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Besser

Besser

Titel: Besser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Knecht
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neben mir liegt, sein feuchter Arm unter meinem Nacken. Ich mag Lammfell, wenn es ein paar Mal gewaschen wurde. Den plötzlich sich einschleichenden Gedanken, er könnte vielleicht der Eine sein, und das angenehme, sichere Gefühl, wenn dieser Gedanke wieder verschwindet. Ich mag gehäkelte Decken, aus kleinen Quadraten zusammengepuzzelt, wie sie auf dem Sofa meiner Mutter lagen. Dielenböden. Kugellampen aus weißem Glas. Ich mag das Vibrieren meines iPhones um drei Uhr früh und die radikale Zärtlichkeit seiner Nachrichten, wenn er betrunken ist. Ich mag große Lampenschirme aus gemustertem Stoff. Seine alte, speckige Lammfelljacke. Hornbrillen. Grauen Nagellack. Absätze aus geschichtetem braunem Leder. Den Klang weit entfernter Polizeisirenen. Das Gefühl von absoluter Sicherheit, wenn die Tür hinter mir ins Schloss fällt. Ich mag den Geruch von Babyhaut, die Farbe von Milch, die Süße reifer, fast platzender Tomaten, das Knacken der Samen getrockneter Feigen zwischen den Zähnen. Ich mag, wie sein langes Haar in mein Gesicht fällt, wenn er auf mir liegt. Ich mag den Geruch frisch geschnittenen Holzes, und wie sich meine Zähne nach dem Putzen anfühlen, wie poliertes Porzellan. Ich mag Linden und Kastanien. Ich mag den Klang eintreffender E-Mails. Seinen Geruch auf meinen Fingern. Ich mag Socken aus Wolle, Decken aus Baumwolle, die Wärme der Wintersonne auf meiner Haut und wie sich der Sound eines Zimmers verändert, wenn er einfach nur atmet darin.

[zur Inhaltsübersicht]
    Siebzehn
    «Das ziept!»
    «Dann beug endlich deinen Kopf vor, wie ich es dir gesagt habe, dann ziept es nicht so.»
    «Aber dann seh ich nichts.»
    «Ist eh nur Unsinn, was du da anschaust. Kopf nach vorn!»
    Ich ziehe den feingezinkten Nissenkamm durch ihre feuchten, mit Conditioner getränkten Haare, vom Ansatz bis in die Spitzen, sie kräuseln und verwursteln sich zu kleinen Knoten, obwohl ich sie vorher mit einer groben Bürste vorgekämmt habe.
    «Aua.»
    «Ist gleich vorbei. Drei, vier Strähnen noch, dann hast du es überstanden.»
    Nach jeder Strähne wische ich den Kamm an einem Papiertuch ab. Es sind rötliche Punkte in dem weißen Conditioner, kleine und ein paar größere. Die Papiertücher knülle ich zusammen und schmeiße sie auf den Boden.
    «Sind es viele?»
    «Sechs oder sieben bis jetzt. Und ein paar Nissen.»
    «Sind dann alle weg?»
    «Das will ich hoffen.»
    Elenas Haare sind blond, nicht dick, aber lang. Alle Mädchen im Kindergarten haben lange Haare, außer einem, und das wäre offenbar lieber ein Bub. Als ich ein Kind war, schnitt uns meine Mutter die Haare kurz, gegen unseren Willen. War ihr zu anstrengend, so viele lange Haare zu waschen. Nicht, dass sie sich sonderlich um unsere Sauberkeit gesorgt hätte, unsere Körperhygiene und wie wir rochen war ihr ordentlich egal. Auch ein paar andere Mädchen in meiner Klasse hatten kurze Haare gehabt, aber die stanken nicht. Ich trenne eine weitere Strähne von Elenas klebrigem Kopf, ziehe sie straff und kämme sie langsam vom Haaransatz nach unten durch. Elena quiekt. Vorher hat sie über das stinkende Shampoo gejammert, das ich ihr einmassiert und dann mit einer Duschhaube abgedeckt habe. Es sind Herzchen auf der Haube, gelb, rot und orange, und sie bröseln bei jeder Benutzung ein bisschen mehr ab.
    «Darf ich danach weiter fernsehen?»
    «Erst Haare ausspülen. Und duschen auch gleich. Dann darfst du noch eine halbe Stunde schauen. Aber nicht diesen Blödsinn.»
    «Warum duschen? Duschen hast du nicht gesagt!»
    «Wart einen Moment.» Ich stecke meine Nase in Elenas Achsel, schnuppere und schnaufe laut aus. «Heiliger, das müffelt. Deswegen.»
    «Ich müffle nicht!»
    «Nein, du müffelst nicht. Aber duschen kannst …»
    «Au! Du tust mir weh!»
    «Bitte um Entschuldigung. Da war was verzottelt. Gleich vorbei.»

    Später, als Elena mit einem Handtuchturban vor dem Fernseher hockt und irgendeinen viel zu hektischen Cartoon-Blödsinn schaut, sitze ich in der Badewanne, ein Glas Wein auf dem Hocker, ein Magazin daneben und in einem Handtuch eingewickelt das iPhone. Ich starre auf einen kleinen, braunen Punkt, der sich am Badewannenrand in einem Wassertropfen verfangen hat. Hat der Punkt nicht winzige Beine? Hat der Punkt gerade gestrampelt? Ich nehme einen Schluck von meinem Wein, beuge mich über den Fleck und visiere ihn, aber ohne Brille kann ich es nicht genau erkennen. Bewegt sich das? Das bewegt sich nicht, oder? Nein, sicher nicht, bitte nicht, ich habe

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