Berufen (Die Kinder des Schöpfers, Band 1) (German Edition)
albern?« Crevi warf die Hände in die Luft und seufzte. »Ich war schon immer ziemlich…sensibel. Wirklich, du solltest sehen wie ich schon als kleines Kind geweint habe, als mein Kaninchen gestorben ist.«
Schon wieder etwas so Persönliches. Yve wickelte eine ihrer Strähnen um den Zeigefinger. Sie konnte es nicht glauben. »Meinst du das wirklich ernst? Dass du dir Sorgen gemacht hast?«
»Aber natürlich. Vlain kann das bestätigen.« Ihr schien dieses Eingeständnis peinlich zu sein.
»Weißt du?«, begann Yve und hatte Angst, dass ihre neue Freundin, wie sie Crevi nun vorsichtig nannte, dies abschrecken würde.
»Was denn?«
»Es hat sich noch nie jemand Sorgen um mich gemacht. Glaube ich.«
»Oh, Yve.« Plötzlich waren Crevis Augen feucht. »Das…muss schrecklich sein.« Sie rückte unerwartet ein kleines Stückchen an sie heran, legte ihr einen Arm um die Schulter.
Yve wusste gar nicht wie ihr geschah, aber plötzlich waren da Tränen in ihren Augen. Instinktiv kam ihr der Gedanken, keine Schwäche zeigen zu dürfen, aber ebenso schnell war er wieder verschwunden. Was blieb war die tiefe Ergriffenheit. Leise kullerten ihr die Tränen aus den Augenwinkeln. Es tat so gut, jemanden bei sich zu haben, der es wirklich ehrlich mit ihr meinte.
»Findest du das…komisch? Dass es noch nie jemanden interessiert hat, was mit mir passiert. Dass mein Leben so seltsam ist.«
»Nicht seltsamer als meines«, beruhigte Crevi sie.
»Dann findest du es nicht schlimm?«
»Nein.« Ein Lächeln schlich sich in die Stimme der Künstlerin. »Wir sind Freundinnen. So oder so.«
»So oder so.« Yve konnte ihr Glück kaum fassen.
»Findest du es denn auch nicht schlimm, dass ich die Schöpferin bin?«
»S ollte ich?«
» Immerhin bin ich die Nachfolgerin des Mannes, der dich zu diesem Schicksal als das…was du nun einmal bist, verurteilt hat. Ich könnte mir denken, dass du mich verachten müsstest.« Es schien, als habe Crevi sich schon länger darüber Gedanken gemacht.
»Natürlich nicht. Du bist seine Nachfolgerin, nicht er selbst. Ich weiß schließlich, was es heißt, wegen dem was man nun einmal ist, verurteilt zu werden. Wie könnte ich so etwas also bei jemand anderem tun?« Yve merkte, wie sie fast etwas entrüstet klang. »Es ist, wie du gesagt hast. Wir sind Freundinnen. So oder so.« Es war irgendwie fremd es auszusprechen, aber es fühlte sich gut an. So unendlich gut.
»Hast du gesehen, dass Jayden eine Vision hatte?«
»Von sehen konnte man da unten wohl kaum sprechen.« Yve schnitt eine Grimasse. »Aber ich habe nichts bemerkt, soweit man das sagen kann.«
»Was denkst du, was er gesehen hat?«
»Er hat von einer Frau gesprochen.«
»Ich weiß. Von einer grausamen Frau.« Crevi schlug die Beine unter. Noch immer hatte sie einen Arm um sie gelegt. »Denkst du, er hat eine von uns gesehen?«
»Nein, das hätte er mit Sicherheit direkt gesagt«, tat sie die Vermutung ab. »Was denkst du, warum Vlain nicht wollte, dass er die Vision sofort für uns wiedergibt?«
»Ich glaube, ihm hat dieser See ebenso wenig gefallen wie uns. Wahrscheinlich wollte er nur schnell fort von diesem Ort«, meinte Crevi. »Er ist gar nicht so kalt, wie er manchmal scheint.«
»Ich weiß. Denkst du wirklich, das war alles?«
»Ich habe noch nie gehört, wie jemand eine Vision wiedergibt. Vielleicht dachte er auch, dass wir nicht genügend Zeit haben und man sich sie lieber später in Ruhe anhören sollte.« Crevi zuckte mit den Schultern. »Klingt schräg, oder?«
»Ein wenig.« Yve strich sich die Haare hinter die Ohren. Noch immer waren sie von Schlamm verkrustet. »Ich bin froh, wenn wir diese Gegend hier hinter uns lassen.«
»Ich auch.« Sie überlegte. »Kann ich dich was fragen?«
»Klar. Was denn?«
»Kannst du dich noch an das erinnern, was auf dem Zirkel geschehen ist?«
»Dunkel.« Yve dachte an den Schmerz und ihr schwindelte.
»Da war dieser Mann…weißt du, wovon ich spreche?«
»I ch weiß nur noch, dass wir irgendwie gerettet wurden.«
»Durch ihn«, behauptete Crevi.
»Kann sein. Nachdem der Krieger mich angegriffen hat…verschwimmt alles.«
»Jayden kann sich auch nicht mehr an ihn erinnern, aber ich weiß ganz bestimmt, dass er da war.«
»Wie meinst du das? Er kann sich nicht mehr an ihn erinnern?« Yve musterte ihr Gegenüber abwartend.
»Es ist, als habe es ihn nie gegeben. Jayden bestreitet steif und fest, dass er ihn gesehen hat. Was aber seiner Meinung nach passiert sein soll,
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