Besser
ich wollte zurückweichen, aber es war, als würde ich durch Gelee waten, ich kam nicht weg, und dann trat ich ins Leere und fiel und fiel und fiel schließlich aus dem Schlaf heraus. Ich spürte sofort die Erleichterung, die Erlösung, dass ich noch einmal davongekommen war, aber ich brauchte lange, um mich zu erinnern, wo ich war und warum.
Ich rannte direkt ins Wasser. Sprang hinein. Packte Juri und stieß ihn in die Höhe, aus dem Wasser heraus. Er bewegte sich nicht. Er war viel schwerer als sonst. Ich stemmte ihn über das Wasser, während ich so schnell wie möglich auf den Rand zusteuerte, das Wasser bremste mich, ich versuchte zu rennen im Wasser, es ging nicht, es ging alles viel zu langsam. Jenny war geistesgegenwärtig genug gewesen, am Rand des Pools zu bleiben, sie kniete auf dem Stein und streckte mir die Arme entgegen, und als ich nahe genug war, zog sie Juri hoch und legte ihn ins Gras und schüttelte ihn. Packte ihn dann an beiden Beinen und riss ihn, während ich aus dem Pool kletterte, in die Höhe und ließ ihn baumeln wie einen Neugeborenen, und als ich zu ihm gekrochen war und seinen Oberkörper umfasste, fing er, wie ein Neugeborener, wieder zu atmen an, und zu husten und spucken. Wasser lief aus seinem Mund und seiner Nase. Wir ließen ihn vorsichtig ins Gras rutschen, und Juri hustete und würgte und weinte, und ich streichelte seinen Kopf und drehte ihn auf die Seite und noch mehr Wasser rann aus seinem Mund. Dann nahm ich ihn hoch und merkte, dass Jenny weinte und dass ich auch weinte. Und neben uns stand Elena und weinte auch. Und Juri schrie jetzt.
«Es geht ihm gut», sagte Jenny, «es ist alles gut.»
Als ich Juri hochhob und an meine Brust drückte, als er seine Arme um meinen Hals schlang und seinen nassen, heulenden Kopf an meine Schulter schmiegte, bewegte sich drüben in dem alten Haus ein Fenster, die untergehende Sonne explodierte im Glas der Scheibe und direkt in meine Augen hinein.
Ich hatte dich fast, flüsterte das Land, beinahe hätte ich dich erwischt.
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Sechzehn
Ich mag Dinge aus schwerem Porzellan, Teller, große Schüsseln. Ich mag Dinge aus Emaille; Teigschüsseln, Schaumlöffel, Pfannenwender, Durchschläge. Schalen aus Melamin, unzerstörbar und unangreifbar für Kinderattacken und Zeit und Gebrauch. Ich mag die Art, wie er mich anschaut, wenn wir uns länger nicht gesehen haben. Ich mag dickes altes Glas, auch wenn es trüb wird und zerkratzt ist. Ich mag hauchdünnes Glas, das das Gewicht von schwerem rotem Wein trägt, aber bei der feinsten falschen Berührung zerspringt. Ich mag seine Hände, wenn sie noch kalt sind und unter meinem Kleid mein warmes Fleisch finden. Ich mag Tischtücher aus glänzendem, weißem Damast. Große steife Servietten. Riesige, weiche, warme Badetücher. Ich mag schweres Besteck. Ich mag, dass er lang und mager ist, und drahtig. Den Geruch von Stärke. Gebügelte Bettwäsche. Weiß lackiertes Holz. Seine spitzen braunen Schuhe, den Glanz immer wieder geputzten und polierten Leders. Den Glanz von übermaltem Lack. Die zittrige Vorfreude auf seinen Kuss. Ich mag das Krächzen der Raben, die über mich hinwegfliegen, wenn ich auf der Terrasse rauche. Das Streicheln des Rauchs, der in meine Lunge zieht, das leichte Gefühl von Benommenheit, das er bewirkt, in der Früh, in meinem noch halb schlafenden Körper. Ich mag das Geräusch, das ein Korken macht, wenn er aus einer Sektflasche springt. Ich mag Bücher mit Stoffeinbänden. Grüne Bücher, ich weiß nicht warum. Die Farbe Grün, überhaupt. Wie er seufzt, leise und glücklich, wenn er in mich eindringt. Ich mag Schreibtischlampen aus den siebziger Jahren mit Blechschirmen in orange und moosgrün. Wie unsere Körper miteinander sprechen, in einer eigenen Sprache, die wir manchmal beide nicht verstehen. Die Skyline der Ziegelkamine. Die Folien aus weichem, schwerem Blei, die die Hälse der Weinflaschen einhüllen, und die man zu kleinen, schweren Kugeln knüllen kann. Ich mag weiße Kreppkleidchen an kleinen Mädchen. Wie er sagt, dass ich es vielleicht bin, und wie er dabei schaut, wie seine Augen sprühen. Ich mag große Tulpensträuße in rot, orange und pink. Ich mag schwarze Hollandräder. Weiche Bleistifte, die über weißes Papier schmieren. Sonnengelbe Fliesen. Wie es sich anfühlt, wenn meine Hände in den eingeweichten Papierfetzen gatschen. Lichtschalter aus Keramik. Ich mag es, wie still er ist, wenn unsere Körper schließlich schweigen, wenn er
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