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Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)

Titel: Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marnie Schaefers
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versank. »Ich meine, man hat mir durchaus Normen und Werte nahe bringen können, die ich größtenteils auch befolgt habe, auch wenn ich…so gesehen kein Gewissen hatte. Meine Tante beging Selbstmord, weil sie es mit mir nicht mehr aushielt.«
    Die Enthüllung hing wie ein schwerer Vorhang zwischen ihnen.
    Vlain räusperte sich und suchte nach den richtigen Worten, aber Yve fuhr leise, doch unbeirrt fort. »Stets habe ich meiner Familie, meinem Onkel und meiner Tante Schande gemacht. Ich war die Gefühlskalte, diejenige ohne Reue. Die, mit der niemand etwas zutun haben wollte. Selbst die anderen Kinder haben einen weiten Bogen um mich gemacht, weil man – so sagten sie – mit mir keinen Spaß haben könne und ich gruselig sei.« Sie seufzte. »Als ich zehn war, hat man mein Verhalten zur Anzeige gebracht und mich zu einem Leben in Ral’is Dosht verurteilt. Zuvor hatte man sich natürlich davon überzeugt, dass ich ein Teufelskind bin. Meine Tante wollte mich nicht gehen lassen und so begleitete sie mich schweren Herzens, während mein Onkel mit meinem Cousin zurückblieb.«
    Yve machte eine kurze Pause und sammelte sich. »Fortan lebten meine Tante und ich in der Höllenstadt. Es war von Anfang an ein hartes Leben, wir hatten nichts und niemand bekommt in dieser Stadt etwas geschenkt. Wir hatten außerordentliches Glück, als wir an einen rätselhaften Herrn gerieten, einen Giftmischer. Meine Tante und er schlossen Freundschaft und dennoch hat ihr das, was sie in der Höllenstadt erlebt hat, zu sehr zugesetzt. Nachts weinte sie, weil ihr Leben keinen Sinn mehr hätte, und ich zeigte ihr keinerlei Verständnis. Wie auch? Irgendwann muss es ihr zu viel geworden sein.« Es schien der Rebellin schwer zu fallen, es auszusprechen, aber dennoch tat sie es schließlich. Ihre Stimme zitterte ein wenig. »Sie hat sich erhängt. An einem Strick, den sie an den Bettpfosten gebunden hat, ist sie aus dem Fenster gesprungen. Ihr Freund, der Giftmischer, war rasend vor Wut und zerrissen vor Trauer. – Und er gab mir die Schuld.«
     
    »Was…hat er getan?«, wagte Vlain zu fragen, der ahnte, dass die Geschichte noch nicht zu Ende war.
    »Er rächte sich an mir. Doch das Gift, das er mir einflößte, dieser drogenähnliche Stoff erzielte nicht die gewünschte Wirkung. Anfänglich kroch ich von Krämpfen geschüttelt vor ihm auf dem Boden und er beobachtete das alles mit grimmiger Genugtuung. Aber die eigentliche Wirkung des Gifts schlug schnell um. Nach nur wenigen Minuten linderte sich der Schmerz und stattdessen blieb etwas anderes zurück: Gefühle, die durch das Mittel geweckt worden waren. Schnell erkannte ich, was vor sich ging, und floh aus seinem Haus. Jahre später, nachdem er gestorben war, nahm ich mir seinen Besitz und sein Geld.« Yves Mundwinkel zuckten. »Ich hasse mich dafür, dass ich den Tod meiner Tante verschuldet habe.«
    »Kann ich verstehen«, mehr wollte Vlain nicht einfallen. Alle Worte des Trostes schien er in einem anderen Leben verbraucht zu haben. Dennoch konnte er nicht leugnen, dass es ihn ehrte, diese Dinge von Yve zu erfahren. »Das tut mir echt leid, Yve«, fügte er unbeholfen hinzu und hoffte, dass sie ihm glaubte. Er war nicht besonders gut darin, jemand anderem Beileid auszusprechen. Alles Mitleid, war bei ihm längst zu Selbstmitleid verkommen.
    »Ich weiß.«
    »Wegen meiner Schwester...«, kam er auf Jántre zurück. Ihm war, als wäre er ihr nun schuldig, zu sagen, was bei ihm geschehen war. »Du hast Recht. Ich habe sie umgebracht. Viel mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen.«
    »Okay.« Sie ließ ihn mit einem seltsam behutsamen Blick wissen, dass sie verstanden hatte, wie es dazu gekommen war.
    Es machte ihm ein wenig Angst derart vertrauensvolle Blicke mit jemandem auszutauschen, den er eigentlich gar nicht kannte. Es war ein anderes Gefühl der Vertrautheit, als das, welches er Crevi gegenüber empfand, aber deswegen kein geringeres.
    Der Fluss überspielte die anhaltende Stille mit seinem Rauschen und fast bekam Vlain gute Laune, als er einen Vogel zwitschern hörte. Was war nur los mit ihm? Er hasste Stimmungsschwankungen.
    »Danke, Yve«, sagte er, ehe er sich gewahr wurde, dass er es war, der da sprach.
    »Ich freue mich, wenn ich irgendetwas ausrichten konnte.« Sie blickte ihn wissend an und tänzelte an ihm vorbei.
    Nach einer halbstündigen Wanderung am reißenden Fluss entlang, kamen sie in ein kleines Tal. Hier mündete der Strom in einen See. In keinen besonders großen

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