Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
unbefangen hinein. Immer nur zwei gleichzeitig und ganz ruhig. Wenn wir alle drin sind, geb ich das Zeichen und Spit und Solly beginnen hinten im Geschäft ihre Prügelei. Wenn dann alles in ihre Richtung sieht, habt ihr übrigen euch an die Arbeit zu machen. Denkt aber dran: packt ja keinen Ramsch zusammen, nur Sachen, die man wirklich verkaufen kann! Und treibt euch keinesfalls 'rum, um 'rauszukriegen, was die andern machen. Habt ihr euren Griff getan, verduftet! Verschwindet augenblicklich! Ihr wißt alle, wo wir uns nachher treffen. Und wartet erst eine Stunde, ehe ihr euch blicken laßt.«
Ich sah sie der Reihe nach an, alle hatten ernste Mienen. »Verstanden?« Es erfolgte keine Antwort. Ich grinste. »Dann ist's okay. Ich geh jetzt. Behaltet mich im Auge und fangt keinesfalls an, ehe ich das Zeichen gebe.«
Die Bande zerstreute sich, und ich schritt rasch weiter, bog um die Ecke und betrat den Zehn-Cent-Basar. Er war dichtgedrängt voller Menschen. Gut, das erleichtert unsre Sache. Ich drängte mich durch den schmalen Gang ans äußerste Ende des Bartisches bis zum Soda-Automaten durch. Dort kletterte ich auf einen Hocker und wartete, bis das Mädchen zu mir kam, um mich zu bedienen. Im Spiegel hinter der Theke sah ich, daß Spit und Solly an mir vorbeischlenderten.
Die Kellnerin blieb vor mir stehen. »Was soll's sein?«
»Was habt ihr denn, Baby?« entgegnete ich, denn ich wollte Zeit gewinnen. Es war noch nicht so weit. Sie sah mich müde an und strich ein paar Härchen aus der Stirn. »Dort drüben am Plakat steht alles«, erwiderte sie in ausdruckslosem gelangweiltem Ton, »Sie können ja sicher lesen.«
Ich gab vor, das Plakat zu studieren, das hinter ihr auf dem Spiegel klebte. Jetzt kamen wieder zwei meiner Burschen herein. »Eine doppelte Schokolade-Eiscreme-Soda«, sagte ich. »Für zehn Cent extra.«
Das Mädchen ging die Theke entlang und mischte das Getränk mit geübten Griffen. Sirup, Sodawasser, dann die Eiscreme - zwei Schöpfer voll, mit dem Stiel des Löffels zum Kunden, damit er nicht sieht, daß er in Wirklichkeit halbleer ist -dann nochmals Sodawasser. Ich sah mich im Laden um.
Die Burschen waren jetzt alle hereingekommen und sprungbereit. Ich wartete auf die Eiscreme und wünschte ungeduldig, daß sich das Mädchen etwas mehr beeilte. Plötzlich wollte ich mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun haben. Damals, als wir sie ausknobelten, schien es eine glänzende Idee zu sein, aber jetzt wurde ich doch nervös. Das Mädchen kam endlich zu mir zurück und stellte die Eiscreme vor mich auf die Theke.
Ich schob ihr zehn Cent zu und sie tippte sie auf der Registrierkasse. Die Burschen sahen verstohlen zu mir herüber. Ich steckte den Strohhalm in die Eiscreme, rührte um und begann zu saugen. Die Eiscreme war sehr süß - im selben Augenblick ging hinter mir der Krach los.
Ich grinste vor mich hin, während ich mich nach dem Getöse umdrehte. Solly stürzte soeben in einen Stapel Konserven. Der Krach war im ganzen Geschäft zu hören, und die Leute kamen neugierig gelaufen. Die Burschen arbeiteten sehr geschickt. Da begann das Mädchen hinter der Theke plötzlich zu sprechen, und ich schrak nervös auf. Sie sah neugierig über mich hinweg. »Was ist denn hier los?«
»Weiß nicht, scheinbar 'ne Prügelei.«
»Sieht aber aus, als wär's bloß gestellt«, sagte sie. Ich fühlte, wie sich mein Puls nervös beschleunigte. »Was meinen Sie damit?« fragte ich.
»Die Burschen tun sich gegenseitig nicht weh«, sagte sie rundheraus. »Ich wette, die haben hier noch Freunde, die inzwischen die Waren mitgehen lassen, 's ist ein uralter Trick.« Sie blickte durch den Raum. »Da, schaun Sie dort hinüber, sehen Sie?« Sie hatte eben einen der Burschen entdeckt, wie er verschiedene Gegenstände vom Kosmetiktisch in seine Taschen stopfte. In diesem Augenblick drehte sich der Junge um und sah mich an. Er lächelte, aber ich schüttelte rasch den Kopf, und er verschwand durch die Türe. Ich wandte mich wieder der Theke zu. Das Mädchen starrte mich mit weitaufgerissenen Augen an. »Sie gehören dazu!« flüsterte sie. Ich griff rasch über den Tisch und packte sie kalt lächelnd am Arm. »Und was werden Sie dagegen tun?« fragte ich gelassen. Sie starrte mich noch einen Moment an, dann lächelte sie gleichfalls. »Nichts«, antwortete sie. »'s geht mich nichts an und Barbara Hutton kann sich's leisten.«
Ich ließ ihren Arm los und sah wieder in den Laden. Die Burschen waren bereits verschwunden
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