Besessen
von 1812.“
„Carrie ist … neu“, entschuldigte mich Max. „Vergiss nicht, dass manche von uns nicht so alt sind wie du.“
Wenn ich das Mädchen ansah, fiel es schwer, sie nicht für eine menschliche Sechzehnjährige zu halten. Aber ich bin eine eiserne Verfechterin der Sitte, Frauen niemals nach ihrem Alter zu fragen.
„Tut mir leid“, sagte Anne schäfchenweich. Dann fragte sie breit lächelnd: „Möchten Sie eine Führung, während Sie warten?“
„Klar“, antwortete ich für Max und mich. Mir war nicht danach, ohne seinen Schutz durch die unterirdischen Räumlichkeiten der Bewegung zu strolchen. Nur für den Fall, dass ein gelangweilter Berufskiller gerade Sehnsucht nach einer Exekution verspürte.
Anne winkte uns zu folgen und ging auf eine Doppeltürzu, wo sie eine Plakette durch ein Kartenlesegerät zog. Es summte, dann öffnete sich das Schloss mit lautem Klacken. Sie stieß die Tür auf und führte uns hinein.
Das innere Heiligtum der Bewegung war eingerichtet wie die Lobby, allerdings säumten Türen mit Kartenlesern den Flur. Wachen waren in Abständen postiert. Sie trugen dieselben schwarzen Uniformen, die ich in der Nacht, als sie Cyrus’ Herrenhaus stürmten, an den Killerkommandos gesehen hatte.
„Alle Räume mit blauen Schildern sind sicher, wenn es einen Einbruch im Sicherheitssystem gibt.“ Sie zog eine Tür auf, und wir blickten in ein Büro. Eine Frau in einem langen, wallenden Kaftan mit einem hohen Turban auf dem Kopf sah kühl von einem Stapel Papiere auf. „Womit kann ich Ihnen dienen?“
„Ich zeige den Besuchern nur die sicheren Räume“, erwiderte Anne fröhlich, bevor sie die Tür wieder schloss.
„Also, was sind sichere Räume?“ Bisher fand ich die Sicherheitsvorkehrungen im Hauptquartier der Bewegung weit weniger beeindruckend, als ich es mir vorgestellt hatte.
„Sichere Räume sind genau der Ort, wo man sein möchte, wenn man die Alarmansage hört und der Countdown für die Sicherheitsmaßnahmen losgeht“, mischte sich Max ein. „Wenn es jemand schafft, hier hinunterzukommen, kann Anne den Alarm auslösen. Dann hast du dreißig Sekunden, um in einen sicheren Raum zu kommen – sie sind alle unverschlossen –, bevor das UV-Licht angeht.“
„Und alle Vampire frittiert, die unbefugt durch die Räume streichen“, ergänzte sie. „Ist doch cool, was?“
„Das ist echt cool“, stimmte ich zu und klang wie eine Mutter, die den Teenagerslang ihrer Tochter imitiert. „Und wenn es kein Vampir ist? Was ist, wenn ein Mensch hier eindringt?“
„Auch für diesen Fall haben wir für eine Absicherung gesorgt“, erwiderte Anne verschwörerisch. „Für eine pelzige Absicherung.“
„Werwölfe.“ Max verzog angeekelt das Gesicht. „Die sind von UV-Licht völlig unbeeindruckt und nehmen dann eine Handreinigung der ungesicherten Räume vor. Sie töten alles, was sich darin aufhält.“
Die Vorstellung, dass jemand ein Knöpfchen drücken und uns künstlichem, jedoch nicht weniger bedrohlichem Tageslicht aussetzen könnte, machte mich ziemlich nervös. Ich zuckte zusammen, als die Lampe über uns flackerte.
„Keine Angst“, lachte Anne. „Nur eine Handvoll Leute haben den Code für Sicherheitseinbrüche. Das macht es sicherer für uns.“
Die Führung ging weiter durch ein Netz von abwärts geneigten Fluren. Jede Ebene hatte ein höheres Sicherheitsniveau als das Pentagon. Anne erklärte bei manchen Räumen, was sich darin befand, und ich nickte höflich, aber meine Gedanken kreisten schon wieder sorgenvoll um Nathan.
„Und hier“, sagte sie, zog ihre Karte durch einen Leser und öffnete eine schwere Tür, „ist das Ende unsere Führung erreicht. General Bretons Büro.“
„Vielen Dank“, sagte ich matt. „Das war sehr … informativ.“
„Sie meinen langweilig.“ Anne seufzte dramatisch. Sie war vermutlich Hunderte von Jahren alt, aber sie hatte die sarkastische, herablassende Attitüde amerikanischer Teenager. „Stellen Sie sich mal vor, Sie müssten hier leben.“
„Ach, du armes Häschen“, stichelte Max belustigt. „Wir sehen uns später noch.“
Anne ließ uns mit einem kurzen Winken an der Tür stehen. Bevor Max das Büro betreten konnte, legte ich ihm dieHand auf die Schulter. „Okay, ich hab alles gesehen. Hochsicherheitstrakt, Superparanoia. Warum sind wir hier?“
„Wir sind hier, weil wir Nathan helfen müssen.“ Max stellte den Fuß in die Tür und ließ sie bis auf einen Spalt zuschwingen. „Hör zu. Es ist doch
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