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Besser verhandeln - Das Trainingsbuch

Titel: Besser verhandeln - Das Trainingsbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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und Solly wurde soeben von zwei kräftigen Männern zur Türe hinausgeworfen. Ich war grenzenlos erleichtert. Noch immer lächelnd, wandte ich mich wieder um und nahm einen Löffel von meiner Eiscreme. Ich spürte, wie die Schokolade langsam in meinem Mund schmolz. »Ihr macht hier eine erbärmliche Eiscreme«, sagte ich. Sie lächelte wieder. Sie hatte dichtes schwarzes Haar und sanfte dunkelbraune Augen. Ihr Lippenstift stach auffallend grell gegen ihr schmales blasses Gesicht ab.
    »Mir scheint, Sie sind hübsch gerissen, was?« flüsterte sie. Ich fühlte, wie eine beglückende Wärme in mir aufstieg. Ich wußte, daß ich bei diesem hübschen Mädchen gewonnen hatte. »Wie heißen Sie, Baby?« fragte ich. »Nellie«, antwortete sie.
    »Und ich heiße Danny«, sagte ich. »Wohnen Sie hier in der Nähe?«
    »Drüben, in der Eldridge Street.«
    »Wann sind Sie hier fertig?«
    »Um neun Uhr, wenn das Geschäft schließt«, erwiderte sie. Stolzgebläht stand ich auf. Ich war meiner Sache jetzt sehr sicher. »Ich werde an der Ecke auf Sie warten«, sagte ich. »Vielleicht bekommen wir noch was zu essen.« Ich wartete ihre Antwort nicht ab, sondern schlenderte zu der Stelle hinüber, an der einige Angestellte eifrig damit beschäftigt waren, den Stapel wieder aufzubauen, in den Solly hineingefallen war. Ich sah ihnen ein paar Minuten zu, dann kehrte ich zur Theke zurück.
    Das Mädchen sah mich noch immer an. Ich grinste. »Auf Wiedersehen um neun, Nellie.«
    Ein Lächeln blitzte rasch auf. »Ich komme an die Ecke, Danny.« Ich winkte ihr zu und schritt zum Eingang. Ich spürte, daß mir ihr Blick folgte. Als ich an dem Apothekertisch vorbeikam, zog ich meinen Kamm hervor und fuhr mir damit lässig durchs Haar. Dann schritt ich durch die Türe und ließ den Kamm in die Tasche meines Hemdes zurückgleiten.

2
    Der Händler sah mich mit verschlagener Miene an. »Woher hast du das Zeug?« fragte er.
    »Wollen Sie's kaufen«, entgegnete ich sarkastisch, »oder wollen Sie den Stammbaum wissen?«
    Er sah sich den Inhalt des Kartons an und schob ihn nervös von einer Hand in die andre. »Ich will mit der Polente nichts zu tun haben«, sagte er.
    Ich griff unmißverständlich nach der Schachtel. »Dann kauft's eben wer andrer.«
    Er hielt mich zurück. »Wart doch 'nen Moment. Ich hab doch nich gesagt, daß ich's nich kauf.«
    Ich ließ den Karton wieder los. »Dann fragen Sie nicht soviel. Fünfzehn Dollar, und der ganze Kram gehört Ihnen.« Er öffnete den Mund, und seine gelben Zähne wurden sichtbar. »Zehn.«
    »Vierzehn«, sagte ich rasch. Das Ritual hatte begonnen. In East Side handelt man unter allen Umständen und um alles. »Elf.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Zwölf.« Er studierte aufmerksam meine Miene. »Kommt nicht in Frage«, erwiderte ich.
    Er holte tief Atem. »Zwölf fünfzig«, sagte er beinahe flüsternd. »Mein letztes Wort.«
    Ich sah ihn einen Augenblick an, dann streckte ich die Hand aus. »Her mit dem Zaster«, sagte ich.
    Er griff in die Tasche, nahm eine alte schmutzige Geldbörse heraus, öffnete sie, und eine magere Banknotenrolle wurde sichtbar. Bedächtig zählte er mir das Geld in die Hand.
    Ich zählte nochmals nach, schob das Geld in die Tasche und machte kehrt, um zu gehen. Doch der Händler rief mich zurück. »Wenn du noch mehr von dem Zeug kriegen kannst«, sagte er gierig, »dann bring's mir. Ich werd dich schon anständig bezahlen.« Die ganze Sache lohnte sich nicht. Zwölf Dollar fünfzig, in sieben Teile geteilt, das waren ja weniger als zwei Dollar pro Kopf! Nein, das war der Mühe nicht wert. »Sicher«, antwortete ich und drehte mich um. »Werd dran denken.«
    Der bekommt mich nie wieder zu sehen. Dabei war nichts zu holen. Als ich die Rivington Street überquerte, sah ich auf meine Uhr. Es war beinahe sechs. Mit der Bande sollte ich mich nicht vor sieben in der Konditorei treffen. Ich beschloß nach Hause zu gehen und Papas Abendbrot abzuholen. Mama brachte ihm sein Essen jeden Tag ins Geschäft, und so konnte ich ihr einen Weg ersparen. Im Hausflur stank es erbärmlich. Angeekelt bemerkte ich die Papiertüten, die vor den Wohnungstüren standen. Dieser lausige Hausmeister war wieder mal besoffen und hatte vergessen, den Abfall am Morgen wegzuschaffen. Obwohl ich das schon oft gesehen hatte, konnte ich mich doch nicht dran gewöhnen. Ich stolperte über das lockere Brett einer Stufe und begann leise vor mich hin zu fluchen. Ich haßte die Gegend. Ich wollte, ich hätte genug

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