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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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sie das. Weiß nicht länger, wo oben und unten ist.
    Zeitgleich wird ihr die Luft brutal aus den Lungen gepresst, bis sie glaubt, sie müsse ersticken.
    Ein wutentbranntes Heulen hinter ihr droht ihr Trommelfell zu zerreißen. Dennoch wagt sie einen Blick über die Schulter. Ihre Augen tränen und brennen im frischen Fahrtwind, doch erkennt sie deutlich die Umrisse geifernder Bestien, die uns auf allen Vieren nachsprinten.
    Nicht gut , denkt sie und klammert sich fester an mich. Wie gebannt starrt sie auf den Boden, der unter meinen Füßen in Sekundenbruchteilen dahin zieht. Die Tannen erkennt sie nunmehr als undeutliche Schatten, die an ihr vorbeisausen.
    Urplötzlich fühlt sie sich an ihre erste Begegnung mit Vlain erinnert. Ihre Flucht vor dem Kutschfahrer, die zerfließenden Hausfassaden, die flirrende Sommerhitze.
    Ein abrupter Richtungswechsel lässt sie aufkeuchen. Beinahe lässt sie mich los, schnappt entsetzt nach Luft, als die Umgebung plötzlich still steht und sich dann wieder in Bewegung setzt. »Entschuldige«, stoße ich schnaufend hervor und schwenke erneut – ein wenig sanfter diesmal – nach rechts.
    Da versucht eine Klauenhand , nach ihr zu greifen, lässt sie hell aufkreischen. Sofort wende ich mich zur Seite, dass Crevi erneut das Gleichgewicht zu verlieren droht, und lasse den anderen Dämon in meinem Kielwasser zurück.
    Noch einmal schaut sie bang über die Schulter und wird kreidebleich . »Sie holen auf«, wispert sie, doch die Worte werden ihr gleich darauf von den Lippen gerissen. »Es sind zu viele!«, wiederholt sie. Lauter diesmal.
    Ich zapfe die verbliebenen Kraftreserven an und beschleunige ein letztes Mal.
    Crevi quietscht auf, als sie bemerkt, dass ich direkt auf den Baumstamm einer Tanne zuhalte, kneift die Augen fest zusammen und ist bereits halb auf den Zusammenstoß gefasst, als es stattdessen ungeahnt gleichmäßig hinauf geht. Voller Erstaunen stellt sie fest, dass ich mich blitzschnell den Stamm hinauf angele, auf halber Höhe  – was beträchtliche vierzig Meter sind – stoppe und mich, bevor sie Einspruch erheben kann, mit einem kräftigen Tritt abstoße und geschätzte zwanzig Ellen entfernt die nächste Kiefer erreiche.
    Jedes mal, wenn wir uns schwerelos in der Luft befinden, schlägt ihr Magen Purzelbäume. Gleichzeitig wird sie merklich ruhiger, je weiter die Feinde hinter uns zurückfallen.
    Nachdem wir die Kreaturen nicht mehr sehen können, verharre ich ein paar Minuten atemlos . »Ist alles in Ordnung bei dir?«, frage ich sie und lockere vorsichtig meine Muskeln, die vor Anstrengung zu beben beginnen.
    Crevi nickt abwesend, wird dann schlagartig sehr ernst . »Und bei dir ?« Sie versucht, nicht nach unten zu sehen und daran zu denken, dass die Erde viele Meter unter ihr liegt. Gleichzeitig bemüht sie sich um einen ruhigen Tonfall. »Wie lange hältst du das noch durch? – Ich…ich meine, wir können ihnen nicht ewig davonlaufen. Das waren doch bestimmt…dutzende!«
    » Ich…ich weiß«, presse ich entkräftet hervor. »Einen Moment, halt dich fest.« Unversehens löse ich meine zu Klauen verbogenen Finger aus den Vertiefungen, die sie in der Rinde des Stammes hinterlassen haben, und lasse uns zwei Meter weit in die Tiefe fallen, wo ich auf einem breiten Ast zum Verschnaufen komme.
    Crevi bringt es vor lauter Erschöpfung nicht einmal fertig, wirklich erschrocken zu sein. Ihr Magen droht sich ohnehin jeden Moment zu entleeren.
    »Kann ich dich kurz absetzen?«
    Sie nickt und lässt sich von meinem Rücken hinunter gleiten, will sich eben mit dem Rücken an den Stamm der Kiefer lehnen, da trifft sie etwas mit voller Wucht in den Rücken, lässt sie nach vorne stürzen und mich, der ebenfalls um Gleichgewicht ringt, mit ihr in die Tiefe reißen.
    Sie fällt und kreischt und…

Dritter Teil

VIII . Die Quelle der Erlösung

1. Die Frau mit den tausend Gesichtern
     
    Ich bin die Vergangenheit, aus der Reue erwächst, die Gegenwart, zerrissen von Schuld, und die Zukunft, hoffnungsvoller und trostloser Erwartung. Ich bin ein einfältiger Narr, zeitgleich die Heimtücke in Person. Ich bin der Zwielichttänzer, der Maskenträger, der Vorbote grausamen Übels. Gar abscheulich bin ich, hat man einmal die Fassade durchschaut. Mit jedem meiner Schritte rückt die Hölle näher. Mit jedem meiner Worte wächst das Lügengeschwür meines Trugbildes. Denn ich bin geschaffen worden, um zu verführen. Möge dies noch so harmlos scheinen. Ich erwehre mich dessen so

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