Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
Geld, um von hier wegzukommen. Eines Tages würde ich aber genug Geld beisammen haben, um unser Haus zurückzukaufen und diese stinkende Gegend zu verlassen.
Ich öffnete die Türe und trat ein. Mama beugte sich gerade über den Herd. Sie sah müde zu mir auf.
»Papa hat gesagt, er wird um halb drei nach Hause kommen«, sagte ich. - Sie nickte. - »Ich hab mir gedacht, ich könnte ihm das Essen bringen«, erbot ich mich.
Sie sah mich erstaunt an. Es war das erste Mal, daß ich mich dazu erbot, seitdem er diese Stellung hatte. »Willst du nicht zuerst essen?« fragte sie.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht hungrig«, log ich. »Ein Junge hat mir bei Katz ein Paar Würstchen spendiert.«
»Aber vielleicht magst du noch ein bißchen Suppe.«
»Nein, Mama«, antwortete ich, »ich bin ganz satt.« Ich sah, daß in dem Topf kaum genug für alle war.
Sie war zu müde, um mit mir zu streiten und nahm ein weißes Emailgeschirr aus dem Schrank, das sie zu füllen begann. Dann stellte sie das Ganze behutsam in einen großen Papiersack, den sie mir gab. Ich ging zur Türe.
»Komm heut abend bald nach Haus, Danny«, rief sie mir nach, während ich die Türe schloß.
»Aber sicher, Mama«, rief ich zurück und lief die Treppe hinunter. Ich blieb vor Papas Geschäft stehen und sah hinein. Es befanden sich ein paar Kunden drin, ein Angestellter bediente sie. Papa mußte sich irgendwo im Hinterzimmer aufhalten. Ich betrat das Geschäft und wartete vor dem Ladentisch.
Aus dem Hinterzimmer drang die spitze, sich überschlagende Stimme eines schreienden Mannes. Unwillkürlich lauschte ich, denn ich erinnerte mich, sie am Nachmittag schon einmal gehört zu haben.
»Sie Esel«, schrie er mit seiner hohen gehässigen Stimme. »Ich weiß nicht, wozu ich Sie überhaupt angestellt habe. Es ist immer dasselbe mit euch Kerlen! Weil ihr ein eigenes Geschäft heruntergewirtschaftet habt, glaubt ihr, alles besser zu wissen und wollt auf niemanden hören!«
Die Stimme verstummte und an ihre Stelle trat das leise Gemurmel von Papas Antwort. Ich konnte die Worte nicht verstehen, daher sah ich durch die gläserne Trennungswand, die das Hinterzimmer vom Laden abteilte. Papa stand vor Mister Gold und sprach zu ihm. Mr. Gold starrte ihn böse an. Sein Gesicht war rot vor Wut. Er begann wieder zu schreien, ehe Papa den Satz beendet hatte. »Ich brauch keine Entschuldigungen, kein Alibi! Sie haben mir leid getan, wie Sie zu mir gekommen sind und mir was vorgewinselt haben, wie dringend Sie die Stellung brauchen, aber Gottverdammich, Sie werden die Arbeit so machen, wie ich es wünsche, oder Sie fliegen vierkantig 'raus! Haben Sie verstanden, Fisher?! So, wie ich es wünsche, oder Sie fliegen! Das ist alles!«
Jetzt konnte ich Papa wieder deutlich verstehen. »Es tut mir wirklich leid, Mr. Gold«, sagte er. »Sein Ton war so unterwürfig, daß mir übel wurde. »Es wird bestimmt nie wieder geschehen, Mr. Gold, ich verspreche es Ihnen.«
Ein wilder Impuls überkam mich, diesen Schweinehund umzubringen, der es wagte, so zu meinem Vater zu sprechen und ihn dazu brachte, auch noch vor ihm zu kriechen. Kein Mensch hat das Recht, einem andern so etwas anzutun! Papa wandte sich wieder an das Männchen. Ich sah durch die
Glaswand, wie er mit gekrümmtem Rücken und hängenden Schultern dastand und den Kopf demütig neigte.
Die Stimme des Angestellten unterbrach meine Gedanken. »Kann ich etwas für Sie tun, Sir?«
Ich sah ihn verwundert an. Anstelle meiner Wut war ein Gefühl grenzenlosen Ekels getreten. Ich schüttelte den Kopf und ging ärgerlich auf die Türe zu. Dann erinnerte ich mich an den Papiersack mit dem Essen, den ich noch immer in der Hand hielt, trat an den Ladentisch und stellte ihn hin. »Das ist das Abendessen für Doc Fisher«, sagte ich zu dem Angestellten und lief auf die Straße hinaus, verfolgt von Mr. Golds hoher spitzer Stimme.
»Nur einen Dollar fünfzig pro Kopf?« sagte Spit in unzufriedenem Ton.
Ich sah ihn kalt an. Der Ton meiner Stimme war unmißverständlich. »Wenn du's besser kannst, dann mach du's.« Wie stets, wenn Spit aufgeregt war, lief ihm der Speichel in kleinen Tropfen aus dem Mundwinkel. »Okay, Danny, okay«, sagte er hastig. »Ich hab ja nix g'sagt.«
Ich verteilte den Rest des Geldes, dann sah ich sie der Reihe nach an. Ich hatte mir zwei Dollar zurückbehalten, denn ich hatte ja die Sache ausgeknobelt.
»Was machen wir als nächstes, Danny?« fragte Spit und sah mich erwartungsvoll
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