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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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sie bekam eine Gänsehaut, woraufhin sie hastig die Decke enger zog. Wenngleich sie dankbar dafür war, ein Dach über dem Kopf zu haben, so konnte sie diesem Ort dennoch nichts Schönes abgewinnen. Ennyd hatte diese Bleibe für uns gefunden, denn zusätzlich zu seinen diebischen Fähigkeiten war er ein ausgezeichneter Waldführer, was er uns damit erklärte, als dass er eine zeitlang mit einer Räuberbande hier Quartier bezogen hätte.
    » Yve?«, flüsterte Crevi, um sich zu vergewissern, dass die Rebellin tief und fest schlief.
    Sie erhielt keine Antwort.
    Flugs kroch sie unter der Decke hervor, schlüpfte in ihre Schuhe und griff nach ihrer Ledertasche. Sie musste sich ein wenig die Beine vertreten. Nachdem sie einen kleinen Flur durchquert hatte und eine Treppe hinunter gestiegen war, wollte sie sich soeben durch die Küche zum Hintereingang hinausstehlen, als sich unerwartet eine Hand auf ihre Schulter legte.
    Blitzschnell fuhr Crevi herum. »Oh Gott«, brachte sie erleichtert hervor, als sie Ennyd erkannte. »Du bist es nur. Ich dachte schon…«
    » Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.« Ennyd schob seinen breitkrempigen Hut zurecht, so dass sie sein ebenmäßiges Gesicht mit der Augenklappe besser erkennen konnte. »Ich wollte nur nachsehen, wer hier durchs Haus geistert.«
    » Du hast mich gehört?«
    » Ich konnte nicht schlafen«, meinte er schulternzuckend.
    Sie musterte ihn. Vermutlich war er nur aufgrund seiner neu gewonnen Fähigkeiten auf sie aufmerksam geworden. Aufgrund jener  Fähigkeiten, die sie selbst ihm verliehen hatte. Noch immer wusste sie nicht, wie sie es angestellt hatte. Es war einfach passiert. Dieser plötzliche Kontrollverlust ließ sie noch immer schaudern.
    Schnell verdrängte sie diesen Gedanken.
    Ennyd betrachtete sie von oben bis unten, so intensiv, dass sie plötzlich unter der Eiseskälte seines Blicks zusammen zuckte. Sein Tonfall dagegen war warm, wie weicher Honig. »Wohin willst du?«, fragte er.
    » Nur ein wenig vor die Tür. Ich dachte an ein wenig Bewegung, um danach besser schlafen zu können.«
    » Stört es dich, wenn ich dich begleite?«
    Mit dieser Frage hatte Crevi nicht gerechnet. »Wenn du willst«, antworte sie überrascht und setzte rasch ein Lächeln auf. »Ist vielleicht gar nicht schlecht.«
    Sie musste an die Geschichten über den Wald von Jwyn denken. Gleichzeitig erinnerte sie sich an Vlains Anordnung, niemand solle ohne Begleitung das Lager verlassen. Er wäre furchtbar wütend auf sie, wenn er erfuhr, dass sie allein unterwegs gewesen war – und das bei Nacht.
    »Sehr nett von dir, kleine Lady.« Unwillkürlich musste Crevi schmunzeln, als er sie so nannte.
    » Wohin soll’s denn gehen?«, erkundigte sich Ennyd, glättete sein Jackett und hielt ihr die Tür auf. Schnell nahm sie die kleine Stiege nach unten auf den Waldboden, der an dieser Stelle trotz des nachmittäglichen Regengusses erstaunlich fest war.
    Die Luft roch nach Harz und nassen Zweigen und Blättern. Leises Rascheln war zu vernehmen, kleine Krall en, die über Baumrinde schabten sowie sich bewegendes Gebüsch. Der nächtliche Wald, der niemals vollends zur Ruhe kam.
    Kaum hatte Ennyd die Tür hinter ihnen geschlossen, fragte er: »Soll ich dich ein wenig herumführen?« Er hielt ihr einen Arm hin, woraufhin Crevi sich zögernd bei ihm unterhakte. »Ich kenn mich hier ein wenig aus.«
    Er zog sie mit sich und schlug einen Trampelpfad ein, der vom Haus weg führte. Gemeinsam stiegen sie eine Anhöhe hinauf, tauchten zwischen den riesigen Baumstämmen in eine andere Welt ein. Tatsächlich waren die Bäume hier größer als gewöhnlich und zuweilen konnte man ihre Kronen nur erahnen. Die Stämme waren zum Teil so dick, dass fünf ausgewachsene Männer sie nicht gemeinsam mit den Armen hätten umschließen können und ab und zu hingen lianenartige Gewächse von den Ästen. Der Boden bestand aus einer Humusschicht, jedenfalls war er hart und fest und es bestand keine Gefahr einzusinken.
    Zu ihrer Verwunderung bemerkte Crevi, wie warm es hier unten war. Und das obwohl der Winter bereits vor der Tür stand! Fast ein wenig tropisch, schwül und feucht, so dass das Atmen schwerer fiel. Ab und zu säumten dicke Pilze den Weg und Pflanzen , die selbst im Mondlicht bunt schillerten, neigten sich über den Pfad.
    » Und wir werden auch wieder zurückfinden?«, erkundigte sie sich nach einer Weile und warf einen Blick über die Schulter. Das kleine Häuschen war bereits nicht mehr

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