Besessen

schnitt die Kugel entzwei und schleuderte Dahlia zu Boden.
    Dann richtete die Werwölfin eine Armbrust auf Max’ Brust. Der Bolzen war metallbeschlagen mit einem hölzernen Schaft. Die Langstreckenwaffe eines Feiglings.
    „Ich hab dich gewarnt“, sagte sie kalt.
    Ihm blieb keine Zeit für Verhandlungen. Sie schoss.
    Max Harrison stirbt nicht mit offenem Hosenstall in einer schmutzigen Gasse. Er wich aus, aber der Bolzen erwischte ihn an der Schulter. Er brüllte vor Schmerz auf und ging zu Boden.
    Bella beugte sich über ihn und packte das Ende des Pfeils. Mit einer grausamen Drehung zerrte sie ihn aus seinem Fleisch. „Zum letzten Mal, Vampir. Noch einmal, und du bist tot.“
    Bella verschwand wie ein Schatten, vor dem das Licht flieht.
    Dahlia wimmerte, während sie sich aufrappelte, allerdings hatte Max den Verdacht, dass ihr Stolz mehr gelitten hatte als ihr Körper.
    „Möchtest du eine Mitfahrgelegenheit nach Hause?“, bot er an, obwohl es aus seiner Schulter tropfte wie aus einem lecken Rohr.
    Sie wedelte ihn weg. „Tu, was du tun musst. Es war nett, dich wiederzusehen … wie heißt du noch mal?“
    „Max.“
    „Ja, das klingt, als ob ich es mir merken könnte.“ Sie zwinkerte ihm zu und humpelte auf einem gebrochenen Stiefelabsatz die Gasse hinunter.
    Max schaute sich in der Umgebung des Cafés um, dann überprüfte er die Gegend noch einmal, bevor er die Straße überquerte. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war ein weiterer Zusammenprall mit dem Star des Abends.
    Im Auto holte er sein Handy heraus und rief Carrie auf.Ich trieb in einer Welt aus Weiß. Nein, nicht Weiß. Licht.
    Warum kann ich dich immer noch hören?
    Cyrus’ Stimme drohte meinen Kopf in Stücke zu sprengen. Ich blinzelte unter dem ohrenbetäubenden Angriff. Die Luft war zwar hell, aber kalt. Alles war kalt. „Ich will nicht hier sein.“
    Das Licht wurde noch heller, und ich fiel. Bevor ich auf dem Boden aufschlug, sah ich sie. Zwei Körper, achtlos zu Boden geworfen wie Stoffpuppen. Und Blut. So viel Blut.
    Dann wurde alles weggesaugt und ließ mich in einer schwarzen Leere zurück. In mir stieg Panik auf. War ich tot? Träumte ich? Warum konnte ich nicht aufwachen oder mich bewegen oder die Augen öffnen?
    Carrie, entspann dich.
    Ich fuhr zusammen. Das war Nathans Stimme, zum ersten Mal gelassen und vernünftig, seit er mir genommen worden war.
    Ich wurde nicht genommen. Noch nicht. Aber mir bleibt nicht mehr viel Zeit.
    „Nathan!“ Ich wollte laut brüllen, aber nichts war zu hören. Was ist passiert? Geht’s dir besser?
    Nein. Mit dem Wort kam eine Welle der Verzweiflung durch das Band zwischen uns. Es schläft. Es muss schlafen.
    Was muss schlafen? Ich dachte an den Dämon, der seine Haut getragen hatte, stellte ihn mir als schleimiges, schuppiges Ding vor, das Nathan in seinen grausamen Klauen hielt.
    Ich weiß nicht. Ich weiß nicht, was es ist. In seinem Tonfall lag etwas Drängendes. Gott, Carrie, ich weiß nicht, was mit mir geschieht.
    Seine wachsende Angst verwandelte meine Kehle in Staub, und ich schluckte. Du bist besessen. Max sucht dich, um dir zu helfen. Wo bist du?
    Ich weiß nicht. Im Dunkeln. Carrie, bitte hilf mir. Seine letzten Worte gingen fast in dem trockenen Schluchzen unter, das sich meiner Kehle entrang. Ich bin nicht besessen. Dieses Ding …
    Stille. Ich hatte die Verbindung zu ihm verloren. Ich rief nach ihm, mein Hirn versuchte fieberhaft wieder Kontakt mit ihm aufzunehmen, wie das Mark eines gebrochenen Knochens nach einem Weg sucht, sich wieder zusammenzufügen.
    „Aufwachen!“
    Mit einem Keuchen erwachte ich und fühlte den Druck eines Pflocks auf meiner Brust.
    March stand über mich gebeugt. Der flauschig rot befiederte Kragen ihres Satin-Morgenmantels rahmte ihr Gesicht ein. Ihre Knöchel waren weiß von ihrem Griff um den Pflock. Sie zitterte vor Wut und drehte das Holz, sodass sich die Spitze in meine Haut bohrte. „Für wen arbeiten Sie?“
    So sterbe ich also. „Ich arbeite für niemanden.“ Ich widerstand dem Impuls, auf der Suche nach einem Fluchtweg wild herumzuspähen. Das könnte sie so reizen, dass sie mich jetzt und hier erstach. „Ich gehöre nicht zur Bewegung, das sagte ich Ihnen doch.“
    „Das weiß ich! Halten Sie mich für dumm? Ich habe Sie auf Verbindungen zur Bewegung überprüft, bevor ich Ihnen dieses Zimmer gegeben habe.“ Der Druck des Pflocks ließ ein wenig nach. Ihre Vernunft kehrte zurück. „Aber es ist nicht die Bewegung, die mir Sorgen