.
    Wie so oft rief dieser Moment eine Erinnerung in mir wach. Aimee, die sich bibbernd vor Kälte an mich drückte und ihre kalte Nase gegen meine Wange stupste. Unter ihren dunklen Wimpern hervor hatte sie mich angesehen. Sie hatte gelächelt und mich lange angeschaut . »Ich liebe dich so sehr, Adrian. Und schon bald wirst du ganz alleine und für immer und ewig mir gehören.« Sie hatte ihre Hand mit dem Verlobungsring betrachtet, die schon ganz rot vor Kälte war – dennoch hatte sie sich geweigert den Ring in ihren Fäustlingen zu verbergen. »Jeder soll sehen, dass wir zusammengehören«, war ihre originelle Begründung gewesen.
    Ausgerechnet jetzt ertasteten meine Finger meinen Verlobungsring, den ich nach wie vor bei mir trug. Mir wurde schwindelig. Krampfhaft ließ ich das Kleinod zurück in die Untiefen meiner Tasche sinken, hoffend, ich würde ihn nicht allzu bald wieder sehen. Ich wusste, dass ich sie längst loslassen sollte, doch ich konnte nicht.
    In Wahrheit wusste ich es doch viel besser.
    Nur wenig später, nachdem es zu schneien begonnen hatte, erreichten wir das Stelzenhaus, das sich um den Stamm eines Baumes spannte und dessen Plateaus mit Balken und Verstrebungen gestützt wurden. Jemand hatte es vor langer Zeit mit weißer Farbe angestrichen, die jedoch überall abblätterte und die Sicht auf das rohe Holz freigab. Obwohl sich das Haus uns alt und klapperig präsentierte, war unverkennbar, dass es sich hierbei vor langer Zeit um ein Prachtexemplar gehandelt haben musste. Stolz und glücklich und nicht so alt und verfallen, wie es hier vor uns stand.
    Das Haus und ich waren uns gar nicht so unähnlich.
    Beide hatten wir unsere besten Zeiten hinter uns.
    In jenem Stelzenhaus versuchte ich nun, meine Gedanken zu Papier zu bringen.
    Eine Bewegung am Rande meines Blickfeldes ließ mich aufblicken. Die Flamme der Öllampe flackerte. Es war verwirrend. So viel Chaos, das aufgeräumt werden wollte. Es fiel mir stetig schwerer, mich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
    Eine dunkle Silhouette wandte sich in meine Richtung und vergewisserte sich meiner Aufmerksamkeit. Dann deutete der Dieb in Richtung Tür, nickte mir zu und verschwand auf den Flur.
    Ich lauschte auf seine davoneilenden Schritte. Gewahrte Jaydens gleichmäßigen Atem auf der anderen Seite des Zimmers. Spürte den wachen Geist meines Schützlings ein Stockwerk über mir.
    Kurzerhand räumte ich meine Schreibutensilien beiseite, löschte das Licht und machte es mir auf dem Rücken liegend auf meiner Matratze bequem. Ich schloss die Augen, ertastete routiniert die fremde Seele und verschmolz mit ihr.
     
     
    Hellwach lag Crevi auf der unbequemen Matratze und starrte an die abblätternde Zimmerdecke. So sehr sie sich auch bemühte, sie konnte kein Auge zutun. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um Dinge, an die sie eigentlich gar nicht denken wollte. Seufzend drehte sie sich auf die andere Seite und beobachtete Yves dunkle Silhouette direkt neben ihr.
    Das Knarren der Fensterläden ließ sie nach draußen schauen. Leise rauschte der Wind durch die Blätter und stimmte eine nächtliche Melodie an.
    Kälte kroch ihre Arme hinauf und

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