Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
Street nahe am Navy Yard vorüberfuhr. Zwei Häuserblocks von dem Geschäft entfernt stieg ich aus.
Ich hoffte, daß Papa mir erlauben würde, mit Mr. Gottkin aufs Land zu fahren. Jetzt wünschte ich mir's mehr denn je. Denn es war die einzige Möglichkeit von Marjorie Ann loszukommen. Ich hatte Angst vor ihr und vor den Gefühlen, die sie in mir wachrief. Alles wird wieder okay sein, wenn ich den ganzen Sommer weg bin. Ein Trompetensignal unterbrach meine Gedanken. Ich sah zur Marinewerft hinüber. Es war vier Uhr, und die Wache wurde abgelöst. Ich beschloß, mir das noch anzusehen - ein paar Minuten mehr machten schon nichts mehr aus.
ICH WAR NICHT DABEI, ALS...
Papa hob den Deckel der Registrierkasse und sah hinein. Der Kontrollstreifen wies neun Dollar und vierzig Cent aus. Er schüttelte den Kopf, dann sah er auf die große Wanduhr. Bereits vier Uhr. In normalen Zeiten zeigte der Kontrollstreifen zehnmal soviel an. Wenn das so weiterging, wußte er nicht, wo er die Raten für die Hypothek hernehmen sollte.
Jetzt hörte er, daß ein Lastwagen vor seinem Geschäft stehenblieb, und sah hinaus. Es war ein Lieferwagen von Towns & James, den Zwischenhändlern, mit denen er, seit er das Geschäft führte, gearbeitet hatte. Der Fahrer betrat den Laden und trug ein kleines Paket unter dem Arm.
»Hallo, Tom«, sagte Papa lächelnd.
»Hallo, Doc«, antwortete der Mann. »Hab ein Paket für Sie. Macht zwölf sechzig.«
Papa zog einen Bleistift aus der Tasche. »Is' gut«, sagte er, »ich werd's bestätigen.«
»Tut mir leid, Doc, muß als Nachnahme bar bezahlt werden.«
»Als Nachnahme?« fragte Papa mit gekränkter Miene. »Aber ich mach mit Ihnen doch seit beinahe zwanzig Jahren Geschäfte und hab meine Rechnungen immer bezahlt.«
Der Fahrer zuckte teilnehmend die Achseln. »Ich weiß, Doc«, sagte er leise, »aber ich kann's nich' ändern, 's ist ein Befehl, 's ist ja auch auf die Rechnung gestempelt.«
Papa drückte auf den Hebel, der die Lade aufspringen ließ, und zählte das Geld langsam auf den Ladentisch. Der Fahrer nahm es und legte das Paket auf den Tisch. Papa schämte sich, ihn anzusehen. Sein Kredit war stets eine unerschöpfliche Quelle seines Stolzes gewesen.
Eine Frau betrat das Geschäft, und Papa lächelte mechanisch. »Ja, M'am?«
Sie legte ein Zehncentstück auf den Ladentisch. »Können S' mir zwei Fünfcentstücke geben, Doc? Möcht telefonieren.« Schweigend nahm er das Zehncentstück vom Tisch und schob ihr zwei Fünfcentstücke hin. Er folgte ihr mit dem Blick, während sie zur Telefonzelle ging. Das Paket lag noch immer auf dem Ladentisch, wohin es der Fahrer gelegt hatte. Aber Papa hatte jetzt keine Lust, es auszupacken. Er wollte es nicht einmal berühren.
Ich bog um die Ecke, ging an der Kneipe vorbei und blickte über die Straße. Die blauen und grauen Buchstaben auf den Schaufenstern kamen in Sicht:
FISHERS APOTHEKE
FARMICLA ITALIANA NORSK APOTHEKE EX-LAX
Während ich an der offenstehenden Türe der Kneipe vorbeilief, hörte ich aus dem Innern laute ärgerliche Stimmen; ich blieb aber nicht stehen, denn dort drinnen wurde immer gestritten. Und jetzt war ich bereits bei dem Geschäft. Papa stand hinter dem Ladentisch, ein kleiner dunkelhaariger Mann in einem hellgelben Arbeitsmantel. Anscheinend studierte er ein Päckchen, das vor ihm auf dem Ladentisch lag. Ich trat ein.
»Hallo, Papa.« Meine Worte schienen in dem leeren Raum widerzuhallen. Der stickige wohlvertraute Geruch der Drogen stieg mir in die Nase. Ich werde mich beim Anblick einer Drogerie immer dieses Geruchs erinnern. Als ich noch klein war, roch ich es stets an Papas Kleidern, wenn er von der Arbeit nach Hause kam. »Danny!« Papas Stimme klang erfreut. Er kam um den Ladentisch herum. »Was tust du denn in dieser Gegend?«
»Ich hab die Auskünfte über das Hotel von Mr. Gottkin bekommen«, erklärte ich und sah ihm ins Gesicht. Papa lächelte müde. Er schien sehr erschöpft zu sein. »Ich hält mir's ja denken können«, sagte er traurig, »daß du einen besonderen Grund hattest.«
»Ich war auf jeden Fall hergekommen«, sagte ich rasch. Papa sah mich sehr überlegen an. Ich konnte ihn ncht täuschen. Er fuhr mir liebevoll durch die Haare. »Okay«, sagte er sanft, »komm ins Hinterzimmer, dort können wir die Sache ungestört besprechen.«
Ich war eben im Begriff, ihm in das Hinterzimmer zu folgen und schon um den Ladentisch herumgegangen, als ich von der Türschwelle her einen Schrei hörte. Ich drehte
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