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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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er wirkte. Genauso wie sie sich fühlte. Sie konnte keine Erklärung dafür finden, aber sie wollte, dass Vlain ihr ein wenig Verständnis entgegen brachte. Er war die einzige Person, die ihr etwas davon geben konnte.
    Die einzige Person, die da war.
    Sie brauchte ihn sehr wohl.
    » Das süß kann ich bestätigen.«
    Crevi horchte auf und errötete. Wann hatte ihr schon mal ein Mann ein Kompliment gemacht? Da sie sich aber nicht sicher war, ob es ihm ernst damit war, ließ sie es kommentarlos im Raum stehen und suchte in der Tasche ihrer Strickjacke nach dem Ladenschlüssel.
    Er war nicht dort.
    » Der Schlüssel«, brachte sie hervor. »Er ist weg.«
    » Soll ich die Tür eintreten?«
    » Nein!« Was hatte dieser Mann bloß für absurde Ideen?
    » Was dann?«
    » Ich weiß es nicht…«
    » Bleibt nicht viel übrig, was?«
    » Bist du von allen guten Geistern verlassen?«
    » Wie wäre es stattdessen damit, ein Fenster einzuschlagen?«
    » In was für einer Welt lebst du eigentlich?!«
    » In einer anderen als du, wie es scheint«, konterte er.
    » Wir sollten einen Schlosser aufsuchen…«
    Vlain seufzte schwer . »Crevi, wir befinden uns kurz vor dem Aufbruch. Wir gehen rein, holen ein paar Sachen und hauen ab. Auf nimmer Wiedersehen.«
    » Aber…« Sie holte tief Luft. »Tu was du nicht lassen kannst.«
    Er tat wie ihm befohlen. Gekonnt maß er Abstand, nahm Schwung und krachend traf sein Stiefel auf Widerstand.
    Sie konnte nicht leugnen, dass es ganz danach aussah, als täte er so etwas öfter.
    Erneut kroch Kälte ihren Rücken hinauf. Was ist er…? Ein Dieb? Ein Söldner? Ein Vagabund? Irgendein übler Geselle. Das stand fest. Wenngleich er einen feinen Anzug trug, wie es im Norden Elenyrias die Adeligen taten, war allzu offensichtlich, dass er kein Edelmann war. Der hier war mehr als anders. Er war das genaue Gegenteil. Seine Art, sich zu bewegen, sein Körperbau, seine Redeweise, wenn er sich nicht gerade bemühte, Hoch-Elenyrisch zu sprechen – was er alsbald aufgegeben hatte –, sein ansonsten ungepflegter Aufzug. Nur eine Waffe hatte sie bisher noch nicht bei ihm entdeckt.
    Sie zuckte zusammen, als die Tür mit erstaunlicher Leichtigkeit nach innen schwang.
    »Das Schloss muss geknackt worden sein«, murmelte Vlain ihr über die Schulter zu und kratzte sich dabei an seinem Sechstagebart. Er klang alles andere als glücklich darüber, während Crevi kalkweiß wurde und Eiseskälte sie durchfuhr. 
    » Heißt das…es wurde eingebrochen?«
    » Ich sehe mir das mal an. Warte solange hier.« Schon wollte er durch die Tür schlüpfen, da hielt sie ihn am Ärmel fest. 
    » Nein. Du….kannst mich doch nicht alleine lassen.«
    Unbändige Angst, auch nur eine Sekunde ohne ihn zu sein, erfüllte sie. Es war so lächerlich.
    Er wirkte nicht überzeugt.
    »Bitte. Die Einbrecher könnten zurückkommen.« Sie hatte eine gehässige Erwiderung erwartet, aber diesmal geschah nichts Dergleichen.
    » Na schön. Aber bleib dicht hinter mir.«
    Sie nickte.
    Auf leisen Sohlen betraten sie den Raum.
    Ihnen gegenüber stand die Theke, hinter der ein Regal mit kleinen Fächern hing, deren Inhalt auf dem Boden und der Ablage verstreut worden war. Zu beiden Seiten des Ladens prangten weitere Schränkchen. Teilweise waren sie aus Glas gewesen, so dass ihre zerstörten Türen nun in Scherben am Boden lagen. Vergossene Flüssigkeiten liefen in einer großen Pfütze zu ihren Füßen zusammen und sickerten in den Holzboden. Ein Geruch nach Menthol und Pfefferminz hing in der Luft.
    Nichts war übersehen worden. Die Stoffvorhänge an den oberen und unteren Ablagen waren abgerissen und die Dosen und Kistchen dahinter geöffnet.
    Crevi durchzuckte bei diesem Anblick ein weiterer Stich des Verlusts. Fast hätten ihre Beine nachgegeben. Doch sie konzentrierte sich auf das Bild von Vlains Rücken direkt vor sich. Sie hatte ihn . Wenn dies auch ein geringer Trost war, sie musste sich einfach daran klammern. Es war verrückt. Aber sie war noch nie so glücklich gewesen, jemanden an ihrer Seite zu wissen.
    » Die Wohnung«, flüsterte sie und nickte in Richtung einer Tür, knapp neben der Theke.
    Sie machten einen großen Bogen um die Medikamentenpfütze herum, bis sie das Ziel auf der anderen Seite des Raumes erreichten. 
    Vlain legte den Kopf an die Tür und lauschte.
    Crevi hielt es für notwendig , ihm mitzuteilen, dass sich auf der anderen Seite eine Treppe befand, die zunächst zu der eigentlichen Wohnungstür hinaufführte. Sie

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