Besessen
klar sehen konnte, beugte sich March über mich, den Pflock noch immer in der Hand. Sie nahm einen langen Zug aus der Zigarette zwischen ihren Fingern und schenkte mir ein sarkastisches Lächeln. „Soweit ich das überblicke, gibt es zwischen uns eine Verbindung. Zumindest sind Ihr Schöpfer und meiner miteinander verbunden.“
Mir schwirrte noch der Kopf. „Wie bitte?“
March schnippte die Asche direkt auf den Boden. Ein paar sengende Flöckchen berührten mein Gesicht. „Jacob Seymour. Der Souleater?“
13. KAPITEL
Kapitulation
Bei Sonnenuntergang kamen sie die Treppe herunter.
Cyrus’ erster Gedanke galt der Tür, die er besser hätte abschließen sollen, doch dann besann er sich, dass er genau das getan hatte. Sie wurde einfach aus den Angeln gerissen, flog mitsamt den Scharnieren die Treppe herunter und landete krachend auf dem billigen Esstisch, der prompt auseinanderbrach.
Mouse schrie auf, rappelte sich mühsam neben ihm hoch und schlang die Arme um sich.
Sie waren nur zu dritt, aber Cyrus war menschlich. Schwach und menschlich. Als einer ihn packte, war er nicht in der Lage, sich zu befreien. Er konnte nichts tun als tatenlos dabei zusehen, wie zwei von ihnen Mouse auf das Bett pressten.
Gellend schrie sie seinen Namen, flehte ihn um Hilfe an.
Cyrus musste daran denken, warum sie keinen Widerstand geleistet hatte, als die Nonne getötet wurde; warum sie nicht gebetet und Gott um Hilfe angefleht hatte.
Weil sowieso niemand zuhörte .
Deshalb hatten sie auch keine Freude an ihrem Treiben gehabt. Cyrus wusste aus erster Hand, dass der eigentliche Spaß am Töten sich erst beim Quälen des Opfers einstellte.
Jetzt, wo sie wieder ein Fünkchen Hoffnung in sich hatte, würde sie eine viel süßere Frucht sein.
Du musst sie gefühllos betrachten, abgebrüht. Verstell dich, tu so, als bedeute sie dir nichts, und sie wird aufhören, sich zu sträuben . Doch er konnte es nicht. Sein umfassendes Repertoire an grausamen Bemerkungen, sonst allgegenwärtig,löste sich in Nichts auf. Aber er war sich nicht sicher, ob er es überhaupt hätte einsetzen können.
Schutz und Sicherheit hatte er ihr versprochen und sein Versprechen nicht halten können. Er hatte gelogen und war nur ein unnützer Junge, der den Helden spielte. Retten konnte er dieses Mädchen in Nöten nicht.
Das Biest über Mouse riss ihr mit einem heftigen Ruck den Kopf nach hinten und entblößte ihre Kehle. Beim Anblick der heilenden Spuren, die Cyrus’ Zähne hinterlassen hatten, lachte der Vampir laut auf. Für einen perversen Moment dachte Cyrus fast erleichtert, dass das Monster vielleicht nur hinter ihrem Blut her war. Dann geißelte er sich selbst dafür, dass er den Wert ihrer Keuschheit über den ihres Lebens stellte.
Du bist wahrlich deines Vaters Sohn .
Diese Erkenntnis lag schwer wie Blei auf seiner Brust. Er schloss die Augen und betete, es möge schnell gehen, damit sie nicht noch mehr leiden musste.
Die Tonlage ihrer Schreie änderte sich, schlug um in fassungsloses Entsetzen, und die groben Hände, die ihn eben noch fest im Griff hielten, lockerten ihre Umklammerung.
Cyrus öffnete die Augen, sah, wie Mouse sich ängstlich duckte, als der Vampir über ihr in Flammen aufging und rasend schnell verbrannte. Wie aufgehängt schwebte für einen Augenblick ein Skelett aus Asche in der Luft, dann zerfielen seine Rippen rund um das blau lodernde Herz. Zuletzt verglühte auch das in Flammen stehende Organ und fiel als schwarze Staubwolke auf das Bett. Der Pfahl, der sein Herz durchbohrt hatte, plumpste mit einem dumpfen Geräusch neben Mouse auf die Matratze.
Die beiden anderen drängten hastig in Richtung Treppe, wurden jedoch in rascher Folge von Pfählen durchbohrt undvon dem gleichen Schicksal ereilt.
Auf der obersten Treppenstufe stand Angie und drückte ihre Zigarette aus.
„Tut mir leid wegen deiner Tür.“
Cyrus wäre am liebsten mit einem Splitter der zerbrochenen Tür auf sie losgegangen, um ihr Herz damit zu durchbohren. Aber Mouse war so still. Blass und zitternd kauerte sie unter den Überresten des toten Vampirs. Sein Drang, zu ihr zu gehen, war stärker als das Verlangen, Angie zu töten. Er half Mouse beim Aufstehen und entfernte behutsam die Asche aus ihrem Haar, dabei schob er ein paar Strähnen zur Seite, um ihren Hals zu untersuchen. Er fand keine frischen Bissspuren. Trotzdem fragte er: „Hat er dich verletzt?“
Mouse schüttelte den Kopf. Ihm war nicht ganz klar, ob zur Verneinung oder als Folge
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