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Besessene

Besessene

Titel: Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hayes
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Lüftungslöcher des Ofens herausgerutscht sein. Während ich ihn ansah, spukte mir wieder im Kopf herum, was Genevieve einmal zu mir gesagt hatte:
Ich muss dir nirgendwohin folgen, Katy

so oder so, du bist gebrandmarkt.
Ich spielte mit dem Anhänger herum, erstaunt, weil er mir schwerer schien als vorher, doch dann verlor ich plötzlich die Beherrschung und warf ihn kurz entschlossen gegen die Wand. Er selbst war zwar unversehrt geblieben, hatte aber in den Putz der Wand ein Loch geschlagen. Hastig verhängte ich die beschädigte Stelle mit einem Poster.
    An diesem Nachmittag arbeitete ich so fleißig   – beinahefieberhaft   – an meinen Entwürfen, dass es ein Wunder war, dass das Papier, auf dem ich zeichnete, nicht schier in Flammen aufging. Ständig kamen Anrufe und SMS herein, die ich aber ignorierte   – ich musste mich irgendwie von der in mir angestauten Wut befreien.
    »Du weißt, ich kann gut zuhören«, meinte Mum dezent zu mir, als ich dann schließlich doch zu einem späten Lunch nach unten kam. Der finstere Blick schien schon mein ständiger Begleiter zu sein und mir fiel wieder ein, wie Granny mich als Kind gewarnt hatte: ›Wenn du solche Fratzen schneidest und die Uhr schlägt zwölf, bleibt dein Gesicht so stehen.‹
    »Danke, lieb von dir, Mum, aber mit dieser Sache muss ich selbst zurechtkommen.«
    »Geht es wieder um dieses Mädchen?«
    Ich war fest entschlossen, diesmal gar nichts zu erzählen, da Mum mir bislang auch nicht geglaubt hatte und mich der bloße Gedanke an Genevieve bereits erschöpfte.
    »Falls du doch darüber reden möchtest   – ich bin da«, sagte Mum leicht pikiert.
    Sie hatte die Tür noch nicht erreicht, als meine Entschlossenheit schon schwand. »Ganz ehrlich, Mum   … wir haben in allem den gleichen Geschmack, wir stehen auf den gleichen Jungen und jetzt äußern wir sogar auch schon die gleichen Dinge übereinander. Genevieve und ich verschmelzen derart miteinander, dass ich manchmal kaum noch weiß, wer sie ist und wer ich.«
    »Offensichtlich ist sie nicht sehr selbstbewusst«, war die diplomatische Antwort. »Du magst es nicht als Kompliment empfinden, aber sie scheint dich zu bewundern.«
    »Nein, das tut sie überhaupt nicht. Sie verachtet mich sogar und   … ist mir sowieso in jeder Hinsicht überlegen.«
    »Das ist sie sicher nicht. Du darfst nur nicht den Glauben an dich selbst verlieren.«
    Wieder packte mich die kalte Wut, und einmal da, war sie auch nicht mehr zu vertreiben.
    »Wie eine Katze sieht sie aus mit ihren unheimlichen grünen Riesenaugen. Die Leute finden ja alle, Katzen sind so hübsch, aber im Grunde haben sie ein fürchterliches Wesen   … kalt sind sie und egoistisch, hochnäsig, arrogant und eitel wie kleine Raubtiere   …«
    Gemma gab ein vorwurfsvolles Miauen von sich, so als habe sie jedes einzelne Wort verstanden, und schlug träge mit dem Schwanz nach mir.
    »Sie scheint dir ja wirklich zuzusetzen«, sagte Mum bekümmert.
    »Sie nennt sich Genevieve«, schimpfte ich. »Aber ihr eigentlicher Name passt überhaupt nicht zu ihr. Er ist viel zu schön für sie.«
    Mum schmunzelte nachsichtig. »Warum, wie hieß sie denn?«
    »Grace.«
    Ich musste wohl eine Sekunde zur Seite geblickt haben, sah aber gerade noch, wie Mum die Tasse aus der Hand glitt und auf dem Küchenboden in unzählige Einzelteile zerbrach. Sie sah so schockiert aus, dass es mir die Sprache verschlug und ich zunächst zu keiner Reaktion fähig war. Mum und ich sahen uns eine Ewigkeit lang an, dann bückte sie sich schnell, hob mit zitternden Händen jede einzelne Scherbe auf und schnitt sich dabei in den Finger.
    Während ich mit ihr zum Spülbecken ging, die Wunde reinigte und ein bisschen Mull und Pflaster um den Finger wickelte, versuchte ich, das in mir schwelende unbehagliche Gefühl zu ignorieren.
    »Ich bleibe hier«, murmelte sie. »In diesem Zustand kann ich dich doch nicht alleine lassen.«
    Sofort bekam ich Schuldgefühle. Mum hatte ausgemacht, beim Kirchenflohmarkt mitzuhelfen   – es war ihre Art, gelegentlich aus dem Haus und unter Menschen zu kommen. Nicht gerade aufregend, aber für sie bedeutete es viel. Das hatte ich ihr jetzt verdorben.
    »Mir geht es gut, Mum, wirklich«, sagte ich beschwichtigend. »Geh ruhig und hab dort Spaß, du musst dich nicht beeilen.«
    Mum war zwar immer noch etwas blass, machte sich aber mit entschlossenem Gesicht auf den Weg und vergaß sogar nachzusehen, ob alle Türen und Fenster geschlossen waren, ganz

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