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Besessene

Besessene

Titel: Besessene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Hayes
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dem Koffer drin ist?«, fragte Luke.
    Er zeigte auf einen altmodischen Schrankkoffer, auf dem mehrere Tüten mit Kissen und Vorhängen lagen, aber er war fest verriegelt und kein Schlüssel weit und breit zu sehen. Ich hob ihn etwas an und hörte einen dumpfen Ton.
    »Den brech ich auf«, sagte Luke.
    »Nein, lass das   …«, sagte ich und legte eine Hand auf seinen Arm, um ihn zurückzuhalten. »Die Scharniere sind ja schon verrostet. Und eines ist schon ganz kaputt.«
    An dieser Stelle schob ich meine Hand in den Koffer und fühlte ein Stück Stoff, das um etwas langes Dünnes gewickelt war. Darunter ertastete ich einen kühlen metallischen und mit kleinen Löchern durchsetzten Gegenstand.
    »Ich weiß, was das ist   – Mums Flöte.«
    »Ich wusste gar nicht, dass sie Flöte spielt.«
    »Das tut sie ja auch nicht   … nicht mehr auf alle Fälle, aber sie hat erzählt, dass sie mal richtig gut war.«
    Ich schlängelte mich zwischen Weidenkörben, Kunstblumen, Tennisschlägern, einem alten Petroleumofen und einem Kessel durch, besorgt, dass ich mich doch getäuscht hatte und hier nur unerwünschter Krempel abgeladen worden war.
    »Ein paar von den Sachen sind einiges wert«, rief Luke. Er fuhr mit der Hand über einen kleinen eichenen Arbeitstisch mit Lederplatte.
    Ich ging zu ihm hinüber und öffnete die Schreibtischklappe. Im Innern lag ein Stapel unterschiedlich großer Fotos. Ich sah sie durch und war verblüfft, darunter Aufnahmen von Mum zu sehen, als sie in meinem Alter war. Aufgenommen waren sie am Strand und auf einem Jahrmarkt. Sie hatte lange, windzerzauste Haare, sie lachte und sah unbekümmert aus, so anders als die Mutter, die ich kannte, dass mich von Neuem Traurigkeit überkam. Absurderweise hatte sie den glücklich lächelnden Teil von ihr, den Teil, der so gern Musikerin geworden wäre, zusammenmit den anderen Gegenständen auf dem Speicher deponiert, wo er jetzt Staub ansetzte. Ich hockte da und sah die Fotos an, während Luke schon weitersuchte und mir ein bisschen Zeit für mich alleine ließ. Ich war sehr versucht, ein paar der Fotos mitzunehmen, entschied mich aber dann dagegen, weil sie mich nur daran erinnern würden, wie wenig glücklich meine Mutter im Gegensatz zu damals war. Sorgfältig legte ich die Fotos wieder weg.
    Dann fiel mein Blick auf eine große schwarze Reisetasche, deren Reißverschluss ich hastig öffnete. »Da drin sind sogar Babysachen«, sagte ich zu Luke. »Ein winzig kleiner Strampelanzug und ein Babyjäckchen, gestrickte Babyschuhe und eine kleine Decke.« Ich hielt ein weißes Umschlagtuch mit Stickereien hoch, durch dessen Saum ein Satinband gefädelt war. »Wow, das ist wunderschön.«
    Luke deutete auf eine kleine Stickerei. »Da ist so etwas wie ein kleines Monogramm.«
    »HOPE«, las ich. »Merkwürdig! Ob das als Wunsch gemeint ist für das Baby, so wie
peace
und
love

    »Vor Jahren war das mal ein ganz beliebter Name«, antwortete Luke. »Da haben viele Eltern ihre Kinder nach den Tugenden benannt:
Hope, Patience, Mercy
und   …« Er unterbrach sich. Schnell stopfte ich das Tuch in die Reisetasche zurück. Ich wusste ganz genau, woran Luke dachte   – an Grace, den Namen, den ich niemals wieder hören wollte. Ich warf einen letzten sehnsüchtigen Blick auf Mums Fotos, klappte den Deckel des Schreibtischs zu und ließ mich auf den Boden sinken.
    »Es war ein Fehler, dich hierherzuschleifen, Luke   … hier gibt es nichts, was für uns interessant sein könnte.«
    »Na ja, hier ist es auch nicht öder als auf den meisten anderen Speichern. Als Dad und ich unsern Dachboden ausgeräumt haben, sind wir viermal mit voller Wagenladung zum Sperrmüll gefahren.«
    Ich spürte die Verzweiflung in mir aufsteigen. »Seit dieser ganzen Geschichte mit Genevieve bin ich total gestört, Luke. Ich seh mich ständig um, weil irgendjemand mich verfolgen könnte, bin immer ängstlich auf der Hut vor ihrem nächsten bösen Streich   – mein Leben ist ganz einfach nicht mehr so wie früher.«
    »Du bist doch nicht gestört, Kat«, sagte Luke beruhigend und setzte sich im Schneidersitz mir gegenüber auf die schmutzigen Bodenbretter. »Obwohl sie dich wahrscheinlich nur zu gerne dahin treiben würde.«
    Ich lachte gequält auf. »Na ja, ich finde, dass sie ganz erfolgreich damit ist. Ich meine   – was machen wir hier eigentlich? Wir sind total verrückt.«
    »Ist aber doch ganz lustig«, sagte Luke und grinste, um mich aufzuheitern.
    »Das Schlimmste ist, sie hat

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