Besser verhandeln - Das Trainingsbuch
verstehen konnte. Ich fühlte sie warm in meiner Hand und wußte, sie verstanden mich, wenn auch sonst niemand. Ich gewann sechs Dollar.
Jetzt ging's um vier Dollar für den Point. Ich sammelte sie wieder in die Hand und flüsterte weiter mit ihnen. Als sie hübsch warm in meiner Hand lagen, warf ich sie und gewann.
Ich strich neun Dollar ein und ließ den Rest stehen. Ich spürte, wie mir der Schweiß ausbrach, während ich die Würfel in der Hand schüttelte. Ich war wie im Fieber.
Es war beinahe dreiviertel neun, als ich wieder zur Besinnung kam und auf die Uhr blickte. Ich gab die Würfel weiter und trat aus dem Spiel aus. Ich hatte über zwanzig Dollar gewonnen. Das Hemd klebte mir feucht am Rücken, als ich aus der Garage trat.
Der Junge vor der Türe grinste. »Schon pleite, Danny?« höhnte er grinsend.
Ich grinste auch und warf ihm einen halben Dollar zu.
3
Ich stand an der Ecke vor dem Zehn-Cent-Basar und betrachtete die Mädchen, die herauskamen. Ich zündete mir eine Zigarette an. Es war bereits zehn nach neun. Vielleicht versetzt sie mich! Ich werde ihr noch fünf Minuten bewilligen, dann kann sie sich zum Teufel scheren.
»Hallo, Danny«, sagte sie leise. Sie stand neben mir. Ich hatte sie wohl aus der Türe treten sehen, aber nicht wiedererkannt, weil sie in ihren eigenen Kleidern viel jünger aussah als in der Geschäftsuniform.
»Hallo, Nellie.« Ich sah sie erstaunt an. Sie war ja ein Kind. Sie konnte höchstens so alt sein wie ich. »Hungrig?« fragte ich nach kurzem Zögern.
Sie nickte. Sie schien ein wenig verlegen zu sein, nicht mehr so selbstsicher wie hinter der Theke.
Ich nahm sie am Arm und steuerte mit ihr auf die Ecke zu, wobei ich sie verstohlen musterte. Ihr Haar war tiefschwarz und dort, wo das Licht der Schaufenster hintraf, schienen blaue Töne darin zu spielen. Sie hatte große dunkle Augen und sah, während sie neben mir ging, geradeaus vor sich hin. Sie verwendete zwar Lippenstift, aber in einem bedeutend helleren Ton als am Tag. »Sie sehen jetzt viel jünger aus«, rief ich überrascht. Sie wandte mir ihr Gesicht zu. »Viele Mädchen schminken sich während der Geschäftszeit so stark, um älter auszusehen, sonst würden sie ihre Stellung nicht behalten.« Schüchtern, aber mit einem warmen Blick setzte sie hinzu: »Sie sehen aber älter aus als im Laden.
Ich erwiderte ihr Lächeln und fühlte mich jetzt sehr wohl. Wir standen vor dem Restaurant, auf dessen verblaßtem gelbblauem Schild zu lesen war:
CHOW MEIN 30 Cent CHOP SUEY
»Gehn wir was essen«, sagte ich, öffnete die Türe und ließ sie vor mir eintreten.
Ein müde aussehender, verwitterter alter Chinese führte uns zu einem Tisch, ließ zwei Menukarten vor uns auf den Tisch fallen und schlurfte langsam zur Türe zurück. Das Restaurant war beinahe leer, es waren nur noch zwei andre Tische besetzt. Ich sah mir das Menü flüchtig an, denn ich wußte bereits, was ich essen wollte. Dann blickte ich sie über den Tisch hinweg an. Unsre Blicke trafen sich. »Für mich Chow Mein«, sagte sie lächelnd.
»Mit geröstetem Reis. Den werden wir teilen«, fügte ich rasch hinzu, um in ihr keine falschen Vorstellungen zu erwecken. Ich war ja schließlich kein Krösus.
Ein junger chinesischer Kellner, der ebenso müde aussah wie der alte Mann, welcher uns an den Tisch geführt hatte, stellte eine Teekanne auf den Tisch und wartete verschlafen auf unsre Wünsche. Ich bestellte rasch, und er entfernte sich wieder. Hierauf wendete ich mich wieder dem Mädchen zu. Als sie bemerkte, daß ich sie ansah, senkte sie den Blick, und eine schwache Röte stieg ihr in die Wangen. Plötzlich entstand eine seltsam gespannte Atmosphäre zwischen uns. »Was ist denn los?« fragte ich.
Sie hob den Blick. »Ich sollte eigentlich nicht hier sein«, erwiderte sie nervös. »Ich weiß nicht einmal, wer Sie sind und mein Vater.«
»Ihr Alter hätte es wohl nicht gern, was?« unterbrach ich sie mit einem frechen Lachen. Ich war jetzt schon viel selbstbewußter. »Wie alt sind sie eigentlich?«
Sie sah mich offen an. »Sieb. nein. sechzehn«, antwortete sie zögernd.
»Arbeiten Sie schon lange?« fragte ich.
»Beinahe ein Jahr«, sagte sie. »Man hält mich dort für älter.«
»Ist Ihr Alter sehr streng zu Ihnen?« fragte ich, und in meiner Stimme schwang ein mitleidiger Ton, den ich nicht zu unterdrücken vermochte, der aber die Fremdheit zwischen uns zu lockern schien. »Er ist schon ganz ordentlich zu mir. Aber Sie wissen ja, wie
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