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Besessene

Besessene

Titel: Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hayes
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für andere gehabt, und ganz besonders für die, die nicht so priviligiert waren wie du. Ich glaube langsam, du bist diejenige, die ein Problem hat, und nicht diese Genevieve.«
    Einen Moment lang saß ich ganz ruhig da, um diese unangenehme Anschuldigung zu verdauen. Hatte Mum recht? Eigentlich hatte Genevieve nichts weiter getan, als mir einen schönen Anhänger zu überlassen, für den sie Geld von mir hätte verlangen können. Sie hatte keine Familie und Zustände ertragen müssen, die ich mir nicht einmal vorstellen konnte. Ich schämte mich, als mir klar wurde, wie eifer- und rachsüchtig ich Mum vorkommen musste.
    »Das ist doch wirklich nicht typisch für dich«, fügte Mum noch hinzu, etwas milder diesmal. »Wenn deine Freundschaft mit Merlin dich in ein Mädchen verwandelt, das sich von einem empfindsamen Teenager verfolgt fühlt   … dann ist er vielleicht auch nicht der Richtige für dich.«
    »Der Richtige ist er schon für mich, aber   …«
    Ich biss mir auf die Zunge, weil ich nicht noch einmal damit anfangen wollte, Mum vorzujammern, dass Genevieve mit Merlin flirtete. Wahrscheinlich bildete ich mir auch das nur ein. Und Mum hatte recht. Dieser Mangel an Mitgefühl war völlig untypisch für mich, passte gar nicht zu mir.
    »Du musst Merlin vertrauen, Katy. Man darf die Menschen, die man liebt, nicht einsperren.«
    In diesem Augenblick schien Mum vor meinen Augen in sich zusammenzusacken. Ich legte die Arme um sie und spürte, wie meine Wange nass von ihren Tränen wurde.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte sie sich, »ich weiß nicht, was da gerade über mich gekommen ist.«
    Sie zog mich noch näher an sich und ich fühlte mich so eingeengt, als ob ich nicht mehr atmen könnte.
    »Wenn ich mir vorstelle, dass ich dich jemals verlieren könnte, Katy   … es würde mir das Herz brechen.«
    »Warum solltest du mich denn verlieren?«, fragte ich verwundert.
    Sie lächelte matt und versuchte, sich zusammenzunehmen. »Manchmal ereignen sich Dinge   … rein zufallsbedingt   … die alles verändern.«
    »Aber meine Mum wirst du trotzdem immer bleiben«, lachte ich.
    Mit gequältem Gesichtsausdruck fuhr Mum sich durch ihr schlaffes Haar. »Ich wollte nicht, dass sich die Dinge so entwickeln«, sagte sie schließlich. »Ich wollte die beste Mutter der Welt werden, wollte immer für dich da sein und dich beschützen.«
    Ich versuchte, sie zu beruhigen. »Du bist die beste Mutter   … ehrlich.«
    Mit stockender Stimme sagte sie: »Du hättest ein schöneres Leben verdient   … mit viel Spaß und Lachen, mit neuen Erfahrungen und Reisen. Ohne belastet zu sein von mir, die ich in diesem Haus gefangen bin.«
    Einen Moment lang sah ich flüchtig eine andere Frau vor mir, eine, an die ich mich kaum erinnern konnte, die voller Leben war. Ich wusste nicht mehr, wann sich das geändert hatte, weil Mum sich schon sehr lange in ihrem jetzigen Zustand befand. Doch ich konnte die Gelegenheit nicht einfach so vorüberziehen lassen. Wir hatten so selten ein vertrauliches Gespräch miteinander, dass sich möglicherweise jetzt die Chance bot, auf die ich gewartet hatte.
    »Die Ärzte sagen ja, dass nur du selbst etwas an deinem Zustand ändern kannst. Es gibt durchaus Hilfe für dich, du musst sie nur annehmen.«
    Mum sprach so leise, dass ich mich mit meinem Ohr zu ihrem Mund hinbeugen musste. »Ich habe mich sehr darum bemüht, aber irgendetwas hält mich zurück   … eine dunkle Wolke, die über mir schwebt.«
    »Was für eine Wolke?«
    Sie schüttelte bedauernd den Kopf. »Erinnerungen vermutlich   …«
    »Vielleicht   … erscheinen sie dir nicht so schlimm, wenn du sie mit jemandem teilst   …«
    Sie schloss die Augen und ließ sich in ihren Sessel zurückfallen. »Eines Tages erzähle ich dir davon und ich weiß, dass du mich dann verstehen wirst   … aber jetzt noch nicht.«
    Ich war enttäuscht, versuchte jedoch, mir nichts anmerken zu lassen. Immer wieder öffnete sich ein kleines Fenster, aber ebenso schnell schloss es sich auch.
    »Ich werde mir einen Ruck geben, Katy. Ich gehe wieder zum Arzt und werde seinen Rat befolgen   … versprochen.«
    »Das ist doch schon einmal ein Anfang«, antwortete ich nüchtern.
    »Komm, lass uns ein paar Muffins toasten«, schlug Mum mir etwas zu fröhlich vor.
    Ich nickte und bemühte mich, eine begeisterte Miene aufzusetzen. Gemma, unsere Katze, die die Farbe von Orangenmarmelade hatte, schlief in ihrem Korb und ich ging zu ihr hinüber, um sie zu

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