Besessene
trifft?«
»Wird nicht passieren. Sie geht kaum aus, ihr Auto steht meist in der Einfahrt und sie würde mich immer auf dem Handy anrufen, wenn sie mich sprechen will.«
»Merlin setzt dich aber nicht unter Druck, Katy, oder?«, fragte Nat und ihre Stimme klang eine Spur alarmiert.
»Nein, so ist er nicht.«
»Vielleicht merkst du es ja gar nicht.«
Ich lächelte selbstgefällig und es war mir ganz egal, wie widerlich ich dabei aussah. »Nein, irgendwie habe ich ein gutes Gefühl.«
Nat öffnete Hannahs Laptop. »Dann wollen wir das mal in Facebook stellen. Katy ist verliiiebt und auch bereit …«
Sie unterbrach sich, starrte auf den Bildschirm und wurde von Sekunde zu Sekunde bleicher. Sie öffnete den Mund, brachte aber kein Wort heraus und ihre Unterlippe fing an zu zittern. So hatte ich Nat noch nie erlebt, es war furchtbar, sie so zu sehen – als sei man Zeuge eines Autounfalls, der in Zeitlupentempo vonstattenging und bei dem man nicht helfen konnte. Für einen Moment hob sie den Blick und ließ ihn auf mir ruhen. Ich hatte keine Ahnung, warum, aber ich fühlte mich auf der Stelle schuldig. Nach einer Erklärung suchend sah ich Hannah an, doch die schüttelte nur bestürzt den Kopf. Nat gab einen unterdrückten Schluchzer von sich und rannte aus dem Zimmer, Hannah hinterher. Ich hörte, wie die Tür zum Bad verriegelt wurde und die Türklinke mehrmals klapperte, während Hannah versuchte, mit Nat durch die Tür zu reden. Allein und völlig verwirrt blieb ich auf dem Bett sitzen.
Ich kam mir wie eine Schnüfflerin vor, aber ich musstewissen, auf welcher Seite sie gewesen war. Als ich anfing zu lesen, erschrak ich zutiefst. Auf Nats Facebookseite wimmelte es in einem nie dagewesenen Ausmaß an Demütigungen. Zahlreiche Leute aus dem College hatten dort ihre Kommentare zum Thema ›Nat steht auf Adam‹ gepostet, einige der Sprüche waren extrem peinlich, andere richtiggehend grausam. Nein, das ging über jede Demütigung hinaus, und war es einmal weitererzählt, so würde es sich bald überall herumgesprochen haben – kein Wunder, dass Nat außer sich war. Verstört mampfte ich mich Stück für Stück durch das restliche Popcorn und versuchte mir vorzustellen, wie ich mich an ihrer Stelle fühlen würde. Mir fiel nichts ein, womit ich sie hätte trösten können.
Eine bleiche Gestalt mit geröteten und verquollenen Augen tauchte aus dem Bad auf. Nat kam auf mich zu, blieb vor mir stehen und sagte nur fünf Worte: »Hast du es irgendjemandem erzählt?«
Darauf war ich nicht gefasst gewesen. »Nein«, rief ich. »Natürlich nicht. Ich war es ganz bestimmt nicht. So etwas würde ich niemals jemandem erzählen.«
»Aber nur wir drei wissen, dass ich in Adam verliebt bin, Katy.«
Ich legte eine Hand auf mein Herz. »Ich habe es keiner Seele gegenüber erwähnt, das schwöre ich. Ich verstehe das einfach nicht. Adam ist doch nicht mal in unserm College und es kennen ihn gar nicht so viele Leute.«
Beide Mädels sahen mich jetzt an und es war, als ob ein Schatten zwischen uns vorbeigleiten würde. Ich wusste, was das bedeutete – die beiden trauten mir nicht.
Nat bemühte sich um ein schwaches Lächeln. »Wenn du schwörst, dass du niemandem etwas verraten hast, dann glaube ich dir auch.«
Selbst in einer solchen Situation wurde Nat nicht wütend und versuchte, mir zu glauben. Diese versöhnliche Haltung war typisch für sie und machte die ganze Sache noch viel schlimmer. Ich war nicht schuld, aber ich fühlte mich schuldig. Die Atmosphäre im Raum war jetzt unerträglich geworden und ich musste von hier verschwinden. Ich umarmte Nat und machte mich auf den Heimweg. Da es erst zwanzig Uhr war, schrieb ich Luke von unterwegs eine SMS, in der Hoffnung, einen Teil meiner Ängste vielleicht bei ihm abladen zu können.
Er schrieb mir umgehend zurück.
Operation Genevieve
–
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»Du siehst aus wie eine Zeichentrickfigur mit einer Regenwolke überm Kopf«, scherzte er, als er meinen niedergeschlagenen Ausdruck im Gesicht bemerkte.
Mit bleiernen Füßen und völlig erschöpften Gliedern schleppte ich mich nach oben in sein Zimmer und erzählte ihm, was vorgefallen war.
»Irgendwie schwant mir, dass Genevieve mit der Sache zu tun hat«, sagte ich kläglich, »aber einen Beweis dafür habe ich natürlich nicht. Wenn sie
mich
ins Visier nimmt, ist das eine Sache … dass sie jetzt auch noch Nat kränkt, zerreißt mir echt das Herz. Bei diesem
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