Besessen
sonnenklar, dass ihn jemand mit einem Spruch belegt hat, damit das, was auch immer es ist, mit ihm passieren konnte. Die Bewegung kann uns helfen herauszufinden, wer dahintersteckt.“
„Wie? Haben sie Datenbanken über alle Hexen? Das ist unmöglich! Hast du eine Vorstellung davon, wie viele fünfzehnjährige Möchtegern-Sabrinas da draußen rumlaufen?“ Ich war so frustriert, dass ich am liebsten gegen die Wand getreten hätte. „Würdest du mir jetzt bitte eine klare Antwort geben? Das hast du bisher nämlich nicht getan.“
„Also gut!“ Max überblickte prüfend den Flur, bevor er fortfuhr. „Wir sind hier, um mit dem Orakel zu sprechen.“
„Mit dem Orakel?“, wiederholte ich, und das lächerliche Bild des Spiegels aus Schneewittchen schoss mir durch den Kopf.
„Sie ist ein Vampir. Ein sehr alter. Mit enormem Wissen. Sie weiß praktisch alles, und was sie nicht weiß, kann sie herausfinden. Aber sie ist gefährlich.“ Max stieß den Atem aus, als wüsste er, dass etwas Unentrinnbares auf uns zu kam. „Ich hoffe, dass ich Breton überzeugen kann, mich zu ihr zu lassen.“
„Ohne mich, richtig?“ Was war nur mit den männlichen Vampiren los, dass sie dauernd dachten, sie müssten mich beschützen? „Keine Chance.“
„Carrie, du verstehst das nicht. Sie ist völlig unberechenbar, und sie hat diese Fähigkeit zur Telekinese … Sie kann dich töten, Carrie. Mit ihrem Geist. Nun, ich habe niemanden, der an mir hängt. Wenn ich zu Staub verpuffe, schön.Aber du musst bleiben, für Nathan. Ich werde nicht verantwortlich dafür sein, dass du umgebracht wurdest.“ Ein grimmiger Zug legte sich um seinen Mund. „Und du bist kein Stück beeindruckt von meiner leidenschaftlichen Rede.“
„Keine Spur.“ Ich schielte auf die Tür. „Glaubst du, dieser General wird deinem Plan zustimmen?“
Max dachte einen Moment nach. „Ich glaube, bei ihm stehen unsere Chancen besser als bei einem von den anderen. Überlass mir das Reden.“
Mein Kiefer klappte herunter. „Du weißt, dass ich Nathan helfen will! Glaubst du wirklich, ich würde etwas tun, was unsere Chancen verschlechtern kann?“
„Nicht absichtlich.“ Er öffnete die Tür und bedeutete mir, einzutreten.
„Was heißt hier, nicht absichtlich?“, fragte ich, aber Max’ Gesicht verschloss sich. Er würde nichts mehr sagen. Ich seufzte und schritt unserem Termin mit General Breton entgegen.
5. KAPITEL
Widerstand
„Wie warst du, bevor du gestorben bist?“
Die Frage überraschte Cyrus. Er hatte angenommen, dass Mouse schlief. Sofern man überhaupt schlafen konnte bei dem Krach, den die Fangs da oben veranstalteten. Sowie die Sonne unterging, dröhnte die Musik los, und die Maschinen begrüßten röhrend das Nachtleben. Alsbald begann das unvermeidliche Gekreische. Normalerweise bemühte sich Mouse, vorher einzuschlafen. Nachdem sie tagelang Erfahrungen mit ihnen gemacht hatte, kannte sie das Programm der Fangs recht gut.
Cyrus würde selbst schlafen, wenn er nur kaltblütig genug gewesen wäre, ihr das Bett wieder abzunehmen. Er besänftigte sich, indem er vorgab, den Klang der Schreie von oben zu genießen. Unwirsch zerrte er an seinem dünnen Laken herum und versuchte vergeblich, seinen ganzen Körper damit zu bedecken. Die abscheulichen Polyesterklamotten des Priesters knisterten bei jeder Bewegung, aber er schauderte bei der Vorstellung, das raue Polster könnte seine Haut berühren, also behielt er sie an.
„Was meinst du damit?“, fragte er jetzt.
Sie drehte sich um und sah ihn an. Endlich hatte sie aufgehört, vor ihm zu kuschen. Vielleicht trug auch die Dunkelheit dazu bei. „Sie haben dich doch von den Toten wiederauferstehen lassen. Wie warst du, bevor du starbst? Warst du … so wie jetzt?“
„Ein Mensch?“ Cyrus schnaubte höhnisch. „Nein, ich war kein Mensch.“
„Nein.“ Enttäuschung zerfurchte ihre Stirn, sie seufzte.„Hast du … Leute verletzt?“
Cyrus zuckte zusammen, als sie mit der Hand über ihre bandagierte Kehle strich. Er hasste sich dafür, dass er bereute, sie angegriffen zu haben. Es wurde wirklich ermüdend, dieses Gefühl von Scham, ausgelöst durch Taten, die er früher als völlig normal empfunden hätte.
„Na, und ob. Und weit schlimmer als dich.“ Als sie nicht antwortete, überkam ihn ein bösartiger Impuls. Als er zum ersten Mal getötet hatte, hatte es ihn abgestoßen. Dann hatte er es in ein Spiel verwandelt, um es fesselnder zu machen. Was er ihr angetan hatte, war ziemlich
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