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Besser verhandeln - Das Trainingsbuch

Titel: Besser verhandeln - Das Trainingsbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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mich erschrocken um. »Doc!« schrie der Mann nochmals.
    Ich fühlte die Hände meines Vaters auf den Schultern, er schob mich hinter sich. Sein Gesicht war kreideweiß.
    Der Mann auf der Türschwelle war blutüberströmt. Auf einer Gesichtshälfte befand sich eine lange klaffende Wunde, die bis zum Hals hinunterreichte. Das nackte Fleisch war bloßgelegt, und der weiße Kieferknochen wurde unter dem hervorschießenden Blut sichtbar. Er machte einige zögernde Schritte in den Laden, wobei das Blut auf seine Beine und Füße herunterspritzte. Er tastete mit den Händen nach einem Halt und klammerte sich verzweifelt an den Ladentisch, während er uns sein schmerzgepeinigtes Gesicht zukehrte. »Sie haben mich gestochen, Doc.« Sein Griff lockerte sich, und er begann auf den Fußboden zu gleiten.
    Er sank vor dem Tisch auf die Knie, hielt sich aber noch immer an der Kante über seinem Kopf fest, das Gesicht auch weiterhin uns zugewandt. »Helfen Sie mir, Doc!« Seine Stimme war nur noch ein schwaches, heiseres Flüstern. »Lassen Sie mich nicht sterben.« Dann löste sich sein Griff, und er fiel der Länge nach vor unsere Füße. Ich sah, wie sein Blut langsam in der Wunde pulsierte. Ich sah meinen Vater an. Seine Lippen bewegten sich leise. Er sah krank aus, und auf seiner Stirn standen Schweißtropfen. »Papa!« schrie ich.
    Er starrte mich mit weitaufgerissenen gepeinigten Augen an. »Papa, willst du ihm denn nicht helfen?« Ich konnte nicht glauben, daß er den Mann hier sterben lassen wollte. Papa preßte die Lippen grimmig zusammen. Er ließ sich neben dem Mann auf die Knie fallen. Der Mann war inzwischen ohnmächtig geworden, sein Mund stand offen. Papa sah mich an. »Geh zum Telefon, Danny«, sagte er ruhig, »und bestell einen Rettungswagen.« Ich lief zum Telefon. Als ich zurückkam, war der Laden mit Menschen überfüllt, die sich um den Mann am Boden drängten; ich mußte mir durch diese Neugierigen erst einen Weg bahnen. Papa bat sie flehentlich: »Bitte treten Sie doch zurück. Lassen Sie ihm doch etwas Luft zum Atmen!«
    Sie beachteten ihn nicht. Aber jetzt mischte sich eine andre Stimme in seine Bitte- es war die Stimme eines Polizisten. »Ihr habt gehört, was der Doc gesagt hat«, sagte er mit gewohnter
    Autorität. »Vorwärts, tut, was euch befohlen wird!«
    Der Rettungswagen kam zu spät. Der Mann war bereits tot. Er hatte dort am Boden sterben müssen, weil er sich mit einem anderen Mann um ein Glas Bier gestritten hatte. Ich habe nicht gewußt, daß ein Glas Bier so folgenschwer sein kann, doch dieses war es gewiß gewesen. Es hatte einen Mann das Leben gekostet. Ich wischte die letzten Blutspuren behutsam vom Ladentisch. Papa sah mir aus dem Hintergrund des Ladens zu. Das war aufregend gewesen. Ich drehte mich zu ihm um.
    »Jöh, Papa«, sagte ich, von Bewunderung erfüllt, »du warst aber mutig, wie du dem Mann beigestanden hast. Ich hätt's nicht können. Mir war übel geworden.«
    Papa sah mich sonderbar an. »Mir war auch übel, Danny«, sagte er gelassen, »was sollte ich aber machen?« Ich lächelte. »Ich hab mir's überlegt, Papa«, sagte ich. »Ich möchte im Sommer lieber doch nicht wegfahren. Passieren solche Sachen öfter?«
    »Nein«, sagte Papa. Er nahm eine Packung Zigaretten vom Ladentisch, zog eine heraus und zündete sie an. »Du wirst wegfahren«, sagte er.
    »Aber, Papa.«, ich sagte es aufrichtig enttäuscht. »Du hast mich gehört, Danny«, sagte er entschlossen. »Du wirst wegfahren.«
    Ich richtete mich langsam auf. Etwas stimmte doch nicht, irgend etwas fehlte doch. »Hast du das Päckchen vom Ladentisch weggenommen, Papa?« fragte ich.
    Papa sah neugierig auf den Tisch. Ein Schatten zog über seine Augen, verschwand aber rasch. Er holte tief Atem, und seine Lippen verzerrten sich zu einem schiefen Lächeln. »Ich hab's nicht weggenommen«, sagte er.
    Ich sah ihn verwundert an. »Glaubst du, daß es jemand
    geklaut hat?«
    Während er antwortete, zeichneten sich die müden Falten scharf in seinem Gesicht ab: »Es macht nichts aus, Danny, 's war nichts Wichtiges. Ich brauch's ohnedies nicht.«
    9
    Ich saß ganz still auf der Veranda und streichelte Rexies Kopf. Es war mein letzter Abend zu Hause. Am nächsten Morgen sollte mich Mr. Gottkin mit seinem Ford abholen und wir würden dann gemeinsam aufs Land fahren. Ich war traurig, weil es das erstemal war, daß ich längere Zeit von zu Hause weg sein würde. Die Nacht umhüllte uns mit ihrer Stille. Das Haus war dunkel. Nur in

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