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Besser

Besser

Titel: Besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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auf der Wiese und hielt sie fest und redete weiter auf sie ein, während Jenny die Tube aufschraubte und etwas durchsichtiges Gel auf den Wespenstich tupfte.
    Elena jammerte immer noch, aber der Schmerz schien langsam nachzulassen.
    Ich drückte sie an mich, dann zog ich sie vorsichtig hoch und schleppte sie in den Schatten unter dem Baum, an dem ich mit Jenny gesessen hatte. Jenny schenkte ihr Wasser ein. Ich streichelte ihr verheultes Gesicht, wird ja wieder gut. Dann sah ich mich um.
    «Wo ist Juri?»
    Er war nicht da. Ich blickte mich um, während ich Elena langsam von mir herunterschob. Er war nirgends. Ich sah Jenny an. Jenny sah mich an und ließ die Zwiebel und die Tube fallen. Ich schubste Elena ins Gras und sprang auf. Ich schrie, Juri! schrie ich, Juri!, und wir beide rannten los Richtung Pool, und ich schrie immer weiter, Jurijurijuri! Und dann waren wir am Pool und ich sah ihn, wie er mit dem Gesicht nach unten auf dem Wasser schwebte; wie die kleinen weißen Blumen auf dem Fluss, ganz still.

    In der Nacht davor war ich spät in der Nacht schlafen gegangen, betrunken und ein wenig bekifft: Jenny hatte Papers und etwas Gras aus einer Lade gekramt, wohl von Hippies im Ort, und ich hatte uns einen absichtlich unförmigen Joint daraus gedreht, ich wollte nicht den Eindruck vermitteln, dass ich sowas öfter mache. Ich hatte mich ins Schlafzimmer geschlichen, die Tür leise hinter mir zugezogen, hatte mich zum Bett getastet und im Dunkeln ausgezogen, um die Kinder nicht zu wecken. Juri schlief in Lunas altem Reisegitterbett, für das er eigentlich schon zu groß ist, aber er mochte gleich die weichen, durchsichtigen Netzgitter um sich herum, fühlte sich wohl in dieser durchlässigen Enge. Er nannte es das Spinnenbett. Elena schnarchte leise in dem mächtigen alten Doppelbett mit dem Moskitonetz darüber, sie war im Schlaf auf meine Seite gerollt und ich hatte sie sanft zurückgeschoben. Es war heiß und stickig gewesen im Zimmer, und ich hatte, obwohl ich nur Unterwäsche trug, unter meinem Leinenlaken geschwitzt. Deshalb war ich noch einmal zum Fenster gegangen, um etwas Luft hereinzulassen. Ich hatte es aufgemacht, den Riegel der Fensterläden geöffnet und sie vorsichtig, unter leisem Knarren, aufgestoßen. Ich hatte am offenen Fenster gestanden, der Regen hatte aufgehört, aber Wolken bedeckten alle Sterne. Die kühle Nachtluft war an mir vorbei ins Zimmer geströmt, über meine warme, feuchte Haut hinweg, hatte sie getrocknet und abgekühlt, bis ein leichtes, angenehmes Frösteln meine Arme und Schultern aufraute. Es war sehr still gewesen. Ich hatte in das undurchdringliche, mondlose Schwarz gestarrt, an die Stelle, an der ich das alte Haus wusste, aber es zeichnete sich im Dunkel kaum ab. Ich hatte versucht, seine Umrisse auszumachen, das Dach vom Himmelsschwarz zu unterscheiden, und plötzlich wurde eins der Fenster hell und eine alte Frau schaute mir direkt in die Augen, mit einem kalten, wissenden Blick.
    Der Schreck stieß mich brutal ins Innere des Zimmers zurück, ließ mich über ein Spielzeug stolpern, und bevor ich mit der Schulter hart an der Bettkante aufschlug, sah ich das Licht wieder ausgehen. Als ich mich wieder hochgerappelt hatte, zurück zum Fenster trat und hastig die Läden schloss, war alles wieder schwarz, kein Fenster, kein Licht, keine Frau, als sei es nie passiert. Vielleicht war es nie passiert. Aber es war passiert, und es war kein Mann gewesen. Ich hatte eine Frau gesehen, ganz deutlich, eine alte Frau mit akkurat zurückgekämmtem, dunklem Haar, und sie hatte am Fenster gestanden und mich direkt angeschaut, als sähe sie mich, dort im Dunkeln: Sie hatte mich gesehen, hatte mich erkannt und das Verderben, das in mir lauerte. Danach hatte ich lange wachgelegen und versucht, die Augen zu vergessen und die Frau, und hatte dem Atem meiner Kinder gelauscht. Als mich der Schlaf endlich in seinem Griff hatte, träumte ich von einer alten Frau in einem eleganten grauen Kostüm, die in ihrem Blut lag. Aber diesmal war sie nicht tot, diesmal machte sie die Augen wieder auf, erhob sich und kam auf mich zu, riss mir ihre große, rote Ledertasche aus der Hand, packte sie mit beiden Händen, drückte die Tasche an die Brust und stieß dann damit nach mir, sah mich mit bösen, kalten Augen an und schubste mich, und ihr dunkles Haar löste sich aus dem straffen Knoten und sie stieß mich noch einmal heftig und hart, nein, es war ein großer Hund, und er knurrte und schnappte nach mir und

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