Besessen
nicht sicher. Max sagt, Dahlia ist noch in der Stadt. Die Männer des Souleaters sind hier. Du musst weg von hier.“
„Nein“, sagte er leise und schüttelte den Kopf. „Er hat mir sonst alles genommen. Er wird mich nicht auch noch aus meinem Haus vertreiben.“
„Du bist so ein Starrkopf.“ Wie konnte er nur sein Leben aufs Spiel setzen, nur um seinem Schöpfer zu beweisen, dass er keine Angst vor ihm hatte? Wir hatten wirklich unterschiedliche Vorstellungen davon, was es heißt, zu gewinnen.
„Ich weiß, dass du es nicht verstehst.“ Seine Züge wurden weicher. „Ich lebe hier seit zehn Jahren, Carrie. Vorher hat mir noch nie wirklich etwas gehört. In dieser Wohnung ist alles, was mir je etwas bedeutet hat. Ziggy ist hier aufgewachsen. Hier habe ich dich kennengelernt. Das ist unser Zuhause.“
Ich schluchzte leise auf und hielt mir mit der Hand den Mund zu.
Er legte seine Finger um mein Handgelenk. „Du bist immer noch mein Zögling. Vergiss das nicht.“
„Das werde ich nie vergessen!“ In meinem Innern tat alles weh, und kalte Tränen liefen mir über die Wangen. Erwollte mich in die Arme nehmen, aber ich schüttelte heftig den Kopf und warf den Trageriemen der Tasche über meine Schulter. „Ich bin dein Zögling, aber ich will so viel mehr von dir, Nathan.“
Ich küsste ihn nicht zum Abschied. Das hätte die Gefühle in meinem Herzen nur wieder durcheinandergebracht, und dieses verräterische Organ hatte schon zu oft über meinen Verstand gesiegt. Wenn ich ihn jetzt küsste, würde ich ihm sagen, dass ich bei ihm bleiben wollte. Ich würde mir einreden, dass ich mit ihm zusammenleben und den Schmerz ertragen könnte, dass er die Frau, die er nie mehr haben konnte, immer mir vorziehen würde. Und meine größte Angst war, dass ich das irgendwann wirklich glaubte.
Max wartete im Wagen auf mich. Er hatte für mich sein lässiges, sorgenfreies Max-Gesicht aufgesetzt. „Alles bereit?“
Ich nickte. „So bereit wie möglich.“
Meine Tasche landete auf dem Rücksitz und ich setzte mich auf den Beifahrersitz. In tiefliegenden Autos wurde mir immer schlecht. Die fünf Stunden nach Chicago kamen mir plötzlich wahnsinnig lange vor.
„Glaubst du, er kommt zurecht? Ich meine, was ist mit diesen Kerlen, die für den Souleater arbeiten? Sie könnten immer noch …“, fing er an.
Entschieden schüttelte ich den Kopf. „Er möchte bleiben. Sein Haus verteidigen. Und er will, dass ich gehe.“
„Er kommt schon wieder zur Vernunft“, sagte Max, aber er klang nicht überzeugt. „Du wirst schon sehen.“
Ich würde auf Nathan warten. Die Frage war nur, wie lange?
Und wie lange sollte Nathan darauf warten, dass sein Schöpfer ihn zu sich rief? Der Souleater gab nicht schon nach einem Rückschlag auf. Nein, er würde seine Kräfte neu sortierenund dann mit noch größerer Gewalt zurückkommen. Auch die Bewegung suchte immer noch nach Nathan. Und er wartete auf seine beiden Feinde, zu stolz, um sein Haus zu verlassen, zu schwach, um es gegen eine solche Bedrohung zu verteidigen.
Wie lange sollte ich warten? Bis mein Schöpfer tot war, und mir das Herz noch einmal gebrochen wurde? Wie lange hatte ich Zeit bis zur nächsten Katastrophe, die mir alles abverlangen würde?
Warten. Jetzt konnten wir mit dem Warten anfangen, wachsam bleiben, uns vorbereiten auf was auch immer uns bevorstand. Oder wir versteckten uns und warteten ab.
Doch so wie ich die Dinge sah, hatten wir nicht die Zeit, um lange abzuwarten.
– ENDE –
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